Eurokrise: Griechenland:Und nun zurück zur Drachme

Die Schuldenlast ist einfach zu groß: Europäische Sachverständige warnen vor der Pleite Griechenlands und sehen in der alten Währung Drachme eine Rettungsmöglichkeit.

M. Balser, S. Boehringer, M. Hesse und M. Zydra

In Europas Hauptstädten wächst die Angst vor einer Eskalation der Schuldenkrise. Der europäische Sachverständigenrat EEAG warnt eindringlich vor einer drohenden Pleite Griechenlands. Auch im Fall Portugal nehmen die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Landes zu. Finanzexperten befürchten ein unkontrolliertes Zerbrechen der Euro-Zone und fordern den Ausschluss einzelner Länder aus der Währungsunion.

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Das hoch verschuldete Griechenland könnte spätestens 2013 neue Rettungshilfen brauchen, warnt die Gruppe von Ökonomen um den Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, in ihrem Bericht, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Der eingeschlagene Sparkurs in Griechenland reiche nicht aus. Die Krise des Landes werde noch immer unterschätzt, so die Forscher. Griechenland werde nach Auslaufen des Rettungspakts wohl nicht in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen.

Die griechische Regierung hatte bislang stets betont, sie werde "jeden Cent zurückzahlen" und spätestens 2014 damit beginnen, den Schuldenberg abzutragen. Am Dienstag schaltet sich die Bundesregierung erneut in die Krise ein.

Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou spricht in Berlin über die wirtschaftliche Entwicklung seines Landes mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Es ist das wichtigste Treffen des Jahres", titelte am Montag die regierungsnahe Athener Zeitung Ta Nea.

Schuldenberg Griechenlands wächst trotz Sparprogramm

Trotz des harten Sparprogramms wächst der Schuldenberg Griechenlands und steuert auf den Rekordwert von 160 Prozent der Wirtschaftsleistung zu. Die Regierung hat in den vergangenen 14 Monaten mit Sparmaßnahmen versucht, das Land vor dem Bankrott zu retten. Deswegen gab es immer wieder Proteste: An diesem Mittwoch wollen Gewerkschaften erneut mit Streiks das Land lahmlegen.

Doch laut Sachverständigenrat reichen die Einschnitte noch immer nicht aus. Das Gremium empfiehlt als Option gar den Ausschluss des Landes aus der Euro-Zone. Wolle die EU ihr Rettungspaket nicht mit jahrelangen Transfers ausdehnen, blieben nur zwei Lösungen: Die Rückkehr des Landes zur alten Währung Drachme oder eine beispiellose Radikalkur, die auch niedrigere Löhne auf breiter Front einschließe.

Sorge um Portugal

Führende Banken geben die Hoffnung auf eine volle Rückzahlung der Schulden bereits auf. Nach Einschätzung von Thomas Mirow, Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, ist eine Umschuldung Griechenlands unumgänglich.

"Es ist zu bezweifeln, dass Griechenland eine Schuldenquote von mehr als 150 Prozent dauerhaft tragen kann", sagte Mirow der SZ. "Die Märkte preisen eine Umschuldung schon seit längerem ein", sagte er weiter. "Damit das Land seine Probleme überwinden kann, sollte die Quote auf 100 Prozent gesenkt werden." Demnach müsste der Schuldenerlass womöglich sogar höher ausfallen als 30 Prozent.

Derweil wächst die Sorge, dass nach Griechenland und Irland auch Portugal Hilfen der europäischen Partner in Anspruch nehmen muss. "Ich glaube, dass Portugal Hilfe braucht, um seine Schuldenprobleme zu lösen", sagt Mirow. Es fehle an wettbewerbsfähigen Unternehmen, um aus der Krise herauszufinden. "Das Land kann kein Wirtschaftswachstum erzeugen", sagt Gernot Griebling, Analyst der Landesbank Baden Württemberg. In einem solchen Umfeld seien Zinsen von sechs oder sieben Prozent, wie sie Portugal derzeit bezahlen muss, langfristig nicht finanzierbar.

Portugal wehrt sich vehement gegen Hilfen

Zuletzt waren in der Euro-Zone Informationen durchgesickert, wonach die Länder der Europäischen Union bis April mit einer Flucht Portugals unter den Euro-Rettungsschirm rechneten. Analyst Griebling geht davon aus, dass bereits beim EU-Gipfel im März Entscheidungen zu Portugals Rettung fallen. Die Regierung in Lissabon wehrt sich bislang vehement gegen Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds und will die Schuldenkrise aus eigener Kraft bewältigen. In portugiesischen Presseberichten hieß es jüngst jedoch, Deutschland habe Portugal zu einer schnellen Annahme der Finanzhilfe noch vor dem Gipfel im März geraten.

Nach dreiwöchiger Pause hat die Europäische Zentralbank (EZB) den umstrittenen Kauf von Staatsanleihen wieder aufgenommen. Sie erwarb in der Woche bis 18. Februar Papiere im Wert von 711Millionen Euro. Damit erhöhte sich das Gesamtvolumen des im Mai 2010 begonnenen Kaufprogramms auf 77 Milliarden Euro, teilte die EZB mit. Nach Angaben von Händlern hat die Zentralbank vor allem portugiesische Staatsanleihen erworben. Der portugiesische Sozialdemokrat José Pacheco Pereira sagte, Portugal habe nur dank der EZB den Bankrott vermeiden können.

Unterdessen wurde bekannt, dass es neben den bestehenden Rettungstöpfen für Griechenland und andere klamme EU-Länder noch eine weitere sehr große Hilfe für den Zusammenhalt des Euro gibt. Wie aus dem Monatsbericht der Europäischen Zentralbank hervorgeht, stehen nationale Notenbanken im Euro-Raum mit insgesamt 338 Milliarden Euro bei der Bundesbank in der Kreide.

Diese Verbindlichkeiten haben einen nicht tolerablen Rekordstand erreicht, moniert der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. Der Anstieg "macht Fachleute fassungslos", sagte Sinn der Wirtschaftswoche. "Wenn Länder, deren Banken die Kredite gegeben wurden, zahlungsunfähig werden, haftet die Bundesrepublik", so der Wirtschaftsexperte.

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