Euro-Rettungsschirm:85 Milliarden Euro für die klammen Iren

Europas Finanzminister haben verabredet, dass Dublin Kredite in Höhe von 85 Milliarden Euro erhält. Die Hilfen sind an strenge Auflagen geknüpft.

Cerstin Gammelin

Anders als ursprünglich geplant, kamen die europäischen Finanzminister am Sonntag persönlich nach Brüssel, um die Nothilfe für Irland zu beschließen. Zunächst war dafür nur eine Telefonkonferenz vorgesehen. Wenn es aber um so viel Geld gehe, lohne es sich auch, an einem Sonntag anzureisen, sagte die französische Finanzministerin Christine Lagarde.

Ireland's Prime Minister Brian Cowen pauses during a news conference at Government Buildings in Dublin

Der irische Premierminister Brian Cowen am Samstag in Dublin: Irland bekommt 85 Milliarden Euro Kredite - doch die Auflagen sind streng.

(Foto: REUTERS)

Am späten Sonntagabend gab der Sprecher der Euroländer, JeanClaude Juncker, den erwarteten Beschluss offiziell bekannt: Die Regierung in Dublin erhält Kredite in Höhe von 85 Milliarden Euro. Davon sollen 50 Milliarden Euro für die Sanierung des Staatshaushaltes verwendet werden, der Rest für die Stabilisierung der angeschlagenen Banken.

Die Hilfen sind an strenge Auflagen geknüpft. Das Kreditprogramm soll über drei Jahre laufen, die Zinsen durchschnittlich 5,8 Prozent betragen. Neben den Euroländern werden auch die Nicht-Euro-Staaten Großbritannien, Schweden und Dänemark zusätzliche bilaterale Kredite gewähren.

Der Plan war bereits zuvor weitgehend beschlossen worden. In Brüssel ging es "um ein paar kleine Details, an denen wir noch etwas arbeiten müssen, vor allem über die Höhe der Zinsen", wie die französische Ressortchefin erklärte. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, er hoffe, "dass die Finanzmärkte ab morgen wieder sicher sind, dass der Euro eine stabile, zuverlässige Währung ist", sagte Schäuble.

Währungskommissar Olli Rehn erklärte, Irland selbst trage 17,5 Milliarden Euro zu dem Paket bei. Dublin werde dazu auf Irlands nationalen Rentenreservefonds zurückgreifen. Die Europäische Kommission wird 22,5 Milliarden Euro beisteuern, weitere 22,5 Milliarden Euro entfallen auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Das restliche Drittel soll der Rettungsfonds der Euroländer (EFSF) übernehmen, gemeinsam mit bilateralen Krediten aus Großbritannien, Dänemark und Schweden, sagte Rehn. Die Euroländer, die Europäische Kommission und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben zusammen einen Rettungsfonds von insgesamt 750 Milliarden Euro für klamme Euroländer aufgelegt. Dieser wird für Irland nun erstmals angezapft.

Strikter Sparkurs

Voraussetzung für die Kredithilfen ist ein strikter Sparkurs der irischen Regierung. Die jährliche Neuverschuldung liegt derzeit bei 32 Prozent des Bruttosozialprodukts. Die EU-Regeln erlauben lediglich drei Prozent. Die irische Regierung plant nun, bis 2014 im Staatshaushalt Einsparungen von zehn Milliarden Euro sowie Steuererhöhungen von fünf Milliarden Euro. Allerdings verliert die Regierung an Rückhalt in der Bevölkerung. Am Wochenende demonstrierten Zehntausende gegen das Sparpaket. Der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes ICTU, David Begg, sagte, niemand könne glauben, dass sich das Land das milliardenschwere Rettungspaket leisten könne. Nicht die Iren, sondern "die Leute an den Spitzen von Banken in Frankreich und Deutschland" würden gerettet, erklärte Jack O'Connor von der Industriegewerkschaft SIPTU.

Die EU-Finanzminister billigten am Sonntag zudem erste Vorschläge für ein dauerhaftes Rettungssystem für angeschlagene Eurostaaten. Es soll ab Mitte 2013 den jetzigen Rettungsfonds ablösen. "Das sind sehr wichtige Entscheidungen, um der Unruhe an den Finanzmärkten zu begegnen", sagte Währungskommissar Olli Rehn. Deutschen Regierungskreisen zufolge sieht das dauerhafte Rettungssystem vor, künftig von Fall zu Fall zu entscheiden, ob private Gläubiger hoch verschuldeter Staaten an den Folgekosten von Staatskrisen beteiligt werden. Es werde eine freiwillige und eine verpflichtende Einbeziehung von Gläubigern geben, hieß es in Brüssel.

Experten der Europäischen Zentralbank, des IWF und der Europäischen Kommission sollen künftig eine sogenannte Schuldenfähigkeitsanalyse vornehmen. Stellen sie dabei fest, dass ein Staat insolvent ist, wird ein umfassender Restrukturierungsplan unter Einbeziehung privater Gläubiger aufgelegt. Wie viel diese letztlich zahlen müssen, soll eine Gläubigerversammlung entscheiden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten ein entsprechendes Eckpunktepapier erarbeiten lassen und am Sonntagmorgen mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman Van Rompuy, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Eurogruppenchef Juncker telefonisch abgestimmt. Die Forderung, private Gläubiger generell an den Folgekosten von Krisen zu beteiligen, hatte die Situation Irlands nach Überzeugung vieler Marktbeobachter verschärft.

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