EU: Rettungsmechanismus:Brüssel stoppt Merkel

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Wochenlang stritt Angela Merkel erbittert für eine Beteiligung privater Gläubiger am künftigen Euro-Rettungsschirm. Doch eine zentrale Forderung bringt sie nicht durch die Verhandlungen.

Weil Irland nicht das letzte wackelige Euro-Land gewesen sein dürfte, beschäftigen sich die Finanzminister der EU-Staaten schon mit den nächsten möglichen Pleitestaaten. Bei ihrem Treffen in Brüssel billigten sie erste Vorschläge für ein dauerhaftes Rettungssystem für angeschlagene Eurostaaten, das ab Mitte 2013 den jetzigen Rettungsfonds ablösen soll.

Angela Merkel muss wohl akzeptieren, dass private Gläubiger nicht in jedem Fall für angeschlagene Euro-Staaten einspringen müssen. (Foto: dpa)

"Das sind sehr wichtige Entscheidungen, um der Unruhe an den Finanzmärkten zu begegnen", sagte Währungskommissar Olli Rehn. Private Gläubiger werden bei der Schuldenkrise eines Euro-Landes ab 2013 erst bei drohender Zahlungsunfähigkeit des Staates zwingend beteiligt. In diesem Falle müsse das Land einen Plan zur Schuldenrestrukturierung mit den privaten Gläubigern aushandeln, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Dies sei jedoch der Fall, mit dem normalerweise nicht zu rechnen sei. Sollte ein Land dagegen nur vorübergehende Liquiditätsprobleme haben, wären die Gläubiger lediglich dazu angehalten, die Staatsanleihen des Landes weiter zu halten. Es werde eine freiwillige und eine verpflichtende Einbeziehung von Gläubigern geben, hieß es in Brüssel. Der endgültige Beschluss über die Regelung soll beim kommenden EU-Gipfel Mitte Dezember fallen.

Doch der angedeutete Kompromiss wäre gleichbedeutend mit einer Niederlage für die Berliner Regierung. Denn Kanzlerin Angela Merkel hatte bislang immer betont, die privaten Gläubiger müssten auf jeden Fall einbezogen werden. Schäuble bestritt, dass Deutschland bei der Gläubigerbeteiligung nachgegeben habe. "Wir haben für das, was wir für richtig gehalten haben, eine breite europäische Übereinstimmung bekommen", sagte er. Eine Maximalforderung habe die Bundeskanzlerin nie gestellt. In einem Arbeitspapier des Bundesfinanzministeriums war jedoch eine Gläubigerbeteiligung im Krisenfall generell automatisch vorgesehen.

"Wir haben deutlich mehr an privater Gläubigerbeteiligung als ursprünglich erwartet und bekommen dafür auch einen rechtlich sicheren Rahmen", hieß es daneben in Regierungskreisen. Ohne die harte Haltung Deutschlands in den Verhandlungen wäre dies angesichts der sehr unterschiedlichen Interessenlage in der EU nicht erreicht worden.

Experten der Europäischen Zentralbank, des IWF und der Europäischen Kommission sollen künftig eine sogenannte Schuldenfähigkeitsanalyse vornehmen. Stellen sie dabei fest, dass ein Staat insolvent ist, wird ein umfassender Restrukturierungsplan unter Einbeziehung privater Gläubiger aufgelegt. Wie viel diese letztlich zahlen müssen, soll eine Gläubigerversammlung entscheiden.

Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten ein entsprechendes Eckpunktepapier erarbeiten lassen und am Sonntagmorgen mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsident Herman Van Rompuy, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Eurogruppenchef Juncker telefonisch abgestimmt. Die Forderung, private Gläubiger generell an den Folgekosten von Krisen zu beteiligen, hatte die Situation Irlands nach Überzeugung vieler Marktbeobachter verschärft.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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