Erbpacht:Haus ohne Grund

Hohe Bodenpreise machen das Erbbaurecht attraktiver: Käufer erwerben nur die Immobilie, für die Nutzung des Grundstücks müssen sie - manchmal viel - Pacht zahlen.

Von Andrea Nasemann

Viele träumen von der eigenen Immobilie, doch häufig bleibt es bei diesem Wunschtraum, weil es an Eigenkapital für den teuren Grundstückskauf fehlt. Eine Alternative kann das Erbbaurecht sein: Man baut oder kauft ein Haus auf fremdem Boden. Das Grundstück wird gepachtet. Mit dem Erbbauzins zahlt man also nicht wie bei einem Kredit das Grundstück ab, sondern zahlt für die langjährige Nutzung.

Ob sich ein Erwerb im Erbbaurecht finanziell lohnt, ist fraglich. Denn die Zinsen für Baukredite sind derzeit extrem niedrig. Der Erbbauzins ist also oft nicht viel niedriger als die Raten, die ein Käufer für den Kauf eines Grundstücks zahlen müsste. Hinzu kommt, dass die Erbpacht mit der Zeit steigen kann. Der Kredit dagegen ist irgendwann abbezahlt.

In vielen Städten und Regionen Deutschlands schnellen die Bodenpreise in die Höhe. Vertragsklauseln sehen häufig vor, dass mit einem höheren Grundstückspreis auch die Pacht steigt. "Streit entzündet sich häufig an der Frage, ob der Zinsanstieg angemessen ist", berichtet Petra Uertz, Bundesgeschäftsführerin des Verbands Wohneigentum. Bei schon lange bestehenden Verträgen können die steigenden Kosten dazu führen, dass der Erbbaurechtsnehmer den Zins nicht mehr bezahlen kann - vor allem dann, wenn er inzwischen in Rente oder verwitwet ist. Das Grundstück fällt dann an den Erbbaurechtsgeber zurück, die Immobilie wird meist unter Wert abgegolten. "Dies kann auch daran liegen, dass die Erbbaurechtsnehmer in den letzten Jahren vor dem Rückfall wenig in die Immobilie investiert haben, weil sie unsicher sind, was mit der Immobilie geschieht", sagt der Münchener Rechtsanwalt Thomas Fritz.

Während der Laufzeit kann der Erbbaurechtsvertrag von keiner Seite gekündigt werden

Meist sind es Kommunen, Kirchen, Stiftungen oder Industrieunternehmen, die Boden verpachten. Dafür bekommen sie einen Erbbauzins von circa vier bis fünf Prozent des Grundstückswerts. Die Pachtverträge laufen in der Regel zwischen 75 und 99 Jahre, es gibt auch neuere Verträge, die nur über 50 Jahre laufen. Das Erbbaurecht erlischt mit dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Zeit. Dazu bedarf es keiner weiteren Erklärung. Der Erbbaurechtsvertrag sieht genau vor, wie das Grundstück bebaut werden darf.

Egenhofen: Einfamilienhaus in Ortsrandlage / IMMOBILIEN

Haus ohne Grund: Wer das Grundstück pachtet statt kauft, braucht weniger Eigenkapital.

(Foto: Johannes Simon)

Der Vertrag kann während der Laufzeit von keiner Seite gekündigt werden. Ausnahme ist der sogenannte Heimfall: Der Grundstückseigentümer kann die Rückübertragung des Erbbaurechts vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit verlangen, wenn der Nutzer das Grundstück innerhalb einer bestimmten Frist nicht bebaut, über längere Zeit mit seinen Zinszahlungen im Rückstand ist oder gegen seine Verpflichtungen aus dem Erbbauvertrag verstößt. "Außerdem kann der Vertrag einvernehmlich vorzeitig aufgehoben werden", erläutert Uertz. Der Nutzer muss dann für das Haus entschädigt werden: Gesetzlich festgelegt sind zwei Drittel des Verkehrswertes der Immobilie, die der Grundstückseigentümer dem Nutzer zahlen muss. "Um späteren Streit zu vermeiden, sollten die Vertragspartner bereits bei Vertragsabschluss festlegen, nach welchen Kriterien der Wert des Hauses später berechnet werden soll", erklärt Rechtsanwalt Fritz. Man solle auch darauf achten, dass der Vertrag eine Entschädigung, die bei Vertragsende fällig wird, nicht von vorneherein ausschließt. Der Anspruch, dessen Höhe und die Zahlungsmodalitäten sollten schon zum Vertragsschluss vereinbart werden.

Die Vertragsparteien können auch ein jeweiliges Vorkaufsrecht auf das Grundstück beziehungsweise die Immobilie in den Erbbaurechtsvertrag einbauen. Das Erbbaurecht muss in ein besonderes Grundbuch, das Erbbaugrundbuch eingetragen werden. Der Vertrag wird notariell beurkundet. Der Erbpachtnehmer kann das Erbbaurecht während der Vertragslaufzeit verkaufen. Allerdings muss der neue Erwerber das Bauwerk auch vertragsgemäß nutzen, zum Beispiel als Wohnhaus und nicht als Gewerbeimmobilie. Eine Nutzungsänderung ist nur mit Genehmigung des Grundstückseigentümers möglich. Der Grundstückseigentümer kann dem Weiterverkauf des Erbbaurechts widersprechen, wenn der potenzielle Käufer zum Beispiel nicht über ausreichend Bonität verfügt. Kommt es zum Weiterverkauf, tritt der Erwerber an die Stelle des ursprünglichen Nutzers, der Vertrag läuft mit gleicher Restlaufzeit zu gleichen Konditionen weiter.

Die Steuern

Als Erbbaurecht gilt das veräußerbare und vererbbare Recht, auf fremdem Grund und Boden ein Gebäude zu besitzen. Das Erbbaurecht entsteht mit der Eintragung ins Grundbuch. Auch beim Erbbaurecht wird Grunderwerbsteuer fällig. Diese orientiert sich am vereinbarten Erbbauzins und wird mit einem bestimmten Vervielfältiger multipliziert. Des Weiteren fällt Grundsteuer an. SZ

Endet das Erbbaurecht, geht die Immobilie an den Grundstückseigentümer über. Einen Anspruch auf Verlängerung des Erbbaurechts hat der Nutzer nur dann, wenn dies explizit im Vertrag vereinbart wurde. "Der Nutzer eines Grundstücks hat ein Vorrecht auf einen neuen Vertragsabschluss, wenn das Grundstück weiterhin als Erbbaurechtsgrundstück genutzt werden soll", erklärt Uertz. Allerdings habe er kein Recht darauf, dass der Vertrag zu den alten Bedingungen fortgeführt wird, sondern muss sich gegebenenfalls auf neue Konditionen einlassen. Will der Nutzer die Laufzeit des Vertrags verlängern, sollte er frühzeitig das Gespräch mit dem Grundstückseigentümer suchen. Die Verlängerung muss dann vor Ablauf der Vertragslaufzeit im Grundbuch eingetragen werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: