Entmietung von Altbauten:"Eine Anzeige und die Geschichten dahinter"

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Der Mieterbeirat der Stadt München markiert Immobilien-Anzeigen im Internet mit Enthüllungs-Berichten oder Gerichtsurteilen - das darf er nicht mehr.

Ekkehard Müller-Jentsch

Die Zeitungsanzeige schwärmte von stilvollen Altbauten in Bestlage, mal in der Nähe von Isar und City, mal absolut ruhig gelegen mit Panoramablick - und alles sei "top saniert". Was sich für Kaufinteressenten gewiss verlockend las, wirkte auf den Mieterbeirat der Stadt eher wie ein rotes Tuch. Zu viel wussten die Experten über brutale Entmietungen und leidvolle Altmieter-Schicksale aus diesen Objekten.

Um diesen Kontrast zu zeigen, stellte der Beirat die Makler-Annonce als Faksimile auf seine Internetseite und jeweils die passenden Zeitungsartikel oder Gerichtsurteile mit den Hintergrundgeschichten dazu. Das wollte sich der Makler nicht gefallen lassen - gestern wurde über seine Klage verhandelt.

Das Maklerunternehmen begehrte eine einstweilige Verfügung gegen diesen Internetauftritt des Mieterbeirats der Landeshauptstadt. Die Geschäftsführerin machte geltend, dass diese Praktiken mit ihrer Firma "im Wortsinne" nichts zu tun hätten. Das Maklerbüro sei unabhängig von der genannten Immobiliensanierungsfirma. Und umgekehrt habe deren Inhaber auch keine Beteiligung an ihrem Maklerbüro. Zudem würden durch die Internetkampagne ihr Namensrecht sowie ihre urheberrechtlichen Nutzungsrechte an der Anzeigengestaltung verletzt.

Der Beirat und die Stadt verteidigten ihre Online-Aktion mit der Behauptung, dass die dort beschriebenen Entmietungs-Praktiken sehr wohl auch der Maklerfirma zuzuordnen seien, da diese nahezu ausschließlich Objekte dieser Immobiliengruppe vertreibe und ihre Büroräume auch an deren Firmenadresse habe.

Sämtliche in der Anzeige genannten Objekte seien von der Sanierer-Firma aufgekauft und aufgemöbelt worden. Und alle diese Häuser seien daraufhin Gegenstand umfangreicher Berichterstattung wegen des schikanösen Vorgehens gegen die jeweiligen Mieter gewesen. Folgerichtig sei die umstrittene Internetseite mit der Überschrift "Eine Anzeige und die Geschichten dahinter" versehen worden.

Die Richter der 7. Zivilkammer des Landgerichts München I meinten dazu, dass es hier wohl weniger um namens- oder urheberrechtliche Verletzungen gehe. Vielmehr stehe die Frage im Vordergrund, ob der "durchschnittliche" Leser der Internetseite die Maklerfirma mit den angeprangerten Entmietungspraktiken in Verbindung bringe. Da die Maklerin aber durch eine eidesstattliche Versicherung erklärt hat, nichts mit den Sachverhalten, so wie sie in den beigefügten Zeitungsartikeln geschildert werden, zu tun zu haben, machte das Gericht einen Vorschlag zur Güte.

Der städtische Mieterbeirat stimmte dem zu und verpflichtete sich nun, das Annoncen-Faksimile in den nächsten Tagen von der Homepage zu nehmen. Das Logo und der Name der Maklerfirma verschwinden also ebenso, wie Telefonnummern und die typische Aufmachung (Az.: 7 O 15580/05).

Unbenommen dürfte es dem Mieterbeirat aber sein, rein redaktionell weiterhin die konkreten Immobilienobjekte zu benennen und die "Geschichten dahinter" zu erzählen.

© SZ vom 2.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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