Energiepreise:Geringverdiener sollen weniger für Strom zahlen

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Angesichts steigender Energiepreise macht sich die SPD für Sozialtarife stark. Intern wird schon an Eckpunkten für eine Entlastung gearbeitet.

Michael Bauchmüller und Stefan Braun

"Die hohen Preise treffen auf eine ungleiche Einkommensverteilung", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) am Montag in Berlin.

Ein "Sozialtarif" könne helfen, Haushalte mit geringem Einkommen zu entlasten. "Wer einen hohen Energieverbrauch hat, muss dann etwas mehr tun." Die SPD arbeitet intern schon an Eckpunkten für solche Entlastungen. Sie sollten noch vor der Sommerpause vorliegen, sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber der Süddeutschen Zeitung.

Denkbar sei etwa, Kunden die ersten 500 Kilowattstunden verbilligt abzugeben. "Wir haben eindeutige Daten, dass der Stromverbrauch mit dem Einkommen steigt", sagte Kelber.

Heikles Thema

Dies liege daran, dass Arme meist kleinere Wohnungen bewohnten und weniger Geräte besäßen. Ein Durchschnittshaushalt verbraucht etwa 3500 Kilowattstunden. Sozial-Tarife gibt es bereits in Belgien und Frankreich, gekoppelt an einen Nachweis der Bedürftigkeit.

Das Thema ist heikel, da auch Vorgaben zum Klimaschutz die Energiepreise steigen lassen. Dies trifft Arme besonders hart, sie müssen überdurchschnittlich viel für Energie aufwenden. Auch Verbraucherschützer fordern eine Kursänderung. "Der Strompreis hat eine Höhe erreicht, die für einkommenschwache Haushalte 14 bis 16 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmacht", sagte Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, der Süddeutschen Zeitung.

Nötig seien neue Stromtarife. Demnach könnten die Unternehmen künftig einen Teil des Stroms kostenfrei liefern, allen darüber hinaus verbrauchten Strom aber einem stetigen Preisanstieg unterwerfen. Je mehr ein Haushalt verbraucht, desto mehr müsste er je Kilowattstunde zahlen. "Damit gäbe es auch einen starken Anreiz zum Stromsparen", sagte Müller. Die Verbraucherzentrale will den Vorschlag an diesem Dienstag publik machen.

RWE "prüft intensiv"

Bislang bietet nur der Düsseldorfer Eon-Konzern Preisnachlässe. Wer von den Rundfunkgebühren befreit ist, kann sich mit einem entsprechenden Bescheid auch von den Strom-Grundgebühren befreien lassen.

"Wir prüfen dieses Thema intensiv", heißt es nun auch bei RWE. Andere Stromunternehmen verweisen darauf, Zahlungsprobleme ließen sich auch individuell mit den Kunden lösen. In Anbetracht steigender Preise dürften diese Probleme in Zukunft häufiger auftreten.

Die Unionsspitze forderte demgegenüber am Montag bei ihrem Treffen in Erding erneut längere Laufzeiten für Kernkraftwerke. Dabei wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel ungewöhnlich scharf in ihrer Kritik am Atomausstieg, einst beschlossen unter der rot-grünen Regierung. Dieser Ausstieg sei "absolut falsch", sagte Merkel.

Zuvor hatte sie nach Berichten von Teilnehmern auch intern daran erinnert, dass Deutschland in Europa und unter den G-8-Staaten isoliert sei mit seiner Position. Außerdem müsse man angesichts der steigenden Strompreise stets über Alternativen zu Öl und Gas nachdenken.

Die Schärfe in Merkels Äußerungen hatte Spekulationen geweckt, ob sie auch offen sei für den Neubau von Atomkraftwerken. Bei der CDU aber hieß es, Ziel bleibe eine Verlängerung der Laufzeiten von sicheren Atomkraftwerken.

© SZ vom 10.06.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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