Energiekosten:Treue beim Strom lohnt sich nicht

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Die Energiepreise sind in Deutschland so hoch wie in kaum einem anderen Land Europas. Mit dem Wechsel des Versorgers können Kunden bares Geld sparen. Was dabei zu beachten ist.

Angelika Slavik

Für die Fußballweltmeisterschaft sind sie nicht qualifiziert und den Eurovision Song Contest haben sie auch nicht gewonnen. Dennoch hat Bulgarien viele Vorteile - vor allem aus Sicht der Stromkunden.

Stromkosten in Deutschland: Bis zu 200 Euro könnten Familien durch einen Wechsel des Anbieters einsparen. (Foto: ag.ddp)

Im Schnitt 8,20 Euro zahlen die Verbraucher dort für 100 Kilowattstunden Strom. In keinem anderen EU-Mitgliedsland ist der Preis in absoluten Zahlen geringer. Die Deutschen hingegen zahlen fast das Dreifache: 22,80 Euro müssen sie durchschnittlich berappen. Teurer wird es nur noch für die Dänen. Deren Energieversorger stellen für die gleiche Menge Strom sogar 25,50 Euro in Rechnung.

Auch gemessen an der Kaufkraft der Bürger liegen die deutschen Energiepreise im europäischen Spitzenfeld. Nur die Ungarn und die Polen müssten einen noch größeren Teil ihres Einkommens aufwenden, um ihre Stromrechnung zu begleichen, heißt es beim Europäischen Statistikamt Eurostat.

Zudem seien die Tarife in Deutschland im vergangenen Jahr im Schnitt um 4,5 Prozent gestiegen - gegen den europäischen Trend. Denn angesichts der Krise wurde Strom in Europa zuletzt günstiger. Um durchschnittlich 1,5 Prozent sanken die Tarife innerhalb der EU.

Doch in den meisten Fällen könnten auch die Deutschen ihre Energiekosten erheblich reduzieren. Bis zu 200 Euro im Jahr, so rechnen Verbraucherschützer, könnte eine Familie mit durchschnittlichem Verbrauch einsparen - oft nur durch den Wechsel des Anbieters.

Um unter den vielen Versorgern und den verschiedenen Tarifen den individuell günstigsten herauszufinden, helfen Vergleichsrechner im Internet. Portale wie Check24.de, stromtip.de, wechseln.de oder auch sueddeutsche.de/sparmeister bieten Konsumenten einen Überblick über die besten Angebote, maßgeschneidert auf ihren Wohnort und ihren Energieverbrauch.

Die Seiten sind für die Stromkunden kostenlos, die Betreiber erhalten aber meist eine Provision, wenn ein Kunde auf ihrem Portal den Anbieter wechselt. Es lohnt sich also, immer mehrere Vergleichsrechner zu befragen, um ein objektives Bild zu bekommen.

Grundsätzlich ist die Wahl des Energieversorgers seit der Liberalisierung des Strommarkts 1998 frei. Wechseln kann jeder Verbraucher, der für sein Haus oder seine Wohnung einen eigenen Stromzähler hat und die Rechnung direkt beim Versorger bezahlt. Eine Genehmigung des Vermieters ist dafür nicht notwendig.

Werden die Energiekosten hingegen vom Wohnungseigentümer abgerechnet, können die Mieter den Vermieter lediglich auf die Möglichkeit zum Wechsel aufmerksam machen - direkten Einfluss auf die Wahl des Versorgers haben sie nicht. Auch für die Nutzer von Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen gibt es derzeit mangels Angebot keine Alternativen zu den lokalen Stromversorgern.

Viele Menschen entscheiden sich beim Wechsel für einen Ökostromanbieter, weil sie alternative Energien fördern möchten. Doch viele vermeintlich grüne Anbieter beziehen ihren Strom ausschließlich aus älteren Windkraft- oder Solaranlagen. Der Anteil von nachhaltig erzeugtem Strom im Gesamtnetz wird dadurch nicht gesteigert.

Umweltbewusste Kunden sollten also Anbieter wählen, die in neue Ökostromanlagen investieren. Orientierung bieten die verschiedenen Ökostromzertifikate, etwa das "Grüner Strom Label" oder das "OK Power Label".

Umweltschützer warnen vor sogenannten RECS-Zertifikaten: Viele Versorger tauschen damit formal am europäischen Strommarkt ihren konventionell erzeugten Strom gegen Ökoenergie - der Vorteil für die Umwelt sei gleich null, argumentieren die Umweltschützer.

Die Verbraucherzentralen empfehlen, nur Verträge abzuschließen, deren Mindestlaufzeit maximal ein Jahr beträgt. Zudem sollten Verbraucher auf möglichst kurze Kündigungsfristen achten. Im Bedarfsfall kann man so rasch wieder zu einem günstigeren Anbieter wechseln.

Vorsicht ist geboten, wenn Vorauszahlungen verlangt werden, wie das vor allem bei kleineren Discountern vorkommt: Geht der Anbieter pleite, ist das Geld vermutlich unwiederbringlich verloren.

Die lokalen Grundversorger sind gesetzlich dazu verpflichtet, alle Verbraucher mit Strom zu beliefern, auch wenn sie keinen Vertrag mehr mit ihnen haben. Die Versorgung ist also immer gesichert, bei der Umstellung kommt es zu keiner Unterbrechung. Zähler werden nicht getauscht, es fallen auch keine zusätzlichen Kosten an.

© SZ vom 01.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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