Energiekonzerne:BGH-Urteil könnte Stromkunden Milliarden bringen

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Stromversorger müssen künftig besser über Preiserhöhungen informieren (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Energieversorger müssen künftig besser informieren, wenn sie die Preise erhöhen. Jetzt muss der Bundesgerichtshof urteilen, ob Millionen deutsche Verbraucher rückwirkend Geld zurückbekommen.

Von Markus Balser, Berlin

Deutsche Strom- und Gasanbieter müssen ihre Kunden vor Preiserhöhungen künftig besser über Grund und Umfang informieren. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in einem Urteil festgelegt ( PDF). Die Luxemburger Richter kippten damit Klauseln in Verträgen für deutsche Tarifkunden, nach denen Unternehmen die Preise einseitig anheben können. Diese Regeln entsprächen nicht dem europäischen Recht, so die Richter. Folgt der Bundesgerichtshof diesem Urteil, könnten Millionen deutsche Kunden einen Gesamtbetrag in Milliardenhöhe zurückfordern.

Die EuGH-Richter verwiesen darauf, dass jeder EU-Staat einen hohen Verbraucherschutz gewährleisten muss. Den sahen sie für Strom- und Gaskunden in Deutschland verletzt. Zwar waren Versorger bisher schon verpflichtet, den Tarifkunden Preiserhöhungen vorab mitzuteilen - sie mussten sie aber nicht über "Anlass, Voraussetzungen und Umfang" informieren. Dies sei nicht rechtens, entschieden die EU-Richter. Dem Kunden müsse neben dem Recht, seinen Vertrag zu kündigen, "auch die Befugnis erteilt werden, gegen eine solche Änderung vorzugehen", heißt es in dem Beschluss weiter.

Das Urteil kann für deutsche Kunden und Stromversorger weitreichende Folgen haben. Es betrifft alle Kunden in der so genannten Grundversorgung. In diesen vergleichsweise teuren Tarifen beziehen 40 bis 50 Prozent der Deutschen ihren Strom.

"Für Verbraucher bedeutet dies, dass die in der Vergangenheit erfolgten Preiserhöhungen in der Strom- und Gasgrundversorgung unwirksam sind", sagt Jürgen Schröder, Energierechtsjurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Das Urteil gilt für einen Zeitraum von drei Jahren.

Kunden können nun allerdings nicht automatisch Gelder von ihren Versorgern zurückfordern. Welche Konsequenzen das Urteil in Deutschland hat, muss noch der Bundesgerichtshof entscheiden. Der hatte den EuGH um Hilfe bei der Auslegung von EU-Recht gebeten. Einen entsprechenden Beschluss der deutschen Richter erwarten Experten für das Frühjahr des nächsten Jahres.

Deutsche Verbraucherschützer werfen Energieversorgern bereits seit vielen Jahren lückenhafte Begründungen bei Preiserhöhungen vor. In den vergangenen Jahren hatten vor allem Stromversorger die Preise teils drastisch erhöht. Bereits im vergangenen Jahr hatte der EU-Gerichtshof mit einem Urteil Gaskunden den Rücken gestärkt.

© SZ vom 24.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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