Elterngeld:Mama und Papa sollten sich beeilen

Geld für Babykleidung und Kinderbett: Hilfe für Schwangere in Not

Werdende Eltern sollten möglichst früh die Steuerklasse wechseln - am besten schon bei Kinderwunsch.

(Foto: dpa-tmn)

Was machen werdende Eltern nach dem ersten Ultraschall? Schlau wäre, sie würden beim Finanzamt einen Wechsel der Steuerklasse beantragen. Denn eine neue Regelung setzt Ehepaare, die ein Kind erwarten, gehörig unter Zeitdruck. Wer zu spät dran ist, dem entgehen womöglich viele Hundert Euro Elterngeld pro Monat.

Von Berrit Gräber

Eine kleine Gesetzesänderung zu Jahresbeginn kostet Tausende Mütter und Väter eine Menge Geld: Denn wer ein Baby bekommt, sollte mindestens sieben Monate vorher die richtige Steuerklasse haben - sonst gibt es meist spürbar weniger Elterngeld vom Staat. Die Einbuße kann für verheiratete Arbeitnehmer, die beide berufstätig sind, schlimmstenfalls einige Tausend Euro ausmachen, hat Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine (NVL), berechnet. "Bei vielen wird die Lücke richtig groß sein."

Die Neuerung hat bereits viele junge Familien kalt erwischt. Die meisten werdenden Eltern kümmern sich in den ersten Schwangerschaftswochen um Kinderwagen, hübsche Strampler und Geburtsvorbereitungskurse. Ans Elterngeld denkt so gut wie niemand. Aber genau das sollte man bereits zu diesem frühen Zeitpunkt tun, sagt Rauhöft, "sonst wartet ein herber Dämpfer fürs Konto".

Früher konnten Eheleute noch relativ leicht selbst ausrechnen, was sie an Unterstützung in der Elternzeit erwartet. In der Regel bekommen sie 65 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate vor der Geburt, höchstens aber 1800 Euro im Monat - und das bis zu 14 Monate lang. Für Arbeitnehmer war die Rechnung einfach: Sie schnappten sich ihre Gehaltsabrechnung und nahmen den Nettolohn nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zur Grundlage. Zusätzlich ging noch ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags ab. Urlaubs- und Weihnachtsgeld blieben außen vor. Je höher das Nettoeinkommen, desto höher das Elterngeld.

Besonders stark wirkt sich die Änderung bei der Lohnsteuer aus

Doch seit 2013 muss anders gerechnet werden: Die Sache ist nun deutlich komplizierter für Laien. Jetzt wird der Bruttolohn für die letzten zwölf Monate vor der Geburt zugrunde gelegt, nicht mehr das Nettoeinkommen. Die tatsächlichen Abzüge auf der Lohnabrechnung sind uninteressant. Stattdessen zieht der Staat vom Bruttobetrag neue Pauschalsätze ab, insgesamt 21 Prozent für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dieser Wert liegt aber um gut einen drei viertel Prozentpunkt über den aktuellen Beitragssätzen. Die Folge: Das so berechnete Nettoeinkommen ist geringer - und damit auch das Elterngeld.

Auf den ersten Blick scheint das zu verschmerzen zu sein: Bei einem Bruttolohn zwischen 2000 und 3000 Euro im Monat schrumpft das Elterngeld um etwa sieben bis zehn Euro, wie Rauhöft vorrechnet.

Viel stärker wirkt sich die Änderung allerdings bei der Lohnsteuer aus, die noch vom Bruttobetrag abzuziehen ist. Dafür ist die Lohnsteuerklasse wichtig, die die betreuende Mutter respektive der Vater in den vorangegangenen zwölf Monaten am längsten hatte. Grundsätzlich gilt zwar nach wie vor: Verheiratete Berufstätige können mit einem cleveren Wechsel der Steuerklasse in der Schwangerschaft ihr Nettoeinkommen nach oben schrauben. Das kann einige Hundert Euro mehr im Monat bringen. So kann eine Angestellte, die vor der Geburt 3000 Euro brutto verdient und damit weniger als ihr Mann, durch den Wechsel von Klasse V zu Klasse III monatlich rund 410 Euro mehr Elterngeld bekommen.

"Am besten schon bei Kinderwunsch wechseln"

Der dicke Haken an der Sache: Der Umstieg in die günstigere Steuerklasse muss jetzt mindestens sieben Monate vor dem Monat passiert sein, in dem der Mutterschutz beginnt, wie Rauhöft erläutert. Das kann höllisch knapp werden. Ein Beispiel für den neuen Zeitdruck: Eine Schwangere mit Teilzeitstelle erwartet ihr Kind am 28. April. Der Mutterschutz beginnt sechs Wochen vorher, am 17. März 2014. Will sie kein Minus beim Elterngeld, muss sie spätestens noch im August einen Antrag beim Finanzamt auf Steuerklassenwechsel stellen - damit sie von September an, also sieben Monate vor dem Mutterschutzbeginn, in der neuen Steuerklasse ist.

Der Umstieg muss also praktisch nach dem ersten Ultraschall passieren. Verpasst ein Ehepaar diesen Termin, rechnet die Elterngeldstelle mit vollen zwölf Gehältern in der schlechteren Steuerklasse - da ist dann auch nichts mehr zu machen. So gehen einer Mutter, die 2000 Euro brutto im Monat verdient und erst fünf statt sieben Monate vor dem Geburtstermin von Klasse IV auf die günstigere III wechselt, 59 Euro monatlich durch die Lappen, hat Rauhöft berechnet. Hatte sie zuvor Steuerklasse V, büßt sie 114 Euro ein. Für eine Angestellte mit 3000 Euro Bruttoverdienst bedeutet das monatlich sogar 410 Euro Verlust: Sie erhält dann nur 906 statt 1316 Euro im Monat.

Der Termindruck bedeutet aber auch: Angehende Eltern müssen sich viel früher als bisher entscheiden, wer zu Hause bleibt. "Am besten schon bei Kinderwunsch wechseln, so verrückt es klingt, das bringt am meisten Geld", sagt Rauhöft.

Der Partner mit weniger Verdienst geht in die Steuerklasse III

Dazu kommt: Das neue Gesetz hat auch die Freibeträge beiseitegefegt, mit denen werdende Eltern die Unterstützung vom Staat optimieren konnten. Wer sich beispielsweise einen Freibetrag wegen höherer Werbungskosten, Fahrtkosten oder der Kinderbetreuung vom Finanzamt holte, bekam am Monatsende mehr netto heraus und damit auch mehr Elterngeld. Dieser legale Steuerkniff bringt seit Jahresbeginn nichts mehr. Einbußen haben jetzt auch Eltern, die Freibeträge für ein behindertes Kind bekommen.

Lohnsteuerexperten geben folgenden Tipp: Verheiratete Paare mit Kinderwunsch können auf Nummer sicher gehen und schon vor einer Schwangerschaft die Steuerklassen wechseln. Der Partner mit weniger Verdienst geht dann etwa in die III, der andere in die V. Die Eheleute zahlen dann zwar erst mal mehr Steuern, können sich die Abzüge aber mit der Steuererklärung zurückholen.

Für Frauen im Staatsdienst, die kein Mutterschaftsgeld, sondern volle Bezüge bis zur Geburt kriegen, ist der Zeitdruck nicht ganz so hoch: Sie müssen den Antrag auf Steuerklassenwechsel erst im siebten Kalendermonat vor dem Geburtsmonat gestellt haben.

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