Einstiges Glitzeremirat Dubai:Aus der Traum

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Auch in Dubai hat der Kapitalismus Grenzen: Die Krise hat die größte Baustelle der Welt erreicht - das einstige Glitzeremirat steckt in Zahlungsnöten.

Jens Flottau und Alexander Mühlauer

Es ist noch nicht lange her, da galt auf der größten Baustelle der Welt das Versprechen immerwährenden Wachstums. Wer nach Dubai kam, fand die Traumkulisse eines entfesselten Kapitalismus, der scheinbar keine Grenzen zu akzeptieren hat.

Es war einmal die größte Baustelle der Welt: In Dubai herrscht wegen der Finanzkrise Baustopp. (Foto: Foto: Getty Images)

Die Wirtschaftsleistung des Emirats verzeichnete jahrelang zweistellige Wachstumsraten. Es regierte die Gier nach Größe, Glanz und Geld. Dieser Dreiklang muss nun umgeschrieben werden. Spätestens jetzt hat die Wirtschaftskrise den Persischen Golf erreicht, das Emirat taumelt.

Am Mittwoch offenbarte die Regierung von Dubai überraschend, dass sie in massiven Zahlungsschwierigkeiten stecke. Die Herrscher des Emirats baten darum, Kredite später zurückzuzahlen als vereinbart. Die Gläubiger der Holdinggesellschaft Dubai World und ihrer Tochterfirma Nakheel sollten einen Aufschub bis mindestens Ende Mai gewähren.

Hoch verschuldet

Dubai World ist mit rund 59 Milliarden US-Dollar hoch verschuldet. Zu dem Konglomerat gehören zehn Tochtergesellschaften, unter anderem der Baukonzern Nakheel sowie der Hafenbetreiber DP World.

Vor allem die weitgehend auf Pump finanzierten Immobilien- und Bauprojekte haben den staatlichen Konzern in Schieflage gebracht. Neben der globalen Finanzkrise, die den Zugang zu neuen Krediten erschwert, gilt die geplatzte Immobilienblase als wichtiger Auslöser für die Beinahe-Pleite.

Dubais Schulden belaufen sich auf insgesamt etwa 80 Milliarden Dollar. Bereits im vergangenen Herbst bewahrte die Zentralbank der Vereinigten Arabischen Emirate drei staatliche Geldinstitute Dubais vor dem Kollaps.

Die Abhängigkeit wächst

Hinzu kommt: Wegen der Wirtschaftskrise verstärkt sich die Abhängigkeit des Emirats vom Nachbarn Abu Dhabi. Zwischenzeitlich hat das mächtigste und wegen der großen Ölreserven mit Abstand reichste Emirat immer wieder mit Krediten ausgeholfen, erst am Mittwoch flossen weitere fünf Milliarden Dollar.

Entgegen früheren Prognosen führt dies bis jetzt noch nicht dazu, dass Abu Dhabi wichtige Konzerne aus Dubai direkt übernimmt. So war etwa über eine Fusion der beiden Fluggesellschaften Etihad (Abu Dhabi) und Emirates (Dubai) spekuliert worden.

Aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten, die vor allem den Baukonzern Nakheel betreffen, stehen eine ganze Reihe von ambitionierten Projekten auf der Kippe, allen voran die künstliche Palmeninsel in der Nähe des Hafens von Dschebel Ali.

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Nakheel hat dem Vernehmen nach den Investoren, die auf der Palme Häuser gekauft haben, angeboten, die Objekte gegen andere Immobilien an Land einzutauschen. Viele der Käufer hatten sich an der lokalen Spekulationsblase beteiligt: Sie kauften die Häuser, gaben sie aber mit zum Teil horrenden Gewinnen weiter, noch bevor die Bauarbeiten überhaupt begonnen hatten, weil die Preise bis etwa Mitte 2008 in die Höhe geschnellt waren. Seither sind sie aber oft um rund 40 Prozent abgestürzt.

Auch andere Bauvorhaben, die Dubais Drang nach Superlativen demonstrieren sollten, werden derzeit nicht oder nur noch sehr langsam vorangetrieben.

So plante das Emirat, eine weit verzweigte künstliche Kanallandschaft mit Tausenden von Villen für bis zu 1,5 Millionen Einwohner zu bauen, Dubai Waterfront sollte sie heißen. Auch hinter diesem Projekt steckt der angeschlagene Baukonzern Nakheel.

Disneyland im Großformat

Wie es aussieht, steht Dubai still. Unter dem Namen Dubailand sollte auf 140 Quadratkilometern eine Art Disneyland im Großformat geschaffen werden. Außer ein paar schön anzusehenden Computersimulationen und aufwendig produzierten Prospekten ist nicht viel passiert. Gegen dieses gigantische Projekt verblasst das geradezu mickrige Vorhaben wie die künstliche Insel-Welt, die vor der Küste des alten Stadtteils Deira entsteht - die Bauarbeiten sind derzeit aber auch dort gestoppt.

Auch aus dem geplanten höchsten Gebäude der Welt dürfte so schnell nichts werden. Die Arbeiten am Burj Dubai (818 Meter) sind zwar weitgehend abgeschlossen, und so darf Dubai sich schon jetzt als die Heimat des weltweit höchsten Hochhauses bezeichnen, das im Januar 2010 offiziell eröffnet werden soll.

Doch daneben sollte eigentlich bald Al-Burj (Der Turm) entstehen, der über einen Kilometer in die Höhe ragen sollte. Offiziell sind die Arbeiten nur für ein Jahr unterbrochen, doch gilt es als äußerst unwahrscheinlich, dass Nakheel das Projekt auf absehbare Zeit wieder aufnimmt.

Neben manchem eher zweifelhaften Prestigevorhaben leiden vor allem zentrale Infrastruktureinrichtungen. So wird der geplante größte Flughafen der Welt, Al-Makhtoum International, nun frühestens 2020 fertig ausgebaut, mindestens fünf, wahrscheinlich eher zehn Jahre später als geplant. Um den Airport herum sollte außerdem eine neue Stadt, Dubai World Central, für rund eine Million Einwohner entstehen.

Tun, was woanders nicht möglich ist

Nichts geht mehr in Dubai. Zu lange verdrängte das Primat der Ökonomie alles andere. Nun, in Zeiten der Krise, muss selbst die absolutistische Regierung erkennen, dass sie nicht allein von kurzfristigen Boomphasen leben kann.

Vielleicht muss sich das Emirat daran erinnern, was sein Herrscher im Strategieplan 2015 formuliert hat: Dubai soll ein Ort sein, wo viele Menschen das tun können, was woanders nicht möglich ist. Und da gibt es doch eine ganze Menge.

© SZ vom 27.11.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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