Einstellung junger Menschen zum Sparen:Ein Hoch auf das Prassen

Viele junge Menschen sparen nicht mehr. Verprassen sie so eine bessere Zukunft? Oder genießen sie nur finanzielle Sicherheit? Beides stimmt nicht.

Von Nakissa Salavati

Es war ein aufregendes Gefühl, als Kind das schwere Sparschwein zu schütteln, dem Klimpern der Münzen zu lauschen, das Rascheln der Scheine zu erahnen. Einmal im Jahr, zum Weltspartag, durfte es außer Haus, das Schwein. Dann stiefelte das Kind zur Sparkasse, dort wanderte das Geld auf ein Sparbuch, zur Belohnung gab es Spielfigürchen. Sparen ist eine Tugend, hieß der früherzieherische Grundsatz.

Doch es hat sich etwas geändert bei jenen, die als Kind das Schwein zur Bank trugen, jahrelang mit wenig Geld während des Studiums auskommen mussten und nun befristete Jobs haben, möglicherweise freischaffend arbeiten. Für viele von ihnen hat Sparen keine große Bedeutung mehr. Spielfiguren hin oder her.

Diese jungen Menschen fragen sich: Wozu noch für ein teures Auto oder ein großes Haus sparen? Das werden wir uns sowieso nie leisten können. Wozu das wenige Geld noch in Rentenvorsorge stecken? Die ist doch eh nicht sicher. Und für künftige Kinder zurücklegen? Mal schauen, ob wir überhaupt welche wollen. Hinzu kommen die extrem niedrigen Zinsen. Dass Bausparverträge und Rentenvorsorge wahnsinnig spießig sind, wusste diese Generation schon immer. Und jetzt lohnen sie sich noch nicht einmal mehr.

Wenn Menschen nicht sparen, begründen Ökonomen das gerne mit der guten Lage am Arbeitsmarkt, mit der Abwesenheit von Angst. Doch mit finanzieller Sicherheit hat das gerade bei vielen jungen Akademikern sicherlich nichts zu tun. Optimistisch sind sie trotzdem, nach dem Motto: Wer nichts hat, kann auch nichts verlieren. Sie geben ihr weniges Geld aus: Gehen essen, feiern, reisen. Und zwar so großzügig, dass selbst die bestens versorgte Elterngeneration staunt. Denn was erst einmal weg ist, kann ihnen kein Banker, keine Inflation und auch der niedrigste Zins nicht mehr nehmen.

Das klingt nach verantwortungslosem Verprassen. Aber die Jugend konsumiert nicht nur, sie investiert auch - in sich selbst. Sie lernt Sprachen im Ausland oder traut sich eine Umschulung oder ein Fernstudium zu, hat wechselnde Jobs. Bildung und Flexibilität sind die Währung dieser Menschen, ihre Sicherheit. Solange, bis sie nicht mehr können. Aber daran denken sie nicht. Noch nicht zumindest.

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