Einheitliche EU-Überweisungen ab 2014:Ein Ungetüm verliert seinen Schrecken

Von "Iban, der Schreckliche" war einst die Rede. Doch ganz so schlimm wird es im neuen einheitlichen Überweisungssystem wohl nicht kommen. Statt 33 Ziffern müssen Bankkunden künftig nur 22 angeben. Das ist zwar immer noch mehr als bei den bisher gängigen Kontonummern. Doch Verbraucherschützer halten das für vertretbar - und sehen die Sicherheit gestärkt.

Harald Freiberger

Es war im Sommer 2010, als der Ausdruck "Iban, der Schreckliche" erfunden wurde. Damals veröffentlichte die EU-Kommission den Entwurf für einen gemeinsamen europäischen Zahlungsverkehr (Sepa), der viele Bundesbürgern in Angst und Schrecken versetzte. Er wollte nämlich die Kontonummer-Ungetüme Iban mit 22 Stellen und Bic mit 11 Stellen schon bald auch für alle inländischen Überweisungen verpflichtend machen. Ein Novum: Bislang reichten Bankleitzahl mit acht Ziffern und Kontonummer mit maximal zehn Ziffern. Besonders in Deutschland brach darauf ein Sturm der Entrüstung los.

Lange Europa-Kontonummern ab 2014 Pflicht

22 Zeichen für die Sicherheit: Vom 1. Februar 2014 an werden in der EU die neuen internationalen Kontonummern verwendet.

(Foto: dpa)

Am Dienstag entschärfte das Europäische Parlament das entsprechende Gesetz und die Bankkunden können aufatmen: Es kommt nicht so schlimm wie befürchtet - und sie haben mehr Zeit als gedacht. Die europaweit einheitlichen Überweisungen werden zum 1. Februar 2014 verpflichtend eingeführt. Es gibt aber eine zweijährige Übergangsfrist, in der Verbraucher bei Überweisungen ins Inland weiter nur ihre bekannten Nummern einzugeben brauchen. Die Banken müssen dann dafür Sorge tragen, dass die Nummern in das europäische System mit Iban und Bic übertragen werden.

Nach dem Februar 2016 müssen Bankkunden bei Inlandsüberweisungen dann zwar die 22-stellige Iban eingeben. Die elfstellige Bic, eine Art Bankleitzahl, wird aber schon 2014 nicht mehr nötig sein. "Diese Lösung ist für Verbraucher vertretbar, da Iban nur in Verbindung mit Bic so schrecklich ist", sagt Harald Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Iban alleine sei für deutsche Bankkunden nicht so schlimm, da sie weitgehend die schon bekannte Bankleitzahl und Kontonummer enthalte.

Ein Beispiel für die Iban eines deutschen Bankkunden ist DE 32 70150001 0012345678. Neu daran sind nur die ersten vier Stellen: DE steht für Deutschland, 32 ist eine Prüfziffer, die verhindern soll, dass es zu Fehlbuchungen kommt; sie wird in einem mathematischen Verfahren aus den folgenden Ziffern ermittelt. Diese setzen sich aus der schon bekannten Bankleitzahl (acht Ziffern) und der Kontonummer (zehn Ziffern) zusammen. Besteht die Kontonummer aus weniger als zehn Ziffern, wird sie vorne mit Nullen aufgefüllt.

Europäischer Zahlungsverkehr dürfte günstiger werden

"Mit Aufklärung dürfte diese Umstellung kein Problem sein", sagt Sven Giegold, Europa-Abgeordneter der Grünen. Dabei seien vor allem die Banken gefordert, die ihre Kunden informieren müssten. Die Volks- und Raiffeisenbanken drucken Iban und Bic zum Beispiel schon seit einiger Zeit auf jede neu ausgegebene EC-Karte.

Verbraucherschützer Pauli sieht in der Iban auch einen Sicherheitsvorteil. "Sie reduziert die Wahrscheinlichkeit eines Schadens durch Fehlüberweisungen", sagt er. Da die neu hinzukommende Prüfziffer einheitlich berechnet werde, erkenne das Computersystem oder die Bank schon beim Wegschicken falsche Angaben. "Verbraucher werden somit früher gewarnt, wenn sie sich bei der Angabe verschreiben", sagt Pauli.

Die Bic entspricht der bisherigen Bankleitzahl und besteht aus Buchstaben. Bei der Deutschen Bank in Frankfurt ist es etwa DEUTDEDBFRA. Bisher hatten deutsche Verbraucher fürchten müssen, dass sie zusätzlich zur Iban eingegeben werden muss, obwohl diese die Bankleitzahl ja schon enthält. Nun aber setzten die europäischen Parlamentarier durch, dass es technisch machbar ist, Iban ohne Bic zu nutzen. Ab 2014 gilt das für Inlandsüberweisungen, ab 2016 auch für Geldtransfers in andere Länder der Europäischen Union.

Eine andere Sorge der Deutschen war das Lastschriftenverfahren, das im Zuge des europäischen Zahlungsverkehrs ebenfalls neu geregelt wird. Es betrifft auch Einzugsermächtigungen, die in Deutschland weit verbreitet sind. Dabei erteilt der Kunde seiner Bank per Unterschrift die Erlaubnis, regelmäßig einen bestimmten Betrag abzubuchen. Üblich ist das zum Beispiel bei der Miete oder bei Versicherungsverträgen. Die Unternehmen fürchteten, dass sie jeden einzelnen Verbraucher anschreiben müssen, wenn bei Lastschriften ein neues europaweites Recht gilt. "Es hätte dann ein großes Umstellungschaos gegeben", sagt der grüne Europa-Abgeordnete Giegold. Auch das sei nun vom Tisch, es sei klar, dass alte Lastschriftverträge ohne rechtliche Probleme auf das neue Recht umgestellt werden könnten.

Auch aus einem anderen Grund dürfte der einheitliche europäische Zahlungsverkehr bald seinen Schrecken verlieren: "Geldtransfers innerhalb der EU werden dadurch günstiger und schneller", sagte SPD-Finanzfachmann Udo Bullmann aus dem Europäischen Parlament. "Unternehmer und Verbraucher können ihren gesamten Euro-Zahlungsverkehr über ein Konto bei einer beliebigen Bank in der EU abwickeln", bemerkt die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt. Die EU selbst rechnete aus, dass Firmen, Banken und Verbraucher innerhalb von sechs Jahren mehr als 120 Milliarden Euro sparen - weil zum Beispiel Überweisungsgebühren wegfallen. Eine gewaltige Summe, wenn es denn so kommt.

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