EECH Group AG:Zwischen Warhol und Windparks

Ein Hamburger Unternehmen sammelt Millionen Euro ein - und will damit den ersten deutschen Kunstfonds finanzieren. Doch die Anlegerschützer sind alarmiert.

Thomas Öchsner

Die Geschäftsidee könnte für Liebhaber zeitgenössischer Kunst verlockend klingen: Wer schon immer davon geträumt hat, sich einen Andy Warhol, Georg Baselitz oder Gerhard Richter ins Wohnzimmer zu hängen, aber nie genug Geld dafür haben wird, soll jetzt zumindest von möglichen Wertsteigerungen ihrer Werke profitieren können.

Das verspricht ausgerechnet ein Unternehmen, das bisher versuchte, mit Wind- und Sonnenenergie Geld zu verdienen: Die Hamburger EECH Group AG will über ihre Tochterfirma Art Estate Fondsbeteiligungen an Kunstwerken von Warhol und Co. unters Anlegervolk bringen - und sammelt derzeit in großem Stil Geld für einen neu aufgelegten Kunstfonds und die erste deutsche Kunstanleihe ein.

Die Anteile gibt es schon ab 2500 beziehungsweise 1000 Euro - und die Aussicht auf traumhafte Zinsen dazu. Die jährliche Rendite der Kunstanleihe mit dem Namen "Art Invest 2006" soll sich bei einer Laufzeit von fünf Jahren auf bis zu 8,85 Prozent belaufen. Der Kunstfonds soll es sogar auf zehn Prozent pro Jahr bringen, passend zu dem Werbeslogan des Unternehmens: "die Kunst, Visionen in Werte zu wandeln".

"Im Grauen Kapitalmarkt kein Unbekannter"

Bei diesen Visionen geht es um ziemlich viel Geld. Mehr als 32 Millionen Euro will die EECH mit ihrer Anleihe und dem Fonds einsammeln, obwohl sie in den nächsten Jahren fällige Anleihen aus dem Geschäftsfeld Energie in Höhe von mehr als 62 Millionen Euro an Anleger zurückbezahlen muss.

Manche Beobachter am Kapitalmarkt sehen dies mit Sorge: Der Aktienkurs von EECH ist seit Anfang 2006 um fast 60 Prozent auf 0,63 Euro abgestürzt. EECH steht bei der Stiftung Warentest auf der Warnliste für zweifelhafte Geldanlage-Angebote. Nun fürchten Anlegerschützer, dass sich das große Geschäft mit der Kunst als Fehlinvestition entpuppt.

Kopf der EECH Group ist Tarik Ersin Yoleri. Dieser ist, wie es der Berliner Rechtsanwalt Jochen Resch formuliert, "im Grauen Kapitalmarkt kein Unbekannter". Als Subunternehmer der Appel Grundvermögen AG verkaufte er in den neuen Bundesländern und in Berlin Steuersparimmobilien.

Nachdem Appel 2001 pleite ging, ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft unter anderem gegen Yoleri "wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung und Untreue". Der EECH-Vorstand hält sich für unschuldig und verweist darauf, dass er selbst "einer der größten Gläubiger" bei dieser Insolvenz sei.

Yoleri verspricht den EECH-Anlegern "sonnige Zeiten". Professor Jürgen Kunze, Vorstand des Deutschen Instituts für Anlegerschutz (Dias) in Berlin, rät dagegen wegen der hohen Schulden des Unternehmens zur Vorsicht. Im November 2006 schüttete EECH turnusgemäß Zinsen aus. Von 2010 an muss das Unternehmen aber seine millionenschweren Anleihen zurückzahlen.

Zwischen Warhol und Windparks

Im Geschäftsbericht für 2005 heißt es dazu, der Kapitaldienst würde die künftige Ertrags- und Finanzlage "nicht unerheblich" belasten. Falls die Planungen nicht erfolgreich umgesetzt werden könnten, gefährde dies "die Unternehmensfortführung".

Bedenken der Wirtschaftsprüfer

Auch die Wirtschaftsprüfer äußerten in einem Vermerk Bedenken. Hintergrund ist ein ziemlich ungewöhnlicher Deal: Vorstand Yoleri ist Kunstsammler. Wer die Anleger-Hotline von EECH anruft, erfährt, dass er selbst Kunstwerke "in das Unternehmen eingebracht hat".

Wie das genau abgelaufen sein soll, kann der Mitarbeiter der Hotline nicht erklären. Aber sicher ist: Im Geschäftsbereich Kunst wurden 2005 rund 39 Millionen Euro an Umsätzen erzielt, "die durch Veräußerungsvorgänge an Fonds-KGs bewirkt wurden", heißt es im Geschäftsbericht.

Und diese Gesellschaften wiederum sollen nun Geld bei Anlegern einsammeln - genauso wie das Tochterunternehmen Art Estate über die Kunstanleihe. "Yoleri hat zu einem bestimmten Preis verkauft. Das Risiko tragen jetzt die Anleger", sagt der Wirtschaftsprüfer Franz Hamann, der für die Kanzlei Resch die Bilanzen von EECH untersucht hat. Wer Erspartes der Firma anvertraue, sei darauf angewiesen, dass die bereits angekauften Bilder im Wert kräftig steigen, erläutert Hamann.

Kunstexperten wie der Schweizer André Frey äußerten sich aber bereits skeptisch, ob dies beim ersten Kunstfonds gelingt. Frey kritisierte die seiner Ansicht zu hohen Einkaufspreise für die Bilder und bemängelte, dass sie wohl eingelagert und nicht in Museen ausgestellt werden sollen.

Art Estate gibt sich hingegen betont optimistisch: Der zeitgenössische Kunstmarkt zähle "zu den expansivsten Märkten überhaupt". Der Vorstand von Art Estate will deshalb auch Geld bei neuen Aktionären einsammeln. Schon im Mai 2006 kündigte das Unternehmen einen Börsengang binnen zwölf Monaten an - seitdem war von den Börsenplänen jedoch nicht mehr viel zu hören.

Dafür läuft die EECH-Werbung für die Kunstanleihe auf Hochtouren: "Legen Sie heute z. B. 1000 Euro an, können Sie sich nach Ablauf des Wertpapieres allein vom Zugewinn einen Kurzurlaub leisten." Weit hervor wagte sich EECH auch bei der Herausgabe der Anleihe und verkündete: "Bafin genehmigt erste deutsche Kunstanleihe."

Irreführende Werbung

Was besonders seriös klingen soll, stößt bei Dias-Vorstand Kunze auf massive Kritik. Hier werde der Eindruck erweckt, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) beaufsichtige diese Anlageform.

In Wirklichkeit würde die Behörde aber nur prüfen, ob der Wertpapierprospekt formal korrekt ist - und nicht, ob das Anleihekonzept integer ist, sagt der Wirtschaftsprofessor. Die Verbraucherzentrale Berlin hat EECH deshalb bereits wegen irreführender Werbung abgemahnt - die Bafin unternahm nichts.

Die Finanzaufsicht prüft allerdings inzwischen, ob in der Firmengruppe gegen die gesetzlichen Publizitätspflichten verstoßen wurde. EECH ist aus der P & T Technology hervorgegangen. Deren Aktie kam Ende 2000 in der Blütezeit des Neuen Marktes für 19 Euro an die Börse. 2001 teilte P & T mit, man habe für einen Windpark in Griechenland eine Baugenehmigung erhalten.

Etwa fünf Jahre später erklären Anwälte von EECH in einem Schriftsatz, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt: "Tatsächlich liegt auch bis heute weder eine Baugenehmigung noch ein Einspeisevertrag für dieses Objekt vor."

Das Hamburger Unternehmen gibt dazu keine Auskunft. Schriftliche Fragen der SZ wurden ebenfalls nicht beantwortet. Antworten gibt es dafür bei der Hotline von EECH. Auf die Frage, ob denn bei der Traumrendite für die Kunstanleihe von 8,85 Prozent ein Risiko bestehe, sagt ein Mitarbeiter: "Ja, wenn das Unternehmen Insolvenz anmeldet."

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