ECE-Chef:"Events spielen eine große Rolle"

ECE Geschäftsführer Alexander Otto; Alexander Otto

"Wir experimentieren in den Future Labs mit neuen Services und testen, was beim Kunden ankommt", sagt Alexander Otto.

(Foto: ECE)

Alexander Otto über den Einkauf von morgen und Nervfaktoren von heute.

Interview von Sabine Richter

Überall, wo es um Handel geht, ist es präsent: Das Online-Gespenst. Kein anderes Thema treibt die Branche derzeit derartig um wie der boomende Onlinehandel. Was tut die ECE, Europas größtes Shopping-Center-Unternehmen, um gegen die Online-Konkurrenz zu bestehen? Ein Gespräch mit Alexander Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung der ECE.

SZ: Sie haben im vergangenen Jahr acht neue Center eröffnet. Trotz Onlinehandel liegt Ihr Umsatz leicht im Plus, auch die Besucherfrequenzen sind recht stabil. Wie lässt sich das erklären?

Alexander Otto: Die Kunst liegt darin, dass wir die Center nicht einfach verwalten, sondern aktiv weiterentwickeln. Mietermix, Architektur, Ambiente, Services für die Kunden - all das muss sich ständig verändern und am Puls der Zeit bleiben. Gerade die Digitalisierung sehen wir als Chance, weil sie auch viele Innovationen im Center ermöglicht. Und der Erlebnischarakter ist heute neben der schnellen Warenverfügbarkeit für viele das entscheidende Element für einen Centerbesuch.

Was macht Einkaufen zum Erlebnis?

Ein Besuch muss zunächst einmal angenehm sein - einfaches und günstiges Parken, kurze Wege, hochwertige sanitäre Anlagen oder eine persönlich besetzte Kundeninformation sind ein Muss, ohne die man über weitere Angebote gar nicht nachdenken müsste. Das Erlebnis kommt dann durch vielfältige Events, eine Wohlfühlatmosphäre mit vielen Sitzgelegenheiten, moderne Food-Courts und Entertainment-Angebote wie eine Selfie-Foto-Box oder digitale Kinderspielflächen. Events spielen eine große Rolle, weil sie immer wieder Anreize für einen Center-Besuch setzen und oft ganze Familien begeistern.

Wie hat sich dabei die Rolle der Innenarchitektur verändert?

Die Innenarchitektur hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Hochwertige Materialien, ein detailliertes Farb- und Lichtkonzept sowie spektakuläre Raumeindrücke sind wichtige Faktoren für eine Wohlfühlatmosphäre.

Welche Rolle spielt der Mietermix?

Den richtigen Mietermix zu finden, ist die hohe Kunst beim Management eines Centers. Die Kunden möchten beides: Sie wünschen sich verlässlich ihre Lieblings-shops, wollen aber auch regelmäßig mit neuen Trends versorgt werden. Nach wie vor möchten wir mit den Mietern langfristig zusammenarbeiten und schließen daher in der Regel Verträge über zehn Jahre ab. Dennoch kommt es durch Verkleinerungen, Insolvenzen oder den Wechsel in der Geschäftsstrategie einiger Mieter gelegentlich zu Abgängen, wo wir dann die Flächen mit attraktiven neuen Konzepten belegen können. Apple, Primark oder Reserved sind gute Beispiele dafür. Da wir meist über 100 Flächen in einem Center haben, bietet sich oft die Gelegenheit für Neues. Außerdem haben wir immer die Möglichkeit, neue Ideen und Sortimente in Mall-Kiosken in der Ladenstraße zu testen.

Die Gastronomie scheint in Centern immer wichtiger zu werden. Warum?

Es gibt den allgemeinen Trend zu mehr Gastronomie - waren es früher immer rund fünf Prozent der Flächen, so nimmt die Gastronomie bei neuen Objekten heute eher zehn Prozent und mehr ein. Einige glauben, dass sich das auf bis zu 20 Prozent ausweiten wird. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Entwicklungen: Zum einen werden in vielen Centern große Food-Courts gebaut, die sich durch eine Vielzahl von Schnellrestaurants mit einem großen gemeinsamen Sitzbereich auszeichnen. Zum anderen steigt aber auch die Nachfrage nach gehobeneren Gastronomie-Konzepten mit eigenem Sitzbereich und Bedienung. Vielfach werden derartige Restaurants auch mit einem separaten Zugang im Erdgeschoss angesiedelt und haben dann über die normalen Geschäftszeiten des Centers hinaus geöffnet.

Wie ist Ihre Vision vom Einkaufen in der Zukunft?

Niemand weiß genau, wie das Einkaufen der Zukunft sein wird. Deswegen experimentieren wir in den Future Labs mit neuen Services und testen, was beim Kunden ankommt. Was sich in den drei Future-Lab-Centern in Hamburg, Essen und Istanbul bewährt, wird auch in anderen Centern ausgerollt. Bestes Beispiel ist die "Love-to-shop-App", die viele Angebote und Informationen vereint und über ein Bonussystem einen zusätzlichen Mehrwert bietet. Die Beacons nutzen wir zunächst testweise zur Analyse von Kundenströmen. Kleine, in der Mall verteilte Empfänger bekommen via Bluetooth mit, wenn Smartphones "vorbeikommen". Auch hier werden Daten nur anonymisiert genutzt. Mit den Beacons sind aber perspektivisch auch Push-Nachrichten für Kunden möglich, sodass sie zum Beispiel beim Betreten des Centers auf Events oder Angebote hingewiesen werden können. Durchgesetzt haben sich auch Facebook-Seiten, die 3-D-Wegeleitsysteme und die digitalen Spielplätze. Auch das kontaktlose Parken wird sicher irgendwann Standard werden.

Bekommen Ihre Center-Mitarbeiter bald digitale Kollegen?

Die Avatare sind bei den Kunden durchgefallen - sie möchten doch explizit die echten Menschen als Ansprechpartner. Schon jetzt helfen aber beispielsweise die 3-D-Wegeleitsysteme, bestimmte Sortimente und Läden im Center zu finden. Heute tippt man noch Begriffe ein, künftig wird es über Spracherkennung und -ausgabe vielleicht einfacher. Aber ob da dann auch zwingend ein Avatar zu sehen sein muss, kann ich heute nicht beurteilen.

Mangelt es noch an anderem wie Wlan, guten Center-Websites, die das Sortiment zeigen und Angebote machen?

Freies Wlan gehört in fast allen unseren Centern inzwischen zum Standard. Dazu kommen dann Kleinigkeiten wie Handy-Ladestationen oder USB-Buchsen im Foodcourt, die den Kunden das Leben erleichtern. Das Sortiment zu zeigen, ist derzeit die große technische Herausforderung und sehr von den Mietern abhängig. Wir bieten ja in unseren Apps bereits konkrete Angebote aus den Centern, diese werden jedoch noch manuell von den Mietern oder unseren "Store Scouts" eingegeben, die immer auf der Suche nach interessanten Produkten sind. Die Anzeige der Warenverfügbarkeit in der Center-App und auf den Center-Homepages wäre noch einmal ein riesiger Schritt nach vorn.

Wie viele Kunden wünschen sich diese Smartphone-Spielereien wirklich? Wünschen sich Menschen nicht eher Dinge, die bewusst nicht die digitale Welt berühren?

Das ist völlig richtig. Wenn wir es nicht schaffen, die typischen "Nervfaktoren" für die Kunden angenehm zu machen - also Parken, sanitäre Anlagen, Luftqualität oder Kundeninformation - dann nützen alle digitalen Innovationen nichts. Aber unter den Services der Future Labs sind ja viele, die genau hier ansetzen. Das "Easy to park"-Konzept ermöglicht es, auch bei Regen nicht mehr die Scheibe herunterlassen und die Parkkarte mühsam einstecken zu müssen - die Schranke hebt sich bei Ein- und Ausfahrt über eine RFID-Karte automatisch. Auch das lästige Kleingeldsuchen und Anstehen am Parkautomaten entfällt, weil die Gebühren automatisch abgebucht werden. Der "Car Finder" navigiert den Kunden aus dem Center wieder zu seinem Auto auf dem Parkdeck, wenn er beim Abstellen den QR-Code an der Parkhauswand gescannt hat.

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