Deutsche EU-Beamte im Kriseneinsatz:Die besten Männer für den Job

Zahlen, aber nicht mitbestimmen. Das ist das Klischee, wenn es um die Deutschen und internationale Organisationen geht. In der Krise aber setzt die EU ausnahmslos auf Experten und Beamte aus der Bundesrepublik. Die Nachbarn glauben, dass man hierzulande eines besonders gut kann: mit Geld umgehen.

Cerstin Gammelin, Brüssel

So ganz nebenbei führen die misslichen Verhältnisse in Europa gerade dazu, dass ein altbekanntes deutsches Klagelied umgeschrieben oder mindestens um eine Strophe erweitert werden muss.

Deutsche EU-Beamte im Kriseneinsatz: Horst Reichenbach war Beamter der EU-Kommission und Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Jetzt ist er Chef der "Task-Force Greece". In der Krise genießen deutsche Beamte besonderes Vertrauen.

Horst Reichenbach war Beamter der EU-Kommission und Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Jetzt ist er Chef der "Task-Force Greece". In der Krise genießen deutsche Beamte besonderes Vertrauen.

(Foto: AFP)

Wenn es um Europa gehe, da waren sich die Bürger vom Kap Arkona bis zur Zugspitze bisher einig, werde der deutsche Bürger gern zur Kasse gebeten. Aber an entscheidender Stelle mitbestimmen, das dürfe er nicht.

Ein Blick nach Brüssel zeigt, dass die Klagen nicht grundlos sind. Keines der europäischen Spitzenämter wird von einem Deutschen besetzt. Stattdessen lenken ein Portugiese, ein Belgier, ein Pole, ein Luxemburger und eine Britin die Geschicke, zumindest im Licht der Öffentlichkeit. International sieht es nicht besser aus. Als jüngst der Chefposten beim Weltwährungsfonds neu besetzt werden musste, konnte Berlin aus schlichtem Mangel an Personal keinen Kandidaten benennen, obwohl jeder Deutsche beste Chancen gehabt hätte. Wie gewohnt sprangen die französischen Nachbarn ein und präsentierten mit Christine Lagarde im Handumdrehen eine Kandidatin für den Posten, der viel Glanz verspricht.

Verglichen mit dem Beitrag, den Deutschland in den Weltwährungsfonds zahle, sei man beim Personal "unterrepräsentiert", räumte Berlin später ein. An anderer, freilich nicht gerade prestigeverdächtiger Stelle gelang es Berlin jetzt allerdings, den Mangel an deutschem Spitzenpersonal zu beseitigen. Sämtliche Führungspositionen, die Europa in den vergangenen Monaten vergab, um die griechische Krise zu lösen, wurden mit deutschen Beamten besetzt. Die Deutschen wurden gerufen, um das zu machen, was sie in den Augen ihrer europäischen Nachbarn am besten können: mit Geld umgehen. Verwaltungen aufbauen. Ordnung halten. "Es ist am besten, wenn wir den Deutschen unser Geld anvertrauen", sagte ein italienischer Diplomat ganz offen. Als klar war, dass die chaotischen Rettungsaktionen für klamme Euro-Länder nur mit einem ganz neuen Euro-Rettungsfonds zu beenden sind, wurde der frühere Top-Beamte Klaus Regling geholt, um diesen Fonds praktisch aus dem Nichts arbeitsfähig zu machen.

Und Regling hat gute Chancen, weiter aufzusteigen, schließlich soll der Rettungsfonds unter seinem Vorsitz zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden - nach dem Vorbild des internationalen Pendants in Washington. Als die Troika, also die Gruppe der Kreditgeber Griechenlands, Inspektoren suchte, die prüfen sollen, ob die Regierung in Athen wie versprochen spart und reformiert, setzte die EU-Kommission den Deutschen Matthias Mors an die Spitze ihrer Delegation. Ob Griechenland weitere Raten aus dem Rettungspaket erhält, hängt von seinem Gütesiegel ab.

Ebenfalls in Griechenland ist Horst Reichenbach. Er leitet die "Task-Force Greece". Sein Team bringt heimischen Beamten bei, elektronische Formulare auszufüllen, Fördermittel zu beantragen und Steuern einzutreiben. Reichenbach wiederum arbeitet eng mit Walter Radermacher zusammen, dem Chef des Europäischen Statistikamts Eurostat. Radermachers Leute prüfen, ob Athen exakte Daten nach Brüssel meldet - was lange nicht selbstverständlich war. Und bald könnte sich der nächste Deutsche zu dem Kleeblatt gesellen.

Werner Hoyer, bisher Staatsminister im Auswärtigen Amt, kandidiert für die Präsidentschaft der Europäischen Investitionsbank, jener Bank, die viele griechische Mittelständler finanziert. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass es der griechischen - und europäischen - Misere zu verdanken ist, dass ganz oben wieder mehr deutsch gesprochen wird.

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