Deutsche Bank:Moment der Schwäche

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Massiver Wertverlust der Bank, dazu ein Schwächeanfall - im Mai 2010 tritt Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ab. Wer wird ihm folgen? Darüber wird derzeit so viel spekuliert wie nie zuvor.

Martin Hesse

Es war offenbar nur ein kurzer Schwächeanfall, den Josef Ackermann am Mittwochabend erlitt. Nach einem Empfang in der Hauptstadt-Dependance der Deutschen Bank fühlte sich deren Chef plötzlich unwohl und ließ sich im Krankenhaus untersuchen. Schon am Donnerstag arbeitete Ackermann wieder, er selbst sprach von einem Warnschuss.

Josef Ackermann führt das größte deutsche Institut, die Deutsche Bank, noch bis Mai 2010 an - wer wird danach seinen Posten übernehmen? (Foto: Foto: ddp)

Enormer Druck

An einem Tag wie diesem gewinnt so eine Unpässlichkeit - Ackermann führte sie auf Sauerkraut und Würstchen zurück - überhöhte Bedeutung. Wenige Stunden zuvor hatte Ackermann eingeräumt, die Finanzkrise habe Schwächen in der Deutschen Bank aufgezeigt. 4,8 Milliarden Euro Verlust häufte sein Konzern im Schlussquartal an. Der Druck auf Ackermann ist enorm, auch weil er sich selbst immer mehr davon auferlegt. "Wir haben die Regierung nie um Hilfe gefragt und werden sie auch nicht fragen", sagte er mehrmals. Die Deutsche Bank sei die einzige globale Investmentbank, die weder die Unterstützung von Staatsfonds noch des Steuerzahlers in Anspruch genommen habe.

In Finanzkreisen heißt es, hinter diese Äußerungen könne er kaum zurück. "Wenn er doch noch Kapital beim Staat beantragen muss, droht ihm ein Gesichtsverlust", sagt ein Analyst. Zum ersten Mal seit dem Ende des Mannesmann-Prozesses vor zwei Jahren wird Ackermann als Chef der Bank in Frage gestellt. Leise noch, und vor allem im politischen Berlin, wo manch einer Ackermann gerne fallen sehen würde. Doch auch Banker glauben, die Nachfolgefrage könnte sich womöglich noch rascher stellen, als sie es ohnehin tun wird. Sehr früh hatte Ackermann erklärt, dass er mit Ende seines Vertrages im Mai 2010 abtreten werde. Er hat das seitdem immer wieder bekräftigt. Ohnehin wird also der Aufsichtsrat bereits in diesem Jahr einen Nachfolger aufbauen, nicht ohne Ackermann eng in die Überlegungen einzubeziehen.

Die K-Frage

Sollte Ackermann über die K-Frage, also den Mangel an Kapital, fallen, könnte sich rasch zeigen, dass die Deutsche Bank für ihn noch keinen natürlichen Nachfolger hat. Lange galt im erweiterten Führungsgremium Anshu Jain als der starke Mann. Der Co-Chef des Investmentbankings spielte mit dem Handelsgeschäft die höchsten Gewinne ein. Doch in der Finanzkrise ist sein Ruhm verblasst, plötzlich ist er der größte Verlustbringer. Der Inder Jain hat zudem einen Makel, den sein Co-Chef Michael Cohrs nicht hat: Er spricht kein Deutsch. Der Amerikaner Cohrs dagegen ist nicht nur der Sprache mächtig, er ist innerhalb des Investmentbankings auch für die stabileren Bereiche zuständig. Doch dürfte der Bedeutungsgewinn des Privatkundengeschäfts dafür sorgen, dass auch andere Namen hoch gehandelt werden, wenn die Nachfolgediskussion entbrennt.

Viele sähen gerne einen Deutschen an der Spitze, zumal der Heimatmarkt mit dem Einstieg bei der Postbank gewichtiger wird. Privatkundenchef Rainer Neske wird genannt, er ist jedoch der Jüngste in der Führung und dürfte es schwer haben, sich gegen die immer noch mächtigen Investmentbanker zu behaupten.

Dem Schweizer Risikochef Hugo Bänziger wiederum fehlt womöglich strategische Erfahrung. Der bisherige Leiter der Unternehmensstrategie, Axel Wieandt, übt zwar gerade als Leihgabe die Chef-Position bei der Krisenbank Hypo Real Estate. Ob er aber den Spitzenjob beim Weltkonzern Deutsche Bank ausfüllen könnte, gilt als fraglich. Ackermann hat also womöglich gar keine andere Wahl, als sein Versprechen einzuhalten: "Wir brauchen keine Hilfe vom Staat."

© SZ vom 16.01.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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