Deutsche Bank:Gespitzelt - "aber nicht systematisch"

Lesezeit: 2 min

Grenzen überschritten: In der Spitzelaffäre bei der Deutschen Bank hat das Unternehmen nun vier rechtlich bedenkliche Ausspähaktionen eingeräumt.

In der Spitzelaffäre bei der Deutschen Bank hat das Unternehmen vier rechtlich bedenkliche Ausspähaktionen eingeräumt. Von der Abteilung Konzernsicherheit beauftragte externe Dienstleister hätten möglicherweise gegen den Datenschutz oder den Schutz der Privatsphäre verstoßen, teilte die Bank am Mittwoch in Frankfurt mit.

Deutsche Bank: "Ein systematisches Fehlverhalten wurde nicht festgestellt." (Foto: Foto: dpa)

Ziel der Bespitzelungen waren demnach ein Aufsichtsrat, ein Vorstand, ein Journalist sowie ein kritischer Aktionär und eine Privatperson. Dabei handele es sich aber um isolierte Vorgänge, betonte die Deutsche Bank. "Ein systematisches Fehlverhalten wurde nicht festgestellt."

Es gebe außerdem keine Hinweise darauf, dass amtierende Vorstandsmitglieder in die Aktivitäten verwickelt oder darüber informiert worden seien. Die Deutsche Bank hatte die Daten-Affäre Ende Mai öffentlich gemacht. Eine Anwaltskanzlei, die im Auftrag der Deutschen Bank die Vorgänge bis zurück ins Jahr 1998 untersuchte, hat inzwischen ihren Abschlussbericht vorgelegt. Intern hat die Bank bereits Konsequenzen gezogen und sich nach eigenen Angaben von den Leitern der Abteilungen Konzernsicherheit für Deutschland und Investor Relations getrennt.

Die vier Fälle im Einzelnen:

- Fall 1: Betroffen waren im Jahr 2001 der Vertreter der Gewerkschaft ver.di im Aufsichtsrat, Gerald Herrmann, und ein Journalist. Laut Deutscher Bank, die keine Namen nannte, ging es darum, die Quelle für die Weitergabe vertraulicher Informationen zu finden. "Das damalige Mitglied des Aufsichtsrates wurde als mögliche Quelle der Indiskretionen angesehen. Die Nachforschungen erbrachten dafür keinen Beleg." Herrmann selbst hatte bestätigt, dass er von einer Detektei ausgespäht worden war. Die Deutsche Bank habe sich dafür bei ihm entschuldigt. Er war von 1998 bis 2003 Aufsichtsratsmitglied.

- Fall 2: Im Sommer 2006 wurde ein kritischer Aktionär beschattet, um das Motiv für seine zahlreichen gerichtlichen Klagen und einer möglichen Verbindung zu einem anderen oft klagenden Aktionär herauszufinden. Laut Medienberichten handelt es sich um den Rechtsanwalt Michael Bohndorf. Auf ihn seien unter anderem weibliche Lockvögel angesetzt worden. Ausgangspunkt für die Nachforschungen war laut Deutscher Bank ein Gespräch des Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Börsig und dem Leiter der Abteilung Investor Relations nach der Hauptversammlung 2006. Bei den Nachforschungen kam nichts über das Motiv des kritischen Aktionärs heraus.

- Fall 3: Nach Drohungen von einer nicht näher bezeichneten Privatperson sollte Ende 2006/Anfang 2007 ein Foto von dem Mann besorgt werden. Er hatte schriftlich damit gedroht, Aufsichtsräte und Vorstände zu Hause aufzusuchen. "Der Mann konnte nicht ausfindig gemacht werden", teilte die Deutsche Bank mit.

- Fall 4: Im Sommer 2007 war ein nicht namentlich genanntes Mitglied des Vorstandes von einer Aktion betroffen. Dabei habe es sich um eine Übung gehandelt, "mit dem Ziel, die Wirksamkeit der Personenschutzmaßnahmen für die Top-Manager der Bank zu testen und gegebenenfalls zu verbessern", erklärte die Bank.

Allen Fällen hätten "ursprünglich legitime Absichten" zugrunde gelegen, nämlich die Bank oder ihr Management vor Schaden zu bewahren, erklärte die Deutsche Bank. "Im Verlaufe ihrer Ausführung kam es dann jedoch zu den rechtlich bedenklichen Aktivitäten durch die beauftragten externen Dienstleister." Die Bank habe alle Betroffenen mit Ausnahme der Privatperson, deren Aufenthaltsort unbekannt sei, informiert und "ihr aufrichtiges Bedauern ausgedrückt". Ob die Aktionen strafrechtliche Folgen haben, ist noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt prüft wegen der Fälle 2 und 4 derzeit, ob sie ein Verfahren einleitet.

© sueddeutsche.de/dpa/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: