Designierter HVB-Chef Weimer:Der Draht nach Mailand

Theodor Weimer hat eine internationale Karriere als Unternehmensberater hinter sich - warum die Unicredit den Investmentbanker zum Chef der Hypo-Vereinsbank macht.

Thomas Fromm

Biographien neuer Manager sind oft aufschlussreicher als jede Pressekonferenz und jedes interne Strategiepapier, um zu erahnen, wo ein Unternehmen hin will. Das war schon beim früheren General-Electric-Manager Peter Löscher so, der im Sommer 2007 zu Siemens stieß. Wenn man sich anschaute, was der Österreicher so alles hinter sich hatte, wusste man, was Siemens noch bevorsteht.

Designierter HVB-Chef Weimer: Der neue HVB-Chef Theodor Weimer - verdrahtet mit der Bankenszene.

Der neue HVB-Chef Theodor Weimer - verdrahtet mit der Bankenszene.

(Foto: Foto: dpa)

Auch ein Blick auf die beruflichen Stationen des designierten Chefs der Hypo-Vereinsbank (HVB), Theodor Weimer, lohnt sich. Er war bei Goldman Sachs, Bain und McKinsey. Das Profil des Neuen ist damit klar umrissen: Weimer ist Investmentbanker und Unternehmensberater und hat in der Vergangenheit vor allem Finanzinstitute begleitet - egal ob bei Fusionen, Übernahmen oder Umstrukturierungen.

Unicredit-Chef Alessandro Profumo wird wissen, warum er Weimer an die Spitze seiner Tochter gesetzt hat. Längst ist der Standort München, ist die HVB, vor allem auch gleichzusetzen mit dem Investmentbanking-Geschäft der gesamten Unicredit-Gruppe. Die Sparte liefert einen großen Teil des Ergebnisses und soll nach dem Willen der Mailänder Konzernführung weiter ausgebaut werden. In die Arbeitsteilung zwischen Mailand und München passt er also perfekt.

Außerdem ist Weimer schon aufgrund seines Werdegangs jemand, der die Bankenszene kennt und in ihr verdrahtet ist. Unicredit dagegen will einen Statthalter in München, der über den Tellerrand des täglichen Kundengeschäfts hinausschaut und das große Ganze im Blick hat. Daher Weimer. Daher ein Investmentbanker.

Unicredit sorgt dabei vor:Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der deutsche Bankenmarkt in Bewegung kommt. Alles scheint zurzeit möglich: Die Postbank steht zum Verkauf; die Allianz sucht einen Käufer oder auch einen Partner für ihre Tochter Dresdner Bank.

Von großen Lösungen - etwa einer Fusion von Dresdner Bank und Commerzbank - bis hin zu kleinen Lösungen - zum Beispiel Kooperationen im Investmentbankinggeschäft - ist alles drin. Unicredit-Chef Profumo ist niemand, der sich von solchen Wellen überraschen - geschweige denn überrollen lässt. Bislang hat er aktiv mitgespielt - auf dem italienischen Heimatmarkt, in Osteuropa, in Deutschland.

Noch kommt aus Mailand die Ansage, Zukäufe der vergangenen Jahre erst einmal zu verdauen, bevor weitere Übernahmen gestemmt werden. Noch. Von einer Kaufpause von zwei Jahren ist die Rede. Ob dies so bleibt, wird von den Möglichkeiten abhängen. Zurzeit haben die Münchner mehr als sechs Milliarden Euro für Übernahmen in der Kasse. Irgendwann könnte es Weimer sein, der mit darüber zu entscheiden hat, wie dieses Geld investiert wird.

Natürlich, Weimer wird ein Vorstandssprecher für die gesamte HVB sein müssen. Für drei Millionen Kunden, an die 20000 Mitarbeiter, Hunderte von Filialen, für private Kunden und Mittelständler, für Reiche und für weniger Betuchte. Sein Hauptaugenmerk nach seinem Amtsantritt Anfang 2009 dürfte also darauf liegen, um Vertrauen in allen Winkeln des Hause zu werben - auch bei denjenigen, denen das Investmentgeschäft eher suspekt ist.

Weimer ist seit nicht mal einem Jahr bei der HVB. Und auch wenn er die Bank als Berater kennt, so fehlt ihm doch der Stallgeruch, den all seine Vorgänger hatten. Viele werden ihm das ankreiden - ändern werden sie nichts daran. Unicredit hält 95 Prozent der HVB-Aktien. Dass Entscheidungen in Mailand gefällt werden, braucht also niemanden zu überraschen. Bereits zum 1. Mai dieses Jahres soll das HVB-Führungsgremium von zehn auf sechs Vorstände verkleinert werden, ein Indiz dafür, dass künftig wohl noch mehr Zuständigkeiten von München aus in die Mailänder Zentrale wandern.

Ein Blick in die Biographien zweier Manager zeigt übrigens: Nicht nur Weimer war bei Bain und McKinsey in Lohn und Brot - auch Unicredit-Chef Profumo. Zumindest im Geiste dürfte der ihm also näher stehen als die meisten seiner Kollegen in München.

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