Der Fall Sarrazin:Das Bundesbank-Schützenfest

Nach dem Fall Sarrazin sollten die Länder nur noch die Besten nach Frankfurt schicken. Bislang heißt die Devise bei der Besetzung des Bundesbank-Vorstands: Reihum dürfen alle mal schießen.

Ulrich Schäfer

Eigentlich darf sich über Thilo Sarrazin und sein unsägliches Interview, in dem er die in Berlin lebenden Ausländer beschimpft und beleidigt hat, niemand wundern. Dass Sarrazin zu solchen Ausfällen neigt, war den Landesregierungen in Berlin und Brandenburg bekannt, die ihn im Frühjahr als Bundesbank-Vorstand auserkoren haben.

Es war auch den anderen Ländern bekannt, die im Bundesrat zugestimmt haben. Dennoch haben alle die Hand gehoben, dennoch hat niemand das absonderliche Verfahren hinterfragt, nach dem die Länder die Hälfte aller Bundesbank-Vorstände nominieren.

Es geht bei diesem Verfahren zu wie bei einem schlechten Schützenfest: Reihum dürfen alle mal schießen. Deshalb werden nicht die Besten und Fähigsten der Republik nach Frankfurt geschickt, sondern jene, die einem bestimmten Ministerpräsidenten gerade passen.

Experte in Währungsfragen

So wurde Thilo Sarrazin in Berlin entsorgt, der sich in Währungsfragen fraglos auskennt, aber als Finanzsenator vielen auf die Nerven gegangen war. Jeder hätte wissen können: Wer Sarrazin in den Bundesbank-Vorstand schickt, könnte genauso gut auch Hape Kerkeling zum Bundesverfassungsrichter ernennen.

Auch ein gewisser Rudolf Böhmler hat im Frühjahr beim Bundesbank-Schützenfest gewonnen. Er hat in Göppingen mal das Ordnungsamt geleitet und später die Staatskanzlei des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger. Ausgeprägte Vorkenntnisse in Bank- und Währungsfragen sind nicht bekannt. Immerhin gibt Böhmler keine Interviews. Die Lehre aus dem Fall Sarrazin lautet daher: Künftig sollten die Länder nur die Besten nach Frankfurt schicken - oder verzichten.

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