Debatte um den Euro:Fatales Geschnatter

Die Bundesregierung hält die Euro-Debatte für gefährlich. Die "Dauerschnatterei" der EU-Länder über Ausweitung des Rettungsschirms schade der Gemeinschaftswährung.

Cerstin Gammelin, Helga Einecke und Claus Hulverscheidt

Die seit Wochen anhaltende Debatte über eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms gefährdet nach Ansicht der Bundesregierung die Stabilität der gemeinsamen Währung. Unmittelbar vor Beginn eines Finanzministertreffens in Brüssel hieß es am Montag in Berliner Regierungskreisen, wenn die EU- Staaten dem Euro wirklich helfen wollten, müssten sie ihre "Dauerschnatterei" beenden. Ähnlich, wenn auch ein wenig diplomatischer, äußerte sich Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans: "Je einiger Europa auftritt, desto besser ist es für die Stabilität des Euro", sagte er. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte es sowohl ab, das Hilfsprogramm aufzustocken als auch gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder auszugeben.

Debatte um den Euro: Die Gemeinschaftswährung steht seit Monaten unter Beschuss, weil die Finanzmärkte an der Zahlungsfähigkeit mehrerer EU-Staaten zweifeln.

Die Gemeinschaftswährung steht seit Monaten unter Beschuss, weil die Finanzmärkte an der Zahlungsfähigkeit mehrerer EU-Staaten zweifeln.

(Foto: AP)

Die Gemeinschaftswährung steht seit Monaten unter Beschuss, weil die Finanzmärkte an der Zahlungsfähigkeit mehrerer EU-Staaten zweifeln. Griechenland und Irland mussten deshalb bereits Hilfen der Euro-Partner und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen. Da der Druck auf Länder wie Portugal, Spanien und Belgien dennoch anhält, wird seit Tagen darüber diskutiert, den Rettungsschirm auszuweiten. Zu den Befürwortern zählt auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, der an dem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag teilnehmen wollte. Der Währungsfonds steuert bisher 250 Milliarden Euro zu dem Hilfspaket bei, das insgesamt 750 Milliarden Euro umfasst.

Höhere Zinskosten befürchtet

Luxemburgs Premierminister Jean- Claude Juncker und der italienische Finanzminister Giulio Tremonti sprachen sich zudem dafür aus, dass die Euro-Länder ihre Haushaltslöcher künftig zu einem großen Teil über den Verkauf gemeinsamer Staatsanleihen stopfen sollten. Auf die Bundesregierung kämen damit erheblich höhere Zinskosten zu, weil die Bonität Deutschlands mit der geringeren Kreditwürdigkeit anderer Staaten vermengt würde. Entsprechend deutlich wies Merkel den Vorschlag am Montag zurück. Sogenannte Euro-Bonds bestraften diejenigen Länder, die sich erfolgreich um mehr Wettbewerbsfähigkeit bemüht hätten, sagte sie. Im Übrigen seien solche Anleihen nach den europäischen Verträgen gar nicht zulässig.

Auch der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, und der niederländische Finanzminister Kees de Jager lehnten die Idee strikt ab. "Jeder Staat muss für seine eigenen Schulden haften", sagte Stark der Süddeutschen Zeitung. Nicht der Euro stecke in der Krise, sondern die Staatsfinanzen einiger Länder. Die EZB erwarte deshalb von den Regierungen, dass sie ihre gemeinsamen Haushaltsregeln noch einmal überarbeiteten. Defizitsünder könnten nur durch automatische Strafen unter Druck gesetzt werden. Ohne konkrete Entscheidungen der Regierungen werde die Krise weiterschwelen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, er könne sich vorstellen, die Haushaltspolitik in Europa enger zu verzahnen. Einzelheiten nannte er jedoch nicht.

Aus diplomatischen Kreisen in Brüssel verlautete, Europa gerate in der Diskussion um eine stabile Währung auch international zunehmend in eine "unangenehme Situation". So forderten beispielsweise die USA mehr Engagement von den Euro-Staaten. Dagegen erklärten Vertreter der französischen und der deutschen Regierung in Brüssel übereinstimmend, für Veränderungen am Rettungsschirm bestehe derzeit "keine Notwendigkeit".

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