Datenklau in Liechtenstein:Steuersünder wollen Bank verklagen

Mehrere wegen dubioser Geldanlagen in Liechtenstein aufgeflogene deutsche Steuersünder bereiten Schadenersatzklagen gegen die Fürstenbank LGT vor - weil sie nicht über den Diebstahl ihrer Daten informiert wurden.

Uwe Ritzer, München/Vaduz

"Einige sind dazu wild entschlossen", sagte der Vaduzer Rechtsanwalt und frühere Justizminister des Fürstentums, Heinz Frommelt, der Süddeutschen Zeitung. Frommelt hat nach eigenen Angaben allein "ein knappes Dutzend" meist sehr konkreter Anfragen deutscher Rechtsanwälte erhalten, gegen deren Mandanten hierzulande wegen Steuerdelikten ermittelt wird. Die Juristen seien dabei, die Rechtslage und die Erfolgsaussichten für Schadenersatzklagen in Liechtenstein ausloten und diese vorzubereiten. Momentan empfehlen sie Frommelt zufolge ihren Mandaten allerdings noch Zurückhaltung und raten ihnen, zunächst ihre Probleme mit dem deutschen Fiskus zu lösen.

Datenklau in Liechtenstein: Fürstenbank LGT: Steuersünder wollen Bank verklagen

Fürstenbank LGT: Steuersünder wollen Bank verklagen

(Foto: Foto: AP)

"Die Frustration über das Verhalten der LGT und in einigen Fällen offenbar sogar die Wut mancher Anleger, scheinen aber sehr groß zu sein," schließt Frommelt aus den Gesprächen. Die Betroffenen werfen der Bank des Liechtensteiner Fürstenhauses vor, sie nicht umgehend über den Diebstahl ihrer Kundendaten durch einen Angestellten der Vaduzer LGT Treuhand im Jahr 2002 informiert zu haben. Der besagte Mitarbeiter namens Heinrich Kieber hatte sich mit umfangreichem Material aus dem Staub gemacht und die deutsche Anleger betreffenden Daten später dem Bundesnachrichtendienst verkauft.

Staatsanwaltschaft und Finanzbehörden hegen gegen 770 gut betuchte Bundesbürger den Verdacht, mit Hilfe von Privatstiftungen und anderer anonymer Liechtensteiner Anlagekonstrukte Geld dem Fiskus vorenthalten zu haben. Der bislang prominenteste Fall ist Ex-Postchef Klaus Zumwinkel. Als erster Steuerstraftäter wurde am Freitag ein Immobilienmakler aus Bad Homburg zu einer Bewährungsstrafe und 7,5 Millionen Euro Geldauflage verurteilt. "Viele Kunden sind geschockt darüber, wie bei der LGT der Datenklau abgelaufen ist, und welche Unvorsichtigkeiten im Umgang mit Kundendaten dort geherrscht haben müssen", sagt Anwalt Frommelt. Aus dem Konflikt ergibt sich eine interessante juristische Frage: Kann jemand, der Steuern hinterzogen hat, später einen Schaden geltend machen, weil er zahlen muss, was ohnehin seinem Staat zusteht?

Neue Rechtslage

Nein, urteilte der Oberste Gerichtshof Liechtensteins 2005 und wies in letzter Instanz eine Schadensersatzklage des ehemaligen Springreiters Paul Schockemöhle zurück. Dieser hatte in den neunziger Jahren mit Hilfe des Vaduzer Treuhänders Herbert Batliner Millionen vor dem deutschen Finanzamt in Liechtenstein versteckt. Der Fall flog auf, als ein Mitarbeiter Batliners Schockemöhles Daten dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zuspielte. Der ehemalige Spitzensportler wurde zu elf Monaten Haft auf Bewährung und zur Zahlung von elf Millionen Euro verurteilt. Er verklagte Batliner vergeblich auf Schadensersatz mit dem Argument, er hätte ihn über den Datenklau informieren müssen.

Doch Juristen wie Frommelt oder der Stuttgarter Steuerstrafverteidiger Peter Müller sagen, der Fall Schockemöhle sei auf die aktuelle Steueraffäre nicht ohne weiteres übertragbar. Denn zwischen Kiebers Datenklau 2002 und dem Beginn der aktuellen Steueraffäre im Februar diesen Jahres lag 2004 die Steueramnestie in Deutschland.

Hätten die betroffenen LGT-Anleger zu diesem Zeitpunkt gewusst, dass Kieber ihre Daten gestohlen hat, hätten sie von der Amnestie Gebrauch gemacht, argumentieren die Juristen. Die LGT habe ihre Kunden jedoch in dem Glauben gelassen, ihr Anlagevermögen sei weiterhin vor dem Zugriff des Staates sicher. Daraus ergebe sich eine Ersatzpflicht für die Differenz zwischen der Amnestiepauschale, welche die Steuersünder 2004 dem deutschen Fiskus hätten zahlen müssen, zum nunmehr von Justiz und Finanzbehörden geltend gemachten Betrag.

Sollte es nun zu Schadensersatzverfahren kommen, hätten diese allerdings enorme politische Brisanz. Würde tatsächlich ein Liechtensteiner Gericht ein Urteil gegen eine Bank fällen, die der Familie des Landesfürsten gehört? Dieser ernennt nicht nur sämtliche Richter des Landes, sondern kann sogar selbst rechtskräftige Urteile abmildern und Untersuchungen niederschlagen. Anwälte deutscher Steuersünder suchen bereits nach Wegen, um die LGT nicht in Liechtenstein verklagen zu müssen.

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