Commerzbank: Milliardenplatzierung:Anleger pfeifen auf Warnungen

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Als sei es ein Klacks: Die Commerzbank befreit sich von ihrem Staatsanteil müheloser als gedacht - im ersten Schritt sammelte sie überraschend viel Geld ein. Dabei raten die meisten Experten vom Einstieg bei der Commerzbank ab.

Paul Katzenberger

Es ist ein großer Schritt nach vorne für die Commerzbank: Das teilverstaatlichte Institut kommt bei seiner Mega-Kapitalerhöhung, mit der es sich teilweise vom Staatstropf lösen will, gut voran.

Bei der Platzierung einer Wandelanleihe sammelte Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus am Markt 4,3 Milliarden Euro ein, wie die Kreditinstitut mitteilte. Der erste Schritt der in der vergangenen Woche angekündigten Kapitalerhöhung von insgesamt elf Milliarden Euro ist der Commerzbank damit überraschend gut gelungen.

Das Institut hatte Anfang April mitgeteilt, durch den Verkauf der Anleihe lediglich zwischen 2,6 und 3,4 Milliarden Euro einnehmen zu wollen.

Dieses Ziel hat die Commerzbank nun deutlich übertroffen, indem sie gut eine Milliarde Titel zum Preis von 4,25 Euro pro Stück los wurde. Die Papiere sollen nach der vorgezogenen Hauptversammlung am 6. Mai automatisch im Verhältnis 1:1 in Aktien umgetauscht werden. Interessant war, dass nur 22 Prozent der bisherigen Aktionäre ihr Recht in Anspruch nahmen, für jede ihrer Aktien eine solche Anleihe zu zeichnen. Die restlichen Papieren kauften neue Anteilseigner, die sich damit zusätzliche Bezugsrechte für die nächste Kapitalerhöhung sichern konnten.

Trotz dieses Erfolges empfehlen die meisten Finanzinstitute ihren Anlegern derzeit keinen raschen Einstieg bei Commerzbank-Aktien, die im vergangenen August noch bei knapp acht Euro notierten und seither auf 4,63 Euro fielen. Damit notierte das Papier am Donnerstag mit einem Abschlag von 1,6 Prozent.

Beispielsweise rät das japanische Bankhaus Nomura den Investoren zur Geduld. Anleger, die nicht an der neuen Emission partizipierten, entgehe keineswegs eine günstige Kaufgelegenheit, schrieb Nomura-Analyst Chintan Joshi in seiner aktuellen Studie zur Commerzbank.

Verdreifachung der Aktienanzahl

Denn im weiteren Jahresverlauf könnten sich noch günstigere Einstiegsmöglichkeiten ergeben, nämlich den zweiten Schritt der Kapitalerhöhung sowie der Verkauf der Commerzbank-Beteiligung durch den Bankenrettungsfonds Soffin. Wegen dieses potenziellen Aktienüberhanges sehe er bei den Commerzbank-Titeln in der nächsten Zeit keine größere Kursbewegung nach oben schreibt Joshi weiter.

Christian Hamann von der Hamburger Sparkasse rät den Anlegern sogar zum Verkauf des Titels. Der Grund sei offensichtlich: "Die extreme Kapitalverwässerung, zu der es jetzt kommt, begrenzt das Kurspotenzial", sagte Hamann zu sueddeutsche.de. Auf Grund der angekündigten Maßnahmen werde es immerhin wohl zu einer Verdreifachung der Aktienanzahl kommen.

Die Kapitalwerte des Institutes verteilen sich dann drei Mal so viele Anteilseigner - jeder Anteilsschein steht in der Folge für einen entsprechend niedrigeren Wert. Zu ähnlich skeptischen Einschätzungen bezüglich der Commerzbank-Aktie kommen daher die Société Générale, die WestLB und die Citigroup.

Zu den wenigen Experten, die derzeit zum Kauf des Titels raten, zählt Manfred Jakob von der SEB, der sein Kursziel für das Papier auf 6,70 Euro gestellt hat. Die erfolgreiche Platzierung der Pflichtumtauschanleihe bei vielen neuen Investoren belege, dass die Commerzbank frisches Kapital anziehe. "Die Verwässerungseffekte drücken zwar im laufenden Jahr auf den Gewinn pro Aktie, doch schon für 2012 ist mit einer deutlichen Erhöhung des operativen Ertrags zu rechnen", so Jakob zu sueddeutsche.de. Wer jetzt wegen der Verwässerungseffekte zögere, komme schließlich gegebenenfalls zu spät.

Staat soll bis 2014 aussteigen

Die Bewertung der kommenden Verwässerungseffekte ist unter den Experten also umstritten, doch klar ist, dass die geplante Kapitalerhöhung gewaltig ist: Insgesamt sollen bis Mitte Juni 14,3 Milliarden Euro der noch 16,2 Milliarden Euro schweren Stillen Einlage des Bankenrettungsfonds Soffin zurückgezahlt werden.

Mit der Stillen Einlage stützte der Soffin Ende 2008 und Anfang 2009 die Bank, die sich mit der Übernahme der Dresdner Bank während der Finanzkrise überhoben hatte. Bis spätestens 2014 sollen die vom Staat als Einlage erhaltenen Steuergelder komplett getilgt sein. Der Staat bleibt aber vorerst mit etwas mehr als einem Viertel an der Bank beteiligt.

Die Rückzahlung der Stillen Einlage soll auch zu einem kleinen Teil aus eigenen Mitteln gestemmt werden. Mit elf Milliarden Euro will die Bank jedoch den Löwenanteil von ihren bisherigen Anteilseignern und neuen Investoren bekommen. 2,75 Milliarden Euro davon trägt der Staat, um seine 25,1-prozentige Beteiligung zu behalten und dadurch weiter hohen Einfluss auf die Geschäftspolitik der Bank zu haben.

Die restlichen rund 8,25 Milliarden Euro will sich die Commerzbank von institutionellen und privaten Anlegern holen. Mit den durch den Verkauf der Wandelanleihe erlösten 4,3 Milliarden Euro hat die Bank damit schon etwas mehr als die Hälfte davon in der Tasche.

Banken garantieren Kapitalzufluss

Vorgeschaltet wurde die Wandelanleihe, weil die Aktionäre der Kapitalerhöhung bei der vorgezogenen Hauptversammlung am 6. Mai erst noch zustimmen müssen.

Danach wird es richtig spannend für die Aktionäre, da die teilverstaatlichte Bank ab diesem Zeitpunkt die Details der weiteren Schritte bekanntgeben muss. Die wichtigsten Fragen hierbei sind, wie viele neue Aktien zu welchem Bezugspreis die Bank ausgeben muss, um auf die insgesamt elf Milliarden Euro zu kommen.

Daran wird sich bemessen, wie sehr sich die Anteile der Altaktionäre verwässern. Je weniger Aktien die Bank ausgeben muss, desto besser. Gesichert ist, dass die Bank das Geld zusammenbekommt. Dafür garantieren die begleitenden Banken, zu denen etwa auch mit der Deutschen Bank der Erzrivale der Commerzbank gehört.

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