Commerzbank:In Geiselhaft genommen

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Die Bilanz von Commerzbank-Chef Martin Blessing ist verheerend. Jetzt tragen Politiker und Bürger die Risiken des Finanzinstituts.

Martin Hesse

Man kann Martin Blessing nur alles Gute wünschen. Nicht nur die Aktionäre, auch die Steuerzahler müssten eigentlich beten, dass es dem Commerzbankchef gelingt, das Kreditinstitut bald zu sanieren.

Die schwierige Situation der Commerzbank könnte die Steuerzahler auf vielfältige Art und Weise treffen (Foto: Foto: Reuters)

Ein Jahr ist Blessing im Amt und seine Bilanz ist bisher verheerend. Ihrem Unmut machten die Aktionäre am Freitag bei der Hauptversammlung Luft. Sie haben mehr als drei Viertel ihrer Ersparnisse verloren.

Und die Steuerzahler stehen als neue Anteilseigner und Kreditbürgen mit mehr als 18 Milliarden Euro im Risiko. Doch das ist nicht alles: Die schwierige Situation der Commerzbank könnte die Steuerzahler auf vielfältige Art und Weise treffen, da die Gefahr besteht, dass der Bund das Institut für politische Zwecke missbraucht.

Blessing hat den Kern des Problems selbst benannt. Die Commerzbank sei für die deutsche Volkswirtschaft bedeutender als jede andere Bank, weil sie den größten Kreditanteil habe.

Wo es brennt, ist die Bank dabei

Tatsächlich haben Commerzbank und Dresdner Bank gemeinsam wohl mehr Kredite an deutsche Firmen vergeben, als jedes andere Institut. In der schweren Rezession, in der Deutschland steckt, ist das ein enormes Risiko für die Commerzbank - und damit für die Steuerzahler.

Überall wo es brennt, ist die Bank dabei - von Opel über Merckle bis zu Schaeffler. Zwar weisen Management und Bundesregierung die Möglichkeit politischer Einflussnahme weit von sich.

Doch wie würde die Regierung reagieren, bekäme Schaeffler kein Geld mehr von der Commerzbank? Könnte das Institut sich verweigern, wenn der Bund auf Überbrückungskredite für Opel und andere angeschlagene Firmen dringt?

Und kann die Regierung Commerzbank-Kunden Bürgschaften verweigern? Sie weiß ja: Jeder große Kreditausfall bei der Commerzbank erhöht die Gefahr, dass der Staat ihr erneut mit Geld helfen muss.

Blessing hat Politik und Bürger als Geiseln genommen. Vielleicht nicht vorsätzlich. Doch die Interessenkonflikte, in die der Bund als Aktionär auf der einen und als Verwalter von Steuergeldern auf der anderen gerät, bergen Gefahren. Allein der Verdacht, dass die Commerzbank zum Instrument der Politik werden könnte, ist schädlich.

Er könnte private Kapitalgeber auf Jahre abschrecken. Ohnehin wird es für Blessing schwer sein, Vertrauen und Geld der Anleger zurückzugewinnen, muss doch die Bank vermutlich viele Jahre lang zunächst die stillen Einlagen des Staates bedienen und dann abstottern. Und erst einmal drohen ohnehin weitere Verluste.

© SZ vom 16.05.2009/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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