Commerzbank:Verzweiflung am Automaten

Wochenlang ohne Bargeld: Die Kunden leiden unter dem Zusammenschluss von Dresdner und Commerzbank. Nach einer Systemumstellung bekommen manche von ihnen am Geldautomaten keine Euros - sondern nur Fehlermeldungen.

Harald Freiberger, Frankfurt

Der Münchner Dominik Schott erschrak, als er sich am Donnerstag nach Ostern an einem Automaten der Commerzbank Bargeld besorgen wollte. "Tages/Wochenlimit überschritten" zeigte das Display an, Geld kam keines heraus. Ein Mitarbeiter der Bank konnte sich das auch nicht erklären, aber er versprach, das Tageslimit zu erhöhen. Am nächsten Tag versuchte es Schott noch einmal, doch die Diagnose war noch niederschmetternder für ihn. Diesmal zeigte das Display an: "Konto verfügt nicht über erforderliche Deckung."

"Das konnte nicht sein, weil ich auf mein Geschäftskonto einen Kontokorrentkreditrahmen von 20.000 Euro eingeräumt bekommen habe", erzählt der freie TV-Journalist. Sein Konto aber sei allenfalls leicht im Minus gewesen. Er schrieb eine E-Mail an den Filialleiter der Bank, in der er bat, das Problem schnellstmöglich in Ordnung zu bringen. "Wenn ich mich bei so alltäglichen Funktionen wie Geldabheben nicht auf meine Bank verlassen kann, ist dies nicht vertrauensförderlich", monierte er.

Umgehend kam eine Mail zurück, dass man sich kümmern werde. Auch eine Erklärung hatte der Filialleiter: "Aktuell kommt es zu Problemen in der von Ihnen beschriebenen Art bei Kunden mit einem sogenannten Mischlimit", schrieb er. Schott hatte vor Jahren bei der Dresdner Bank ein Konto einrichten lassen, das sich in Unterkonten aufteilen lässt. Das kann für Selbständige praktisch sein, weil sie dann Privates von Geschäftlichem besser trennen können. Das Angebot der Dresdner Bank lautete, dass alle Unterkonten zusammengezählt werden und der Kontokorrent für den Saldo gilt. Wenn er also auf einem Konto im Minus war und auf dem anderen im Plus, konnte er trotzdem Kredit bis zum Limit bekommen, weil die Konten unterm Strich ja ausreichend gedeckt waren.

Soweit die Theorie. In der Praxis aber führte die Commerzbank über Ostern das System der 2008 übernommenen Dresdner Bank mit der eigenen EDV zusammen. Ein Mammutprojekt, bei dem Milliarden von Daten übertragen wurden. Dabei übersahen die Experten offensichtlich das Thema Mischlimit. Nach Ostern jedenfalls erkannte das umgestellte System die Besonderheiten von Schotts Kontogestaltung nicht mehr. Ein Bankmitarbeiter erklärte es ihm so, dass die EDV bei einem Unterkonto, das er gar nicht nutzte, den Kreditrahmen von 20.000 Euro vermerkt hatte. Auf dem anderen Konto, bei dem er leicht im Minus war, stand dagegen ein Rahmen von null Euro. Daher reagierte das System allergisch auf den Geldwunsch des Kunden.

Als das Problem nach einigen Tagen immer noch nicht beseitigt war, ging Schott in die Filiale. Dort versprach man ihm, es bis zum 6. Mai aus der Welt zu schaffen. Am 7. Mai bekam Schott aber immer noch kein Geld vom Automaten und auch in den folgenden Tagen nicht. Mehr als drei Wochen vergingen, erst an diesem Dienstag, den 17. Mai, bekam Schott die Mitteilung, dass das Limit nun korrekt ins System eingepflegt sei. "Wenn ich nicht ein zweites Konto bei einer anderen Bank hätte, hätte ich Freunde um Geld anbetteln müssen", sagt er.

Warum es mehr als drei Wochen dauert, bis das Problem behoben war, konnte Schott niemand erklären. Ein Sprecher der Bank in der Frankfurter Zentrale spricht von "wenigen Einzelfällen, für die wir eine Lösung erarbeitet haben". Schott aber ist mit seiner Geduld am Ende. "Wenn zwei Banken einen Zusammenschluss technisch nicht zustande bekommen, wie soll ich das Vertrauen haben, dass dieselben Banken etwas Sensibles wie Geldgeschäfte oder Kontenverwaltung im Griff haben?", fragt er.

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