China: Muskelspiele mit den USA:Geithner, bitte antreten!

Welche ist die mächtigste Nation der Welt? Neue Depeschen von Wikileaks belegen, was für ein leichtes Spiel China mit den USA hat. Etwa, wenn Finanzminister Geithner im Auftrag der Chinesen ran muss.

Auf den ersten Blick gilt noch immer: Die USA haben das Sagen in der Welt. Aber China ist Amerikas größter Geldgeber - das Land finanziert das enorme Defizit der Vereinigten Staaten. Und wie überall gilt: Wer Geld gibt, will mitbestimmen. Das bekommen die USA mittlerweile deutlich zu spüren, wie vertrauliche Botschaftsdepeschen belegen, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht wurden.

The national flags of the U.S. and China wave in front of an international hotel in Beijing

China und die USA - zwei Länder, die aufeinander angewiesen sind.

(Foto: REUTERS)

In der Finanzkrise lief es nicht gut für die Chinesen. Wie andere Investoren auch verloren sie viel Geld mit ihren Engagements in den Vereinigten Staaten, etwa bei Lehman Brothers oder bei dem Geldmarktfonds Primary Reserve Fund, der aufgrund der Lehman-Krise in Schwierigkeiten geriet.

Die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente belegen, dass die verheerenden Verluste für die Chinesen eine aufgeregte Pendeldiplomatie mit einer Reihe von Beschwichtigungsbesuchen aus dem US-Finanzministerium nach sich zogen.

In einem Fall habe ein mächtiger Fondsmanager US-Finanzminister Timothy Geithner gleich direkt darum gebeten, ihm einen Gefallen zu tun: Im Juni 2009 traf sich offenbar der Chef von Chinas mächtigem Staatsfonds mit Geithner und forderte ihn auf, bei den Aufsichtsbehörden der US-Notenbank Fed Druck zu machen. Auf diese Weise sollte die Genehmigung für ein Investment von 1,2 Milliarden Dollar bei Morgan Stanley beschleunigt werden, heißt es in den Depeschen, die der Nachrichtenagentur Reuters zugespielt wurden.

In den Dokumenten gibt es den Angaben zufolge zwar keinen Hinweis darauf, dass Geithner sich dem Druck beugte und tätig wurde, doch schon einen Tag später wurde der Einstieg Chinas bei Morgan Stanley offiziell gemacht.

Gegenseitige Abhängigkeit

Die zwei Adressaten der Depeschen im Finanzministerium, der stellvertretende Abteilungsleiter für Asien, Robert Dohner, und der stellvertrende Abteilungsleiter für Internationale Geld- und Finanzpolitik, Mark Sobel, hätten sich zum Inhalt der Depeschen nicht äußern wollen, schreibt Reuters.. Auch das Außenministerium habe geschwiegen.

Doch klar ist: China hat einen enormen Einfluss, denn mit dem Kauf der US-Staatsanleihen finanziert das Land den Betrieb der Vereinigten Staaten. Andererseits importieren die Amerikaner so viele Produkte aus China wie kein anderer Staat weltweit und exportieren vergleichsweise wenig nach China. So ist das Defizit im vergangenen Jahr mittlerweile auf 273 Milliarden Dollar gestiegen. Beide Länder sind also aufeinander angewiesen.

Doch die Depeschen legen nahe, dass der Investor in Peking mit seinen gigantischen Beständen an US-T-Bonds mittlerweile einen mächtigen Hebel hat, um die eigenen Ziele durchzudrücken.

Dies belegt den Depeschen zufolge ein weiteres Beispiel: In einem der Botschaftsschreiben wird ein chinesischer Manager zitiert, der Probleme wegen amerikanischen Waffenverkäufen andeutet.

USA sind sich dem chinesischen Investor recht sicher

Das Thema sei im Oktober 2008 während eines Treffens des amerikanischen Finanzattachés mit Liu Jiahua hochgekocht, der als stellvertretender Direktor die chinesischen Währungsreserven mitverwaltet. "Liu beobachtete, dass die jüngsten US-Ankündigungen über weitere Waffenverkäufe nach Taiwan die chinesische Regierung dabei behinderten, der chinesischen Öffentlichkeit die Unterstützung für die USA zu erklären", heißt es in einer der Mitteilungen.

Die Schreiben der Botschaften belegten aber auch die Zuversicht der Amerikaner, dass China die Käufe von T-Bonds nicht ohne Weiteres einstellen wird. Die Gefahr eines chinesischen Rückzugs werde darin allerdings ebenfalls deutlich: Als im Frühling 2009 die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern besonders angespannt waren, fiel Chinas Bestand an US-Anleihen auf 764 Milliarden Dollar - von zuvor circa 900 Milliarden Dollar. Als sich im Sommer darauf die Lage wieder beruhigte, stieg er auf einen neuen Rekord: 940 Milliarden Dollar.

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