Burger King:Haute Cuisine im Schnellrestaurant

Anspruchsvolle Kochkust im Schnellimbiss: Burger King poliert sein Image auf und verkauft bald Edel-Whopper für mehr als 100 Euro. Was verrückt klingt, hat Kalkül.

Catherine Hoffmann

Ernährungskrise hin und Finanzkrise her. Wer freut sich nicht über einen saftigen Burger - sehr groß, sehr edel und sehr teuer. Die Fastfood-Kette Burger King bietet ab Frühsommer in Londen einen Fleischklops Deluxe an - voraussichtlich für 85 Britische Pfund (107 Euro). Dies wäre der teuerste Burger im Königreich - ein wenig dekadent vielleicht, aber warum nicht? Schließlich kommt die Allianz aus Aldi und Gucci, billig und nobel, beim Kunden an.

Burger King: Konkurrenz des Whoppers:Das Londoner Kaufhaus Selfridges verkauft ein Sandwich dieser Art für 85 Pfund.

Konkurrenz des Whoppers:Das Londoner Kaufhaus Selfridges verkauft ein Sandwich dieser Art für 85 Pfund.

(Foto: Foto: dpa)

Zurzeit experimentieren Köche des Schnellrestaurants noch mit den Zutaten: "Wagyu"-Rindfleisch soll drin sein, bestätigte ein Sprecher des Unternehmens. So heißt in Amerika und Europa angebotenes "Kobe"-Beef. Das exklusive Hausrind aus Japan will jeden Tag gewaschen, massiert und mit Sake eingerieben werden. In Deutschland gezüchtetes Wagyu-Fleisches kostet rund 200 Euro je Kilo. Aber damit nicht genug. In der Versuchsküche von Burger King wird noch die passenden Garnitur gesucht: Trüffeln, seltener Blauschimmelkäse oder Foie gras sind im Gespräch - statt Ketchup und Schmelzkäse. Nur nicht bescheiden sein, lieber protzen! "Wir fühlen uns verpflichtet, unseren Kunden die beste Qualität für jeden Geldbeutel zu bieten", kommentiert ein Sprecher des amerikanischen Unternehmens die ungewöhnlichen Pläne.

Als Premiummarke positionieren

Haute Cuisine im Schnellrestaurant? Die Idee von einem Burger, den kaum jemand kaufen wird, ist nicht so grotesk wie es aussieht. Mit dem Edelburger will sich das Unternehmen als Premiummarke positionieren und klar vom Konkurrenten McDonald's abheben, der nur profane Big Macs anbietet: 495 Kalorien für 3,19 Euro. Selbst wenn niemand bereit ist, 85 Pfund für eine Bulette im Brötchen auszugeben, soll das Luxusangebot doch signalisieren, dass die Fastfood-Kette beste Ware verkauft. Ein 99-Cent-Hamburger von Burger King schmeckt bestimmt leckerer als ein 99-Cent-Hamburger von McDonald's, so das Kalkül.

In der Verhaltensökonomie (Behavioral Economics) ist längst bekannt, dass Händler gern auch teure und nutzlose Dinge anbieten, weil sie glauben, ihre anderen Waren sehen neben dem einen exklusiven Angebot besser aus. Die Wirtschaftswissenschaftler dieses Forschungszweigs versuchen in Experimenten herauszufinden, wie sich Menschen in verschiedenen Situationen verhalten, als Konsumenten, Verkäufer, Arbeitnehmer: In den meisten Fällen handeln sie irrational. Menschen sind nicht smarte Wirtschaftssubjekte, die streng logisch ihren Nutzen maximieren. Sie schätzen Dinge mehr, nur weil sie einen höheren Preis dafür zahlen.

"Ich glaube nicht, dass die Leute dumm sind - sie sind nur menschlich", sagt Dan Ariely, Ökonom am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und einer der prominentesten Vertreter dieser unkonventionellen Wissenschaft. Er hat herausgefunden, dass Verbraucher eine Aspirin von Bayer oder eine Rolex-Uhr für wertvoller halten, nur weil sie mehr dafür zahlen müssen als für eine nachgeahmte Kopfwehtablette oder eine Timex, nicht weil sie ihnen bessere Dienste leisten.

Haute Cuisine im Schnellrestaurant

Auch Gastwirte kennen den Trick der Behavioral Economics und listen in ihren Speisekarten gern eine besonders kostspielige Vorspeise auf. Ein Hummersalat auf frischem Ziegenkäse und Mango für 36 Euro steigert den Umsatz - auch, wenn niemand das Gericht bestellt. Denn all die anderen Speisen nehmen sich daneben vergleichsweise günstig aus, selbst wenn sie es nicht sind: der Hirschkuhrücken für 28 Euro etwa. So lässt sich die Gewinnmarge steigern und der Geiz der Gäste austricksen, die am liebsten das zweitteuerste Gericht wählen. Wenn ein Whopper also 85 Pfund kostet, sind die Kunden vielleicht bereit, mehr Geld bei Burger King zu lassen als bisher, sagen wir sieben Pfund statt fünf. Aber vermutlich folgt das, was Burger King macht, gar keinem ausgeklügelten Plan, die Kundschaft zu überlisten, sondern es ist nur ein simpler Marketingtrick, der die Marke ins Gespräch bringen soll.

"Verführerisch, aber nix zum Beißen"

"Mir kommt das vor wie Zuckerwatte: verführerisch, aber nix zum Beißen", sagt Frank Dopheide, Vorsitzender der Geschäftsführung von Grey Worldwide, Deutschlands zweitgrößter Werbeagentur. "Der Luxusburger wird kurzfristig Aufmerksamkeit erzeugen, aber der Marke nicht helfen." Die steht nämlich dafür, dass Menschen schnell, günstig und unkompliziert ihren Hunger stillen können. Diese Zielgruppe wird von dem neuen Angebot nicht angesprochen. In den sterilen Filialen mit dem kümmerlichen Service lassen sich keine Premium-Burger verkaufen.

Viele Unternehmen haben erkannt, dass es für ihre Kunden nur noch Luxus oder Discountware gibt, das Mittelmaß stirbt aus. Nur ist der Ausbruch aus der Aldi- in die Gucci-Liga nicht leicht zu schaffen. Volkswagen, bekannt für Käfer und Golf, tut sich schwer, seine Luxuskarosse Phaeton zu vermarkten. Der Textildiscounter Hennes & Mauritz war dagegen erfolgreich mit seiner Kollektion des deutschen Modeschöpfers Karl Lagerfeld.

Auch in der Gastronomie gibt es Beispiele für eine gelungene Allianz aus edel und primitiv. Jürgen Mauermann, der Gründer der Düsseldorfer Pommesbude "Curry", ließ sich vom ehemaligen Sternekoch Robert Hülsmann Rezepturen für Currywurst, Saucen und Pommes entwickeln. Die Einrichtung des Ladens ist modern, der Service flott, das Publikum schick. Wem nach Luxus zumute ist, der bekommt seine Bratwurst mit Blattgold serviert - und dazu einen Schampus.

Auch im Berliner Borchardt, dem Lieblingsrestaurant aller, die sehen und gesehen werden wollen, kommt Luxus an: Wirt Roland Mary hat für seinen Laden in der Französischen Straße einen Händler aufgetan, der eine Eigenzüchtung des Kobe-Rindes offeriert. 72 Euro zahlt der Gast für ein Entrecote. "Die Marke trägt das, das Ambiente ist außergewöhnlich, da kann man mit dem Preis fast ins Unendliche gehen", sagt Werber Dopheide. "Nur zu Burger King passt der Luxus leider überhaupt nicht."

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