Debatte zu Griechenlandhilfen:Ja zum Euro, na ja zu Europa

Finanzminister Schäuble beschwört das große Friedensprojekt EU, um die neuen Milliardenhilfen für Griechenland zu rechtfertigen. Das gibt Lob aus der Opposition, beseitigt aber nicht die Bauchschmerzen der Parlamentarier. Am Ende steht ein Entschließungsantrag der Koalition - ein klares politisches Signal für Europa ist das aber nicht.

Bastian Brinkmann

Laut Tagesordnungspunkt 17 geht es nur ums Geld an diesem Vormittag im Bundestag, wie so oft. Und um große Summen: 90 bis 120 Milliarden Euro soll Griechenland an neuen Hilfen bekommen. Aber das Geld tritt in der Debatte in den Hintergrund - denn es geht um das Projekt Europa. Das ist jedenfalls die Perspektive, die Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzen will.

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Wolfgang Schäuble bei seiner Rede im Bundestag.

(Foto: AFP)

Schäuble wirbt für den dreiseitigen Entschließungsantrag (hier als PDF-Datei), der der Bundesregierung den Auftrag geben soll, das nächste Rettungspaket zu verhandeln. "Die Lage in Griechenland und damit die in Europa ist ernst", sagte Schäuble (die Rede im Archiv des Bundestags). Staatsmännisch zählt er in seiner Regierungserklärung Wegmarken der deutschen Geschichte auf, die ohne Europa nicht möglich gewesen wären. Das sind Dinge, die die Abgeordneten gerne hören. Es gibt langen Beifall. "Eine gemeinsame Währung bedeutet Wohlstand", ergänzt Schäuble. Deutschland profitiere als Exportnation am meisten von der EU und habe somit auch die größte Verantwortung in der Gemeinschaft.

Das Friedensprojekt Europa soll überstrahlen, was vielen Parlamentariern Bauchschmerzen bereitet - gerade auch Abgeordnete in der Regierungskoalition. Wie teuer ist die Eurostabilität? Wie viel Geld braucht Griechenland? "Man kann das nicht genau beziffern", gibt Schäuble zu. Trotzdem sei die Hilfe nötig, sonst "besteht die akute Gefahr schwerwiegender Folgen für die Stabilität der Eurozone und Risiken für die globale Entwicklung". Schäuble spricht jetzt nicht von großer Geschichte, sondern von Ansteckungsgefahr, modernen Finanzprodukten und Volatilität. Von einem europäischen Stabilitätsmechanismus, von Milliardentranchen und Assets.

Schäuble wählt ganz andere Worte als Bundeskanzlerin Angela Merkel, die vor ein paar Wochen einen Ausflug ins Populistische unternommen hat - Griechen gingen zu früh in Rente und hätten zu viel Urlaub, behauptete Merkel. Schäuble dagegen lobt Griechenland vor dem Bundestag: Das Land habe bereits sehr viel gespart. Hätte Deutschland die gleiche Relation im Haushalt gekürzt - fünf Prozent des Budgets -, würde dies Konsolidierungen von 15 Milliarden Euro entsprechen, rechnet Schäuble unter dem Beifall der Abgeordneten vor. Diese Summe entspricht fast dem Gesamt-Etat des Verkehrsministeriums. Griechenland müsse aber weiter sparen und privatisieren, fordert Schäuble, davon sei die weitere Unterstützung abhängig. Ob das Hilfspaket komme, verantworte somit letzlich Griechenland.

Für Schäubles Rede gibt es Lob von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Doch der Rest der Regierung, kritisiert er, setze sich nicht für Europa ein, sondern mache Dienst nach Vorschrift. "Das ist seelenlose Technokratie", sagt Steinmeier mit Blick auf die Regierungsbank. Europa sei für Merkel keine Herzensangelegenheit.

Die Fraktionsführer von CDU/CSU und FDP werben nicht um die Stimmen der Opposition - im Gegenteil. Der ehemalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wirft ihr vor, nur dazwischenzublöken. "Das brauchen wir uns nicht gefallen lassen", poltert er. Auch Volker Kauder (CDU) hält der SPD ihre Geschichte vor: "Sie waren nicht die Europa-Partei", sagte er über die Westanbindung unter Adenauer und Lafontaines damaligen Widerspruch zur Wiedervereinigung.

Zusätzliche Stimmen aus dem Lager der Opposition sind allerdings auch nicht nötig. Die Fraktionen von Konversativen und Liberalen stimmen nach der Aussprache für den Entschließungsantrag: Die Zustimmung zu Griechenland und damit zum Euro steht. Ein großes, politisches Signal für Europa kommt heute aber nicht aus dem Bundestag.

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