Bundestag beschließt Bankenabgabe:Der Kunde wird zahlen

Der Bundestag zieht weitere Konsequenzen aus der Finanzkrise und beschließt die Bankenregulierung. Sie soll Sicherheit bringen, aber sie kostet auch.

G. Bohsem, H. Freiberger und M. Hesse

Wollte man die vielen Einzelregelungen im "Banken-Restrukturierungsgesetz" unter einer Überschrift zusammenfassen, würde sie wahrscheinlich lauten: Das soll uns nicht wieder passieren. Unter diesem Eindruck beschloss der Bundestag am Donnerstagabend das Regulierungsgesetz. Vor gut zwei Jahren brach die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers zusammen und löste damit ein weltweites Beben aus, das auch den Finanzmarkt der Bundesrepublik erschütterte. Um die deutschen Banken zu retten, wurde der angeschlagene Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate zunächst mit dem Geld der Steuerzahler stabilisiert und dann verstaatlicht. Mit mehr als 120 Milliarden Euro bürgt der Bund für das Kriseninstitut. 7,7 Milliarden Euro flossen an direkten Hilfen in die Pleitebank.

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Abstimmung im Bundestag - und für die Banken ändert sich einiges.

(Foto: dapd)

Damit weder Regierung noch Steuerzahler jemals wieder in eine solche Situation kommen, sieht das Restrukturierungsgesetz eine ganze Reihe von Auflagen und Regulierungen vor. Zentral sind zwei Dinge: Die Banken müssen eine Abgabe zahlen, um eine Reserve für den Krisenfall aufzubauen. Sie soll 70 Milliarden Euro betragen. Außerdem soll es Regeln geben, wie im Pleitefall mit Banken umgegangen wird, die das ganze System in den Abgrund zu ziehen drohen.

1,2 Milliarden Euro soll die Bankenabgabe im Jahr kosten. Davon steuern die privaten Banken voraussichtlich 800 bis 900 Millionen Euro bei, der Rest entfällt auf Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Die Förderbanken von Bund und Länder müssen nicht zahlen.

Experten sehen die Gefahr, dass Banken die Abgabe auf die Kunden umwälzen. "Die Institute können nur noch schwer bei den Kosten sparen, da sie schon viel rationalisiert haben", sagt Klaus Fleischer, emeritierter Bankenprofessor in München. "Deshalb ist zu erwarten, dass die Bankenabgabe nach und nach an die Kunden weitergereicht wird - in Form höherer Gebühren und höherer Zinsen für Kredite."

Grundsätzlich hält Fleischer die Bankenabgabe für richtig, da der Staat für den Fall der Insolvenz eines Kreditinstituts Vorsorge treffen müsse. Es solle nicht wieder so sein, dass dann der Steuerzahler einspringt. Allerdings wäre es besser, wenn die Abgabe international umgesetzt würde, damit nicht die Banken eines Landes benachteiligt sind.

Bisher hat nur Großbritannien eine Bankenabgabe verabschiedet. Die Institute auf der Insel sollen dafür ab 2012 im Jahr 2,9 Milliarden Euro zahlen. US-Präsident Barack Obama plante eine Abgabe, die in zehn Jahren 90 Milliarden Dollar bringen sollte, ließ das Vorhaben aber nach Protesten wieder fallen.

Insolvenzverfahren für Banken

Der Bundesverband Deutscher Banken protestierte schon vor Tagen scharf gegen die Regulierung durch die Bundesregierung, besonders gegen die Bankenabgabe. Man habe "größte Sorge, dass die deutschen Banken durch die Maßnahmen, die oft im nationalen Alleingang von der deutschen Politik beschlossen werden, nicht mehr konkurrenzfähig sein können". Die deutsche Kreditwirtschaft stehe an der Belastungsgrenze.

Der Bundestag verabschiedete außerdem eine Art Insolvenzverfahren für Banken. Es sieht ein zweistufiges Prozedere vor. Zunächst sollen angeschlagene Finanzinstitute die Chance bekommen, sich selbst zu sanieren, ehe die Probleme auf andere Banken durchschlagen. Sie können einen externen Sanierungsberater vorschlagen, der weitreichende Kompetenzen erhält. Doch auch die Bankenaufsicht kann eingreifen, indem sie ein Gericht anweist, beispielsweise die Geschäftsführung zu entmachten oder Gewinnausschüttungen zu unterbinden.

Reicht das alles nicht, um die Krise in den Griff zu bekommen, soll die Bank so umorganisiert werden, dass ein Überspringen der Krise auf andere Finanzkonzerne vermieden wird. Dazu werden systemrelevante Teile der Bank, etwa der Zahlungsverkehr, auf ein anderes privates Institut oder eine staatliche Brückenbank übertragen. Zudem kann in die Rechte der Gläubiger eingegriffen werden, etwa indem ihre Forderungen gegen Anteile an der Bank eingetauscht werden. So soll sichergestellt werden, dass Eigentümer und Gläubiger an den Kosten einer Schieflage beteiligt werden.

Experten halten das Insolvenzverfahren für einen richtigen Schritt. "Positiv ist, dass geplant ist, die Eingriffsrechte der Aufsicht zu stärken", sagte Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Bundesbank. Auch die Verlagerung systemrelevanter Teile auf eine Brückenbank sei sinnvoll. Allerdings löse das Verfahren nicht alle Probleme. "Letztlich wird der Steuerzahler der Garantiegeber der letzten Instanz bleiben und auch bleiben müssen." Ob das "Banken-Restrukturierungsgesetz" im Krisenfall also wirklich hilft, bleibt offen.

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