Bundesbank: Thilo Sarrazin:Ab zum Rapport

Die Druck auf die Bundesbank wächst, sich von Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin zu trennen. Die Zentralbank distanziert sich von ihm - und bestellt ihn ein.

Die Bundesbank distanziert sich zwar von Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin, will aber vorerst auf einen Abwahlantrag verzichten. Stattdessen werde unverzüglich ein Gespräch zwischen dem Vorstand und Sarrazin stattfinden. Dies beschloss der sechsköpfige Vorstand der Notenbank.

Pressekonferenz Thilo Sarrazin

Der frühere Berliner Finanzsenator und heutige Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) gilt als hervorragender Fachmann für öffentliche Finanzen. In der jüngeren Vergangenheit erntete der 65-Jährige allerdings immer wieder breiten Widerspruch mit seinen Thesen zu Migration und den ethnischen MInderheiten in Deutschland.

(Foto: dpa)

Die Bundesbank erklärte weiter, sie distanziere sich "entschieden von den diskriminierenden Äußerungen" Sarrazins. Er habe sich mehrfach und nachhaltig provokant geäußert, insbesondere zu Themen der Migration. Sarrazin gebe darin nicht die Ansichten der Deutschen Bundesbank wieder, sondern füge ihr vielmehr großen Schaden zu.

Der 65 Jahre alte SPD-Politiker und frühere Berliner Finanzsenator Sarrazin ist wegen seiner Äußerungen zu muslimischen Zuwanderern und dem Erbgut von Juden unter Druck geraten. Zuletzt hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) der Bundesbank eine Diskussion der Personalie nahegelegt.

Zuständigkeitsbereich Bargeld abgegeben

Seine als fremdenfeindlich empfundenen Äußerungen machen Sarrazin schon länger zur Belastung für die Bundesbank, deren Vorstand der 65-Jährige seit dem 1. Mai 2009 angehört. Er war zunächst für die Bereiche Bargeld, Informationstechnologie und Risiko-Controlling zuständig.

Nach ersten umstrittenen Äußerungen über Migranten musste er im Oktober 2009 den wichtigen Zuständigkeitsbereich Bargeld abgeben. Im Mai 2010 erhielt Sarrazin allerdings wieder einen dritten Aufgabenbereich, die Revision.

Für die Besetzung des Vorstandes der Bundesbank mit Sitz in Frankfurt am Main sind Bundesregierung und Bundesrat zuständig. Sie schlagen je drei Mitglieder vor.

Antrag des Bundesbank-Vorstands für Entlassung notwendig

Die Vorstandsmitglieder werden für mindestens fünf, meist jedoch acht Jahre ernannt. Ernannt werden die Vorstandsmitglieder vom Bundespräsidenten. Er alleine kann sie auch entlassen.

Notwendig ist dazu ein entsprechender Antrag des Bundesbank-Vorstandes. Voraussetzung für eine Entlassung ist laut Bundesbank-Gesetz, dass das Vorstandsmitglied die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat.

In der mehr als 50-jährigen Geschichte der Bundesbank sind Vorstandsmitglieder bislang aber lediglich durch einen Rücktritt vorzeitig aus dem Amt geschieden, eine Entlassung gab es nicht.

Sarrazin glaubt an Verbleib in Bundesbank-Vorstand

Sarrazin selbst glaubt trotz der Entrüstung über seine Äußerungen zur Ausländerpolitik offenbar an seinen Verbleib im Führungsteam der deutschen Notenbank. "Ich weiß positiv, dass ich nicht gegen die mir übertragenen Obliegenheiten verstoßen habe. Ich sehe in dieser Hinsicht optimistisch in die Zukunft", sagte der studierte Ökonom bei der Vorstellung seines neuen Buches in Berlin.

Von einer Sondersitzung des Bundesbankvorstands zu dem Wirbel rund um seine Person sei ihm nichts bekannt, sagte Sarrazin weiter.

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