Bund will Kompetenzen bündeln:Eine für alle

Die Regierung will die Finanzaufsicht neu regeln. Die Bundesbank soll über Banken, Versicherer und Wertpapierhandel wachen - für die Bafin würde dies das Aus bedeuten.

C. Hulverscheidt, H. Einecke u. M. Hesse

Die Bundesregierung erwägt als Konsequenz aus der Bankenkrise einen radikalen Umbau der deutschen Finanzaufsicht. Nach Angaben aus Regierungskreisen ist im Gespräch, neben den Banken auch die Versicherer und den Wertpapierhandel unter die Kontrolle der Bundesbank zu stellen.

Frankfurt, Foto: dpa

Finanzzentrum Frankfurt-Main: Banken, Versicherer und der Wertpapierhandel sollen nach dem Willen der Regierung von der Bundesbank kontrolliert werden.

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Für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) wäre das das Aus. Bislang ist die Bafin für die Überwachung der Versicherer und des Wertpapierhandels zuständig, die Aufsicht über die Kreditinstitute teilt sie sich mit der Bundesbank. Union und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Rolle der Bundesbank zu stärken, dabei aber zunächst nur die Bankenaufsicht im Auge gehabt. Nun denkt die Regierung über eine viel umfassendere Reform nach. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sympathisiert dem Vernehmen nach mit der Idee, hat aber noch nicht endgültig entschieden.

Eine Frage der Unabhängigkeit

Vor allem die FDP hält die Aufgabenteilung zwischen Bundesbank und Bafin für ineffizient und führt als Beispiel die Beinahe-Pleite der Münchener Immobilienbank Hypo Real Estate an. Neben solchen inhaltlichen Erwägungen dürften bei der Reform allerdings auch politische Motive eine Rolle spielen: So gilt die Bafin mit ihrem Chef Jochen Sanio als SPD-, die Bundesbank mit ihrem Präsidenten Axel Weber als eher Unions-nah. Sollte die Bafin tatsächlich geschlossen werden, würden die 1750 Mitarbeiter in Bonn und Frankfurt wohl von der Bundesbank übernommen - mit Ausnahme Sanios, der Ende Januar 63 Jahre alt wird und wohl in den Ruhestand ginge.

In der Koalition hatte es zuvor geheißen, es müsse noch geklärt werden, wie die Unabhängigkeit der Bundesbank gewährleistet bleiben könne. Als alleinige Aufsicht müsste die Notenbank zum Beispiel Kreditinstitute schließen oder Vorstände abberufen können. Behörden, die solche hoheitlichen Rechtsakte erlassen, müssen jedoch wie die Bafin der Rechts- und Fachaufsicht des Finanzministeriums unterworfen werden. Das lehnt die Zentralbank bisher ab. Das jetzt in der Regierung diskutierte Modell sieht vor, die Bundesbank als Holding zu organisieren und nur die Abteilung Aufsicht mitsamt des zuständigen Vorstandsmitglieds dem Ministerium zu unterstellen.

Die Bundesbank wollte sich zu den Überlegungen nicht äußern. Im Herbst hatte sie die Übernahme der Banken- und der Versicherungsaufsicht angeboten, falls ihre Unabhängigkeit gewahrt bleibt, sie also in keiner Weise dem Finanzministerium unterstellt wird. Für den Fall, dass "schwer wiegende Verwaltungsakte" erlassen werden müssen, will die Zentralbank nur Vorschläge unterbreiten und die Entscheidung dem Ministerium überlassen.

Vorbehalte bei den Versicherern

Das jedoch lehnt die Regierung ab, weil sie fürchtet, dass Beschlüsse etwa über die Schließung einer Bank dann "politisiert" werden könnten. Nach den Vorstellungen der Bundesbank soll zudem die Wertpapieraufsicht bei der Bafin verbleiben, die damit zu einer Art Verbraucherschutzbehörde für das Finanzwesen ausgebaut würde. In Notenbankkreisen wurde am Freitag gewarnt, die Bafin lasse sich organisatorisch nicht so einfach unter das Dach der Bundesbank schieben, weil die Bundesbank dann über zwei Abteilungen für Bankenaufsicht verfügen würde, von denen eine dem Finanzministerium unterstellt sei, die andere aber nicht.

Vorbehalte gegen eine Bündelung der Finanzaufsicht bei der Bundesbank gibt es auch bei den Versicherern. Der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes GDV, Jörg von Fürstenwerth, hatte im Oktober erklärt, nur weil es in der Bankenaufsicht Schwierigkeiten gegeben habe, müsse man nicht die ganze Finanzaufsicht ändern. Es drohten Interessenkonflikte, weil die Versicherer die größten Gläubiger der Banken seien. Am Freitag hieß es beim GDV, man lehne die Verlegung der Versicherungsaufsicht nach wie vor ab. Der Verband ist auch dagegen, die Produktaufsicht von der Aufsicht über die Anbieter zu trennen, wie es der Bundesbank vorschwebt.

Sympathie für eine Verlagerung der Versicherungsaufsicht zur Bundesbank ließ am Freitag Paul Achleitner erkennen, der Kapitalmarktvorstand der Allianz. "Wir wollen nicht drei oder vier Behörden, die sich womöglich noch gegenseitig Konkurrenz machen." Man brauche eine starke "europafähige" Aufsicht. Auch Achleitner betonte aber, die Aufsicht müsse auf das spezifische Geschäftsmodell der Versicherungen eingehen. Achleitner warnte eindringlich davor zu glauben, die Finanzkrise sei bereits ausgestanden. "Wir sehen eine der größten Aktienrallys der Geschichte, nur weil sich ein paar Dinge auf niedrigem Niveau stabilisiert haben." Strukturelle Probleme wie die zu hohe Verschuldung bei Banken, Unternehmen und Staaten seien ungelöst.

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