Büromangel:"Ein gefährliches Signal"

Baustelle für "Bavaria Towers" am Vogelweideplatz in München, 2018

Großbaustelle im Osten von München. Die vier "Bavaria Towers" - drei Bürogebäude und ein Hotelturm - sollen in diesem Jahr fertiggestellt sein.

(Foto: Florian Peljak)

Den Städten gehen die Büroflächen aus. Das könnte die wirtschaftliche Entwicklung bremsen, warnen Immobilien-Experten. Sie fordern die Politik auf, ihren auf Wohnimmobilien liegenden Fokus zu erweitern.

Von Marianne Körber

Das Geschäft ausbauen, ein Büro mieten? Gute Idee, aber schwer umzusetzen. Denn in Deutschland fehlen nicht nur Wohnungen, sondern auch jede Menge Büroflächen, und das Problem verschärft sich weiter. Nach Angaben des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) kam es 2017 bundesweit zu einem starken Einbruch der Fertigstellungszahlen von Büroflächen. Lediglich 1,6 Millionen Quadratmeter Neubaufläche wurden demnach in den 127 größten Büromärkten in Deutschland fertiggestellt. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr betrug minus 16,5 Prozent beziehungsweise minus 320 000 Quadratmeter, heißt es im Frühjahrsgutachten 2018 des Rats der Immobilienweisen. Besonders stark gingen die Neubaufertigstellungen in den A-Städten zurück - um 27,1 Prozent auf etwa 700 000 Quadratmeter.

Weitere Ergebnisse der Gutachter: Der Leerstand ging in den 127 größten deutschen Büromarktstädten zum siebten Mal in Folge zurück. Und die Spitzenmieten sind in diesen Städten bereits zum siebten Mal in Folge angestiegen.

Bei den A-Städten lag der Durchschnitt der Spitzenmiete Ende 2017 bei 29 Euro pro Quadratmeter, berichtet der ZIA. Das entspreche im Vergleich zum Vorjahr einem Anstieg von 4,8 Prozent, seit 2015 sogar um zwölf Prozent. Die B-Städte erreichten durchschnittlich 13,70 Euro pro Quadratmeter, was etwa 1,3 Prozent über dem Vorjahreswert liege. In den C-Standorten war der Preisanstieg mit 2,4 Prozent im Vergleich zu 2016 höher.

Auch die Kaufpreise legten 2017 wieder deutlich zu. In den A-Standorten stiegen die Kapitalwerte um durchschnittlich 19,2 Prozent auf 9871 Euro pro Quadratmeter.

Kein Wunder also, dass sich Investoren nicht mehr nur in Top-Städten umsehen, sondern sich verstärkt auf "Secondary Cities" konzentrieren. "Es muss nicht immer A sein", heißt es denn auch beim unabhängigen Immobilienberater Bulwiengesa, der 2017 gemeinsam mit der Deutschen Mittelstand Real Estate AG (Demire) eine Studie zu den Investmentchancen auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt erstellt hat. Fazit: Ausgewählte B-, C- und D-Standorte böten bei Büroinvestments höhere Renditepotenziale, und das bei gleichem oder geringerem Risikoprofil. Daher sei es Zeit, sich Städte "wie Göttingen, Bremen oder Stralsund genauer anzuschauen".

Professionelle Anleger investierten 2017 etwa 24,4 Milliarden Euro in Büros

Andreas Schulten, Vorstand der Bulwiengesa AG, der im Frühjahrsgutachten unter anderem die Entwicklung der Büroimmobilien analysiert, sieht in dem wachsenden Büromangel ein Wachstumshemmnis. In einer Mitteilung des ZIA betont Schulten, die Büroverknappung könne deutliche Konsequenzen für die wirtschaftliche Entwicklung der Städte bedeuten. Unternehmen könnten gezwungen sein, bestehende Expansionen zu verschieben oder neue Flächen an anderen Standorten anzumieten. Schulten: "Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine Büroverknappung ein gefährliches Signal. Die Politik sollte entsprechend darauf reagieren und ihren bislang bestehenden Fokus auf Wohnimmobilien entsprechend erweitern".

Die große Bedeutung des Büroimmobilienmarktes spiegelt sich auch in der Gesamtschau des Frühjahrsgutachtens wider. 2017 waren Büroimmobilien demnach mit einem Anteil von 42 Prozent am Wirtschaftsimmobilien-Investitionsvolumen die wichtigste Nutzungsart für Investoren. Sie investierten hier etwa 24,4 Milliarden Euro. Auf dem gewerblichen Immobilienmarkt Deutschlands wurden insgesamt 58,1 Milliarden Euro umgesetzt, ein Anstieg von 9,8 Prozent.

Nicht nur in Deutschland boomt der Immobilienmarkt, auch global gesehen entwickelt die Branche eine starke Dynamik, wie der Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) berichtet. Das globale Bürovermietungs-Volumen befinde sich auf dem höchsten Niveau seit zehn Jahren.

2017 registrierte JLL ein Bürovermietungsvolumen von 40,7 Millionen Quadratmeter, vier Prozent mehr als im Vorjahr. Europa legte mit einem Plus von zehn Prozent auf 13,3 Millionen Quadratmeter überdurchschnittlich zu. In den USA stieg das Bürovermietungsvolumen um drei Prozent auf 21,6 Millionen Quadratmeter, "dank einer größeren Auswahl an neuen Angeboten". Einen Rückgang gab es dagegen im asiatisch-pazifischen Raum (minus fünf Prozent auf 5,8 Millionen Quadratmeter). JLL erwartet, dass auch 2018 ein gutes Jahr werden wird. Mit prognostizierten 40 Millionen Quadratmetern werde das Volumen voraussichtlich aber nicht ganz an das Ergebnis des Vorjahres heranreichen.

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