Börsen wieder unter Druck:Dow Jones reißt Nikkei ins Minus

Die US-Hypothekenkrise verunsichert weiter die internationalen Börsen. Ein schwacher Handelsschluss an der Wall Street sorgte auch in Japan für Nervosität.

Helga Einecke, Björn Finke und Michael Kuntz

Die amerikanische Notenbank griff am Geldmarkt ein, die Europäer hielten sich zurück. Der konjunkturelle Aufschwung in Deutschland werde trotz verlangsamten Wachstums davon nicht gestört, hieß es in Berlin.

Der Dow-Jones-Index als das weltweit wichtigste Börsenbarometer rutschte erstmals seit Mai unter die Marke von 13.000 Punkten. Im Verlauf des Handels erholte er sich vorübergehend, schloss dann aber bei 12861,47 Punkten. Gegenüber dem Vortag bedeutete dies ein Minus von 1,29 Prozent.

Die amerikanische Notenbank kündigte an, sie werde den Markt mit Geld versorgen und teilte den Banken sieben Milliarden Dollar zu.

Negative Schlagzeilen

Für Verunsicherung sorgten mehrere negative Schlagzeilen aus den USA. Der Rohstofffonds Sentinel warnte seine Kunden vor Verlusten und massiven Rückgaben der Anteilsscheine. Der Immobilienfonds KKR Financial Holdings trennte sich unter Verlusten von der Hälfte seiner Hypothekenkredite.

Die Anteile der Countrywide Financial Corp. fielen um fast 20 Prozent nach Marktgerüchten über Schwierigkeiten der größten Hypotheken-Firma in den USA bei ihrer Refinanzierung am Geldmarkt. Der Hypothekenfinanzierer Thornburg Mortgage verschob die Dividendenzahlung.

In Australien räumte der Fonds Basis Capital ein, stärker von der Krise betroffen zu sein. Wegen der zunehmenden Ausfälle bei Baufinanzierungen in den Vereinigten Staaten zogen sich die Anleger aus Papieren zurück, die mit Forderungen aus diesen Hypotheken besichert sind. Viele Fonds erlitten hohe Verluste und stoppten Auszahlungen.

Geldmarkt wieder unter Druck

Die Angst vor einer Kreditkrise erfasste den Geldmarkt, in dem sich Banken untereinander Darlehen geben, und auch die Aktienmärkte. Der deutsche Aktienindex Dax gab am Mittwoch zeitweise ein Prozent nach, drehte dann und schaffte bei Handelsschluss ein leichtes Plus.

"Noch immer hängt das Damoklesschwert der Hypothekenkrise über uns, und das wird auch so bleiben'', sagte ein Aktienhändler. Am Donnerstag gaben auch die Kurse in Tokio wieder deutlich nach: Der japanische Leitindex Nikkei-225 verlor 2,19 Prozent auf 16.475,61 Zähler.

Wie die US-Notenbank pumpte auch die Bank of Japan am Donnerstag erneut umgerechnet rund 2,5 Milliarden Euro in den Geldmarkt, um mögliche Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

"Abbau von Risikopositionen"

Der Kurs des Euro fiel unter 1,35 Dollar. "Der Abbau von Risikopositionen hält an'', sagte ein Devisenhändler. Wegen der niedrigen Zinsen in Japan hatten dort viele Investoren Geld aufgenommen und dieses dann in Europa angelegt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte erstmals seit einer Woche ihre tägliche Sonderversorgung der Banken aus, für die sie über 200 Milliarden Euro hergegeben hatte.

Sie kehrte am Mittwoch zu den üblichen Geldgeschäften mit den Banken zurück, allerdings in einem größeren Umfang als zu normalen Zeiten. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Bundesbankchef Axel Weber hatten am Dienstag die Märkte beruhigt und von einer Normalisierung gesprochen. Weber sagte, die Ertragseinbußen bei deutschen Kreditinstituten seien begrenzt.

Verbraucherschützer unzufrieden

Verbraucherschützer zeigten sich unzufrieden mit der Reaktion der deutschen Bankenaufsicht auf die US-Krise. Das Übergreifen der Turbulenzen auf die Mittelstandsbank IKB zeige, dass die Finanzaufsicht Bafin und die Bundesbank nicht schnell genug eingegriffen hätten, sagte Axel Kleinlein von der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Die nationalen Aufsichtsbehörden gehörten auf den Prüfstand. Auch die Rating-Agenturen hätten die Risiken der angeschlagenen Institute unterschätzt.

Den deutschen Aufschwung sehen die Bundesregierung und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durch die Turbulenzen an den Finanzmärkten allerdings nicht gefährdet.

Die Konjunktur sei robust, tragfähig und solide, sagte ein Regierungssprecher. Das Wachstum beschleunige sich im laufenden Quartal wieder leicht, so das DIW.

Im zweiten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt, der Wert aller hergestellten Güter und Dienstleistungen, gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.

Einbruch der Baubranche

Das ist die niedrigste Rate seit Ende 2005. Zu Jahresbeginn hatte der Zuwachs noch 0,5 Prozent betragen. Ursache der überraschend schwachen Konjunktur von April bis Juni war laut den Statistikern der Einbruch der Baubranche. Experten machen den milden Winter dafür verantwortlich.

Das zweite Quartal war nicht nur in Deutschland bescheiden, sondern auch in anderen Staaten Europas. Daher sank das EU-weite Wachstum auf 0,5 Prozent nach 0,7 Prozent im ersten Jahresviertel, wie die Statistikbehörde Eurostat bekanntgab.

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