Börsen-Moderator im Zwielicht:Luftige Tipps vom Bäckermeister

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Tausende Anleger zocken mit Aktienempfehlungen von Markus Frick. Umstritten war er schon immer - nun hat sich die Finanzaufsicht eingeschaltet.

Thomas Öchsner

Markus Frick muss von sich selbst ziemlich viel halten. Wer kommt sonst auf die Idee, sich "Deutschlands Stimme des Geldes'' zu nennen? Niemand. Ein Markus Frick schon. Der Mann hält diesen Slogan sogar für so gut, dass er ihn auf seinen Börsenseminaren ständig wiederholen lässt.

Begrüßen Sie ihn mit einem kräftigen Applaus! Hier ist "Deutschlands Stimme des Geldes", heißt es in dem Einspielfilm, den die Zuschauer vor seinem Auftritt sehen dürfen.

Für Frick ist an diesem Sonntagnachmittag, Ende Mai im Kongresszentrum in Erlangen, noch einmal ein Festtag. Die Gäste klatschen brav, als die "Stimme des Geldes'' angekündigt wird. Der Saal ist bis auf den letzten Platz gefüllt, trotz des strahlend blauen Himmels draußen und der 86 Euro für den Eintritt. Mühelos kann Frick sein Standardprogramm abspulen.

Er erzählt von dem Blinden, der es geschafft hat, den Mount Everest zu besteigen ("Nichts ist unmöglich''). Von den G 5, die an der Börse so wichtig sind (Geld, Glück, Gedanken, Geduld - und keine Gier). Von den Grundregeln am Aktienmarkt ("Börse ist wie Krieg, jeder will am meisten gewinnen.'').

Von der Kursrakete, die er später noch präsentieren wird. Und von sich selbst. ("Es ist traurig genug, wenn in einem Land wie Deutschland ein Bäcker die Börse erklären muss''). Keiner widerspricht. Keiner hat eine kritische Frage.

Nur eine offenbar gelangweilte Gymnasiastin, die vor seinen Augen in den vorderen Reihen ihr Latein-Buch studiert, fordert Frick heraus. Das ist der Mann, der mit der Vermarktung seiner Aktientipps Multimillionär geworden ist und trotzdem kein Börsenguru sein will, nicht gewohnt.

Frick ist ein Phänomen. Der Bäckermeister kann den deutschen Aktienmarkt bewegen. Bundesweit haben 250.000 Menschen seine Finanzseminare und andere Veranstaltungen mit ihm besucht.

Eine Hotline für 898 Euro Euro pro Jahr

Tausende zahlen 898 Euro im Jahr für seine E-Mail-Hotline, in der Hoffnung, mit seinen Aktientipps auch reich zu werden. Frick hat nach eigenen Angaben die meistverkaufte Börsen-DVD auf den Markt gebracht. Er ist Bestsellerautor ("Ich mache Sie reich'').

Aktien, zu deren Kauf er geraten hat, schaffen es in der Handelsstatistik von Direktbanken auf die vorderen Plätze. Doch seit ein paar Tagen ist die schöne heile Welt des Markus Frick zusammengebrochen.

Im Internet breitet sich ein Proteststurm gegen den Mann aus, der sich selbst auch als "Vermögensberater'' bezeichnet. In dem Forum des Nachrichtenkanals N24, wo Frick samstags seine TV-Börsenshow "Make Money'' moderiert, wird er als "Architekt von Luftschlössern'' bezeichnet. Von "betrügerischen Empfehlungen'' ist die Rede. Der Sender wird aufgefordert, Frick "vor die Tür zu setzen''.

Auslöser der Wutattacken war der Kurssturz von drei Rohstoffwerten, mit denen deutsche Privatanleger in den vergangenen Tagen einen dreistelligen Millionenbetrag verloren haben dürften: Russoil, Star Energy und Stargold Mines. Die Aktien aller drei Unternehmen hatte Frick zum Kauf empfohlen, nicht in N24, aber in seiner E-Mail-Hotline.

Nun kann es jedem Bankberater, Analysten und auch Markus Frick passieren, mit einem Tipp danebenzuliegen. Jeder, der auf Empfehlungen hört, muss das wissen - und sollte sich später nicht über Kursverluste beklagen. Bei den drei besagten Rohstoffaktien fallen aber so viele Ungereimtheiten auf, dass die Finanzaufsicht Bafin inzwischen eine Routineuntersuchung eingeleitet hat.

"Wir prüfen, ob hier eine Marktmanipulation vorliegt oder nicht'', sagt eine Sprecherin der Bafin ( SZ vom 15. 6.). Anleger stellen sich inzwischen die Frage, ob Frick bei diesen Aktienempfehlungen mit Hintermännern zusammengearbeitet hat und es hierbei um ein abgekartetes Spiel auf Kosten der Kleinanleger geht.

Anfang Juni riet der selbsternannte Vermögensberater in seiner E-Mail-Hotline zum Beispiel, sich Russoil ins Depot zu legen. Dabei handelt es sich um ein amerikanisches Öl- und Gasunternehmen, das "seine Anlagen zu 100 Prozent in Sibirien hat'', so Frick.

Weiter schreibt er, die Aktie sei ihm "auf jeder Konferenz aufgefallen''. Und er habe auch Gespräche mit Analysten geführt, "die dieses Unternehmen sehr gut kennen''. Russoil, das aus einem fast wertlosen Börsenmantel, also aus einem Unternehmen ohne operatives Geschäft, hervorgegangen ist, gibt es allerdings erst seit April.

Manche Börsenprofis kommen deshalb ins Grübeln: Wie viele Konferenzen kann es seitdem gegeben haben? Wie sollen Analysten eine so junge Gesellschaft so gut kennen? Und um welche Anlagen soll es sich handeln?

Frick jedenfalls riet zum Kauf und begründete dies mit der Übernahme der Ölfirma Smolenergy, die nachgewiesene Ölvorkommen von 66 Millionen Barrel (159 Liter) habe. Nur: Wenn Smolenergy tatsächlich solche Ölreserven hat, warum verkaufen dann die Eigner ihre Firma für zu diesem Zeitpunkt noch fast völlig wertlose Aktien von Russoil?

Danach passiert jedenfalls das, was fast immer passiert, wenn Frick eine solche Aktie empfiehlt. Der Kurs steigt in diesem Fall um 40 bis 50 Cent auf bis zu 1,40 Euro. Doch der Höhenflug währte nicht lange, am Freitag notierte das Papier mehr als 80 Prozent niedriger bei 25 Cent.

Auffällig sind nun die Gemeinsamkeiten bei dem Aktien-Trio, das Frick seinen Fans ans Herz legte. Bei allen drei Firmen handelt es sich ursprünglich um später umbenannte Börsenmäntel.

Durch einen Aktiensplit werden aus wenigen Aktien viele Millionen, die jeweils nur einen Wert von ein paar Cent haben. Die Unternehmen melden eine Übernahme, die wiederum Frick als Kaufsignal sieht.

Das sind nicht die einzigen Gemeinsamkeiten. Einer der Chefs von Russoil ist Silvestre Hutchinson. Dieser arbeitete früher bei der US-Firma Quest Minerals & Mining. Ein Kollege dort im Management war Marcus Segal. Und was macht Segal jetzt?

Er ist, und da schließt sich der Kreis, Manager von Star Energy und Stargold Mines. Das könnte ein Zufall sein. Dagegen spricht, dass alle drei Firmen dieselbe PR-Firma engagiert haben, um Investoren für die Aktien zu gewinnen.

Manche Beobachter von Fricks Aktivitäten fragen sich daher bereits, ob "Deutschlands Stimme des Geldes'' für die Vermarktung der Aktien durch ein PR-Unternehmen bezahlt wurde.

Sicher ist: Die Hintermänner, die ursprünglich im Besitz von Aktienpaketen der drei Firmen waren, konnten durch den Abverkauf der Papiere an deutsche Anleger einen gigantischen Gewinn einstreichen.

Frick streitet die Vorwürfe vehement ab. Er habe sich nicht an einem abgekarteten Spiel beteiligt und habe "keine geschäftlichen Beziehungen'' zu den drei Firmen.

Er empfehle Aktien nur dann, wenn er davon überzeugt sei, dass es sich um ein attraktives Papier handelt, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Es sei völlig normal, dass kein Umsatz und Gewinn bei derartigen Rohstoffunternehmen vorhanden sei. Solche Explorer bewerte man "nach den Ressourcen, nicht nach Umsatz und Gewinn''. Ansonsten tut Frick so, als ob nichts gewesen wäre.

In seinem Tagebuch auf seiner Homepage geht er am Freitag auf die Vorwürfe gar nicht ein. Im Gästebuch finden sich die üblichen Lobeshymnen auf ihn. Eines hat sich jedoch geändert. Die Werbung für sein 10.000-Euro-Musterdepot hat er von der Seite genommen.

Ursprünglich sollten daraus in diesem Jahr 100.000 Euro werden. Doch nun liegt der Wert bei unter 8000 Euro. "Und das ist eine schlechte Werbung'', räumt Frick ein. Bei dem Musterdepot handelt es sich um eine virtuelle Anlage.

Der "Vermögensberater'' kauft und verkauft Aktien, ohne reales Geld einzusetzen. Die Abonnenten seiner E-Mail-Hotline können versuchen, die empfohlenen Transaktionen in ihrem Bankdepot nachzuvollziehen. Immer wieder hat Frick für die 10.000-Euro-Anlage geworben, so als ob er wundersam Geld vermehren könnte.

"Erzielen Sie über 1.000 Prozent Gewinn mit der Markus-Frick-E-Mail-Hotline'', hieß es etwa in einer Anzeige - viele Anleger glaubten es ihm.

Auch in Erlangen sind die meisten Zuhörer von Frick sehr angetan. "Ich denke, der hat mehr Zeit, sich mit Aktien zu beschäftigen'', sagt ein Mittfünfziger. Die Menschen hier fühlen sich von dem Mann verstanden.

Vom Bäckerlehrling zum Millionär

Frick ist kein begnadeter Redner. Aber er ist authentisch. Ich, der es vom Bäckerlehrling zum Multimillionär geschafft hat, bin einer von euch. Und was ich geschafft habe, das könnt ihr auch. Das ist seine Botschaft.

Deshalb kommt Frick immer wieder herunter von der Bühne, schüttelt Hände, stellt Fragen, um Zuhörer danach gleich leutselig mit Vornamen anzureden. Und am Ende signiert er geduldig seine Bücher und hat dabei für jeden, der in der Schlange gewartet hat, ein nettes Wort parat.

Fricks Ruhm beruht aber nicht nur darauf, dass er den Traum erfüllt, den viele Menschen träumen - schnell reich zu werden. Der Bäckermeister, der im badischen Sinsheim aufwuchs, kann sich Kurse sozusagen selbst backen.

Für seine 10.000-Euro-Anlage empfiehlt Frick häufig nahezu unbekannte Aktien aus der Rohstoffbranche, die meist nur ein paar Cent oder wenige Euro kosten. Der Handel an der Börse ist vorher gering.

Sobald Frick das Papier in seiner E-Mail-Hotline angepriesen hat, steigt die Aktie wie eine Rakete. Anleger erfahren in Internetforen davon und kaufen ebenfalls. Börsenbriefe springen auf, und schließen sich Fricks Rat an.

Und nach einem gewissen Kursanstieg erfahren auch die Empfänger von Fricks kostenlosem Newsletter von dem inzwischen nicht mehr ganz so heißen Aktientipp.

Das bringt für eine gewisse Zeit einen stetigen Nachschub von Käufern, Fricks Aktientipp kann so zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden, wobei kaum einer seiner Fans so günstig einkaufen kann, wie der Kursbäcker es in seinem Musterdepot virtuell vorführt.

Irgendwann aber ist das Spiel vorbei. Der Aktienkurs sinkt wieder. Wer nicht rechtzeitig verkauft, bleibt womöglich auf horrenden Verlusten sitzen. Fachleute vergleichen deshalb den Kursverlauf von Frickschen Musterdepot-Werten am liebsten mit einem Tannenbaum.

Frick lässt sich von dieser Kritik aber nicht irritieren. Unermüdlich weist er in seinen Seminaren darauf hin, dass Anleger Gewinne realisieren und Verlusten nicht tatenlos zuschauen sollten.

Wer nicht rechtzeitig verkauft, sei selbst schuld. Ob das auch bei den drei Fällen Russoil, Star Energy und Stargold Mines so einfach ist, müssen nun die Finanzaufsicht und die Staatsanwaltschaft prüfen.

Frick jedenfalls hält ziemlich viel von sich. In seiner Hauspostille, dem Markus Frick Magazin, sagt er auf die Frage, woher er wisse, ob Kurse steigen oder fallen: "Es klingt jetzt vielleicht ein wenig überheblich, aber ich weiß es einfach.''

© SZ vom 16.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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