Börse: Markus Frick:Der Guru war schlampig

Vor Gericht zerfiel das Image des Ex-Börsenstars Markus Frick. Nach vielen Jahren im Geschäft droht ihm nun erstmals eine Verurteilung.

Camilo Jimenez und Hannah Wilhelm

Bisher ist es immer noch gut gegangen für ihn. Alles perlte irgendwie von ihm ab. Kritik, Wut, Klagen. Markus Frick, 38, selbsternannter Börsenguru, Strahle- und Geschäftsmann, ist bisher bestens durchs Leben gekommen. An diesem Donnerstag könnte es zum ersten Mal nicht so richtig gut ausgehen für ihn. Er könnte verurteilt werden, vom Strafgericht Alt-Moabit.

(Service-Bild) Fallende Kurse: Markus Frick warnt vor Börsen-Einstieg

Markus Frick soll mit seinem Börsenbrief Kurse beeinflusst haben.

(Foto: ddp)

Er war in der Branche der Zocker mal einer der Großen. Der gelernte Bäckermeister aus dem Kraichgau moderierte eine Börsensendung beim Sender N24 und gab einen Börsenbrief mit Aktientipps heraus, den Anleger für Geld abonnieren konnten. Tausende reisten zu seinen Seminaren. Sie kauften die von ihm bejubelten Aktien und seine Bücher mit Titeln wie "Ich mache Sie reich: Der Mann, der Millionäre macht". Ja, es lief gut für Markus Frick.

Die Fassade bekam 2007 Risse. Die Börsenaufsicht Bafin begann gegen ihn zu ermitteln und dann auch die Staatsanwaltschaft. Sie vermuteten, dass Frick mit seinem Börsenbrief Kurse beeinflusst, eigentlich wertlose Aktien hochgeschrieben und damit Geld verdient habe. Seine Privat- und Geschäftsräume wurden durchsucht. Die Medien berichteten über die Ermittlungen und empörte Anleger, der Beschuldigte verlor seine Arbeit bei N24 und verschwand kurzzeitig von den Bühnen und der Bildfläche. Aber nicht lange: Er kam wieder, lud Anleger von früher zu Seminaren ein, empfahl wieder Aktien. Nur hielt sich Frick mehr im Hintergrund. Zivilklagen von erzürnten Anlegern, die Geld verloren hatten, verglich er oft heimlich, still und leise.

Doch seit Anfang März läuft der Strafprozess am Berliner Gericht in Alt-Moabit gegen ihn. Und das ging dann nicht mehr so heimlich, still und leise ab. Gut frisiert und glatt gebügelt trat Markus Frick auf und entschuldigte sich bei den Anlegern - erstmals. Seit Kurzem ist nun absehbar, dass das Urteil wohl an diesem Donnerstag fallen wird. Der Vorsitzende Richter Günter Willnow hat eineinhalb bis zwei Jahre Haftstrafe in Aussicht gestellt. Außerdem soll Frick um die 40 Millionen Euro, die er mit den Aktientransaktionen verdient hat, an die Staatskasse zahlen. Und weil Frick stets kooperativ gewesen sei und bereits Vergleiche mit einigen Kunden seiner Börsendienste geschlossen habe, soll die Strafe wohl auf Bewährung ausgesetzt werden.

Noch steht nichts fest. Aber sollte es so kommen, ist es angesichts der Umstände noch ganz glimpflich ausgegangen für den Markus Frick. Ein Kratzer am Image, eine Verurteilung, das ist es.

Wieder gewonnen

Das reicht den betroffenen Anlegern nicht. Anlegeranwalt Andreas Köpke moniert, für viele Anleger, die Schadensersatz von Frick wollen, werde die wichtige Frage nicht geklärt, "ob ihm die Wertlosigkeit der empfohlenen Wertpapiere bekannt gewesen ist". Das müssten die Anleger jetzt in privaten Schadensersatzprozessen selbst erledigen. Und auch die Staatsanwaltschaft wird mit dem wahrscheinlichen Urteil nicht zufrieden sein. Sie und das Berliner Landeskriminalamt hatten mehr als drei Jahre lang quer durch Deutschland und mit Hilfe des FBI und der Schweizer Behörden ermittelt. Allein die Anklageschrift war 335 Seiten lang. Das versprach mehr. Das versprach eine gute Show - so wie man sie von Markus Frick, dem Bühnenstar, dem Börsenguru stets gewohnt war.

Am ersten Tag des Prozesses, dem 3. März, verlas Staatsanwalt Tarvo Hovi die Anklage. Darin warf er Frick vor, zwischen 2005 und 2007 in 49 Fällen den Kauf von Aktien empfohlen zu haben, ohne zugleich seine "bestehenden eigenen wirtschaftlichen Interessen" offen gelegt zu haben. Das soll so abgelaufen sein: Die fast 20.000 Abonnenten des Börsenbriefs investierten in die Aktien, wodurch die Kurse stiegen und Frick stillschweigend profitierte.

Er verkaufte die Wertpapiere, mit denen er sich selbst zuvor günstig eingedeckt hatte. Viele Anleger verloren dagegen Geld. Der Staatsanwalt warf Frick zudem vor, wertlose Aktien empfohlen zu haben. Dabei soll es sich um Papiere der Rohstofffirmen Star Energy, StarGold Mines und Russoil gehandelt haben. Aufgrund seiner Empfehlungen sollen die Kurse zunächst enorm gestiegen sein, bevor sie auf nahezu Null abstürzten. Frick sei sich "bewusst" gewesen, so Hovi Anfang März, dass die Steigerung der Nachfrage ihm zugute kam. Eben dies ist die zentrale Frage der Verhandlung. Hat Markus Frick die Anleger bewusst getäuscht? Hat er bewusst substanzlose Aktien empfohlen, um ihren Wert zu steigern und daraus Gewinne zu ziehen? Oder hat er nur geschludert?

Vier Wochen später nun wiegelt der Staatsanwalt ab: "Ob er bewusst getäuscht hat, ist ja nun egal. Denn seine Börsenbriefe an sich waren wohl eine Gefährdung für die Allgemeinheit." So gesehen, hat doch wieder Frick gewonnen. Denn das ist eben seine Version der Geschichte, die er vor Gericht zu Protokoll gab: Er habe bei den Börsenbriefen geschlampt und schlecht recherchiert. Ja, deshalb hätten seine Empfehlungen vielen Anlegern Verluste beschert und das tue ihm leid: "Wenn ich mich falsch verhalten habe und dies strafbar sein sollte, übernehme ich die Verantwortung." Ein Kniefall. Frick weiß, zu wirken.

Dass es doch ein bisschen anders gewesen sein könnte, diesen Eindruck hätten Zuschauer des Prozesses durchaus gewinnen können. Insbesondere, als ein Kriminalbeamte als Zeuge auftrat, der sich drei Jahre lang in die internationalen Geschäfte rund um Frick vertieft hatte. Mehr als zwei Stunden lang berichtete er detailliert über die aufwendige Arbeit. Wie die Ermittler Fricks Konten durchleuchteten und dabei hinter die Fassade der Großinszenierung blickten: ein hochkomplexes System von Transaktionen und Firmen, Aktien von Offshore-Firmen und fragwürdigen Finanzdienstleistern. Die Ermittler reisten nach Zürich, Frankfurt, Berlin und Sinsheim. Ihre Erkenntnisse: Frick stand in Verbindung mit Firmen in Mauritius und in der Schweiz, bei denen "nicht alles steuerrechtlich in Ordnung" ablief. Er arbeitete mit Leuten zusammen, die in der Grauzone der Zockerei verkehrten. Einige hatten schon im Gefängnis gesessen, unter anderem wegen Marktmanipulation. Auch mit dem deutschen Börsenspekulanten Sascha Opel arbeitete er zusammen, der hinter Gittern gelandet war.

Keine gute Gesellschaft, nein. Und für naiv möchte man den Profi Frick eigentlich nicht halten. Doch der Gutfrisierte sagt, er sei selbst getäuscht worden von den zwei Herren aus den USA, die er als seriöse Geschäftspartner gekannt habe. Sie hätten ihn mit positiven News über Firmen "instrumentalisiert". Er habe nicht gewusst, dass die von ihm empfohlenen Aktien wertlos waren. Er habe oft in Stresssituation die Unterlagen unterschrieben, die ein Berater reichte.

Bewusst oder unbewusst - über diese sehr zentrale Frage wird der Richter am Donnerstag entscheiden. Aber einen ordentlichen Kratzer wird das Perlweiß-Image von Markus Frick bei einer Verurteilung in jedem Fall abbekommen. Selbst, wenn der Richter seiner Version der Geschichte glaubt. Denn man wird Markus Frick, dem selbsternannten Börsenguru, in Zukunft vorhalten dürfen, schlampig recherchiert zu haben. Nicht gut für einen Mann, der einst von sich behauptete, Millionäre zu machen.

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