Bernie Ecclestone und die Formel-1-Affäre:40 Zeugen und ein Geldkoffer

Showdown in der Formel-1-Affäre: Für den Prozess gegen Ex-BayernLB-Manager Gribkowsky will die Staatsanwaltschaft prominente Zeugen aus Wirtschaft und Politik laden. Für den Autorenn-Paten Bernie Ecclestone könnte es eng werden: Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" sind neue Bestechungsvorwürfe aufgetaucht.

Klaus Ott und Nicolas Richter

In den Terminkalendern etlicher Manager dürfte im Herbst diese Adresse stehen: Nymphenburger Straße 16. Dort im Strafjustizzentrum wickelt das Landgericht München seine Strafprozesse ab, und für die wahrscheinliche Verhandlung gegen den angeklagten Ex-Manager der BayernLB, Gerhard Gribkowsky, will die Staatsanwaltschaft gut 40 Zeugen laden - unter ihnen Vorstände und Vorstandschefs.

Formula One Grand Prix of Hungary

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone nimmt beim Grand Prix von Ungarn einen Koffer entgegen.

(Foto: dpa)

Eckhard Cordes soll kommen, der die Metro-Gruppe führt, oder Burkhardt Göschel, Vorstand von Magna, oder der frühere DaimlerChrysler-Vorstand Jürgen Hubbert. Auch einstige Chefs von Bayerns Landesbank sollen aussagen, ebenso der frühere bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser.

Mit Hilfe dieser Zeugen will die Münchner Staatsanwaltschaft die Formel-1-Affäre aufhellen und dem Angeklagten Gribkowsky nachweisen, dass er sich beim Verkauf der Rennserie durch die BayernLB um mehr als 40 Millionen Dollar bereichert hat.

Für einen der vorgesehenen Zeugen dürfte der sich abzeichnende Strafprozess zehrend werden: für Bernie Ecclestone, den Chef der Formel 1. Er hat die Dollar-Transfers an Gribkowsky veranlasst, und wenn er als Zeuge aussagt, muss er aufpassen, dass er sich nicht selbst belastet - am Ende könnte auch er noch belangt werden.

Die Anklageschrift gegen Gribkowsky enthält Details, die auch für den Briten Ecclestone Folgen haben könnten. So berichten zwei Zeugen aus der BayernLB, Gribkowsky habe einmal erzählt, Ecclestone habe ihn einst mit einem Koffer voller Dollar bestechen wollen.

Bei einem Abendessen in London, so die beiden Zeugen, hätten sie Gribkowsky gefragt, ob der in einer Branche mit so viel Geld nicht in Versuchung gerate. Selbstverständlich, habe Gribkowsky geantwortet. Beim Eröffnungsrennen der Formel 1 in Melbourne habe einmal ein Koffer mit 20 Millionen Dollar auf dem Tisch in Ecclestones Wohnmobil gelegen. 2004 oder 2005 soll das gewesen sein.

Zu der Zeit war Gribkowsky als Vertreter der Formel-1-Miteigners BayernLB ein wichtiger Mann in der Rennserie. Laut mehreren Zeugen hatte er damals erwogen, Ecclestone als Chef des Rennzirkus zu feuern. Wollte der Brite das mit einem Koffer voller Geld verhindern? Ecclestones Anwalt sagt, dieser Vorwurf sei falsch. Den Koffer habe es nie gegeben.

Bestechungsgeld oder Honorar?

Die Staatsanwaltschaft wirft Ecclestone vor, der habe Gribkowsky dann geschmiert, damit der Münchner ab Ende 2005 den Verkauf der Formel 1 an den Investor CVC Capital Partners organisierte. Und zwar ganz im Sinne des Briten. Aus dieser These ergibt sich die Zeugenliste.

Frühere Vorstände und Kontrolleure der BayernLB sollen aussagen, dass Gribkowsky für den Formel-1-Verkauf an CVC extra entlohnt werden wollte. Er soll von der Landesbank eine Prämie in Höhe von 1 bis 1,5 Prozent des Verkaufspreises verlangt haben. Das wären acht bis zwölf Millionen Dollar gewesen. Seine Vorgesetzten lehnten ab.

Womöglich hat sich Gribkowsky das Geld dann von Ecclestone holen wollen. Das Verhältnis beider Männer war lange Zeit schwierig. Das wurde anders, als Gribkowsky die Ausstieg der BayernLB aus der Formel 1 vorantrieb. Ende 2005, Anfang 2006 sollen die "Beraterverträge" ausgehandelt worden sein, über die Ecclestone und dessen Familienholding Bambino dem Münchner Manager fast 44 Millionen Dollar zukommen ließen. Gribkowskys Mitarbeiter und Berater in der Bank haben ausgesagt, dass sich ihr Chef plötzlich abgeschottet und alles allein mit Ecclestone besprochen habe. Vor Gericht sollen sie das wiederholen.

Gribkowsky und sein Anwalt haben zu Beginn der Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft erklärt, die Dollar-Millionen seien legale Honorare. Gribkowsky will Ecclestone fachkundig beraten und dessen Streit mit den Autokonzernen geschlichtet haben. Die Konzerne wollten mehr Geld für ihre Rennteams.

Hier kommen jene Zeugen ins Spiel, die früher bei Daimler und BMW einflussreich waren, darunter Cordes, Hubbert und Göschel. Sie sollen vor Gericht ihre Einschätzung wiedergeben, wonach niemand in der Branche einen Rat oder eine Vermittlung durch Gribkowsky erhalten oder auch nur gebraucht habe. Hubbert & Co. waren schon viel länger im Renngeschäft gewesen als Gribkowsky. Wenn sie Streit hatten mit Ecclestone, klärten sie das mit ihm selbst. Käme es zum Prozess und sollte das Gericht diesen Zeugen glauben, dann zerfiele Gribkowskys Verteidigungsstrategie.

Viele Zeugen sollen also reden über die alte Zeit. Ob Gribkowsky, der bisher weitgehend geschwiegen hat, dann ebenfalls reden würde, ist bislang völlig unklar.

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