Bernd Förtsch:Die neuen Geschäfte des Mr. Dausend

Bernd Förtsch brachte es im Börsenboom zu zweifelhaftem Ruhm, jetzt versorgt er Investoren auf vielen Kanälen mit Anlagetipps.

Thomas Öchsner

München - Im Herbst 2006 hatte Bernd Förtsch hohen Besuch: Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber schaute beim Deutschen Anleger Fernsehen (DAF) in Kulmbach vorbei.

Das DAF, das seit Anfang August 2006 wochentags von 9 bis 22 Uhr ein Sammelsurium von Beiträgen rund um das Thema Fonds, Zertifikate und Aktien im Internet sendet, ist der jüngste Ableger von Förtschs Börsenmedien AG, und so ein Neuling kann Unterstützung gebrauchen.

"Finanzzentrum Kulmbach"

"Edmund Stoiber fachsimpelt bei DAF mit Börsenprofis", war deshalb auf der Homepage des Fernsehsenders zu lesen, ja sogar vom "Finanzzentrum" Kulmbach war die Rede.

Natürlich kann die 30.000-Seelen-Gemeinde in Oberfranken nicht mit Frankfurt oder München konkurrieren. Aber Förtsch herrscht hier zumindest über ein beträchtliches Netzwerk von Firmen, mit denen wohl schon viele Anleger in Deutschland in Berührung gekommen sind, ohne aber zu wissen, dass dabei ein Mann im Hintergrund die Fäden zieht:

Bernd Förtsch, zur Boomzeit des Neuen Marktes einer der gefragtesten Tippgeber in der Fernsehsendung 3sat-Börse und später wegen seiner allzu gewagten Kursziele und seines fränkischen Dialekts als "Mr. Dausend Euro" (Manager Magazin) verspottet.

Breit gestreute Anleger-Information

Zu dem Reich des Oberfranken gehört nicht nur das DAF, das nach eigenen Angaben inzwischen 60.000 bis 80.000 Interessierte nutzen. Unter dem Dach seiner Börsenmedien AG wird auch die Zeitschrift Der Aktionär mit einer wöchentlichen Auflage von knapp 40.000 Exemplaren herausgegeben. Hinzu kommen sieben Börsenbriefe wie der Nanotech-Report oder der Biotech-Report, ergänzt von diversen Büchern.

Neuerdings tritt Förtsch mit dem Online-Broker Flatex gegen die Platzhirsche DAB, Comdirect und Cortal Consors an. Außerdem beraten er und sein Team sechs Fonds unter dem Label DAC. Nur seine Telefonhotlines, auf denen der Schnauzbartträger zum Minutenpreis von einst 2,42 DM (1,24 Euro) seine "Favoridn" aus dem Neuen Markt anpries, wurden 2004 eingestellt.

Hansdampf in eigener Sache

Schon während des Börsenbooms zur Jahrtausendwende, als die Deutschen wie verrückt Aktien kauften, deren Namen sie gerade buchstabieren konnten, galt Förtsch als ein umtriebiger Aktienguru in eigener Sache.

Ob im Fernsehen, in seiner Zeitschrift Der Aktionär oder am Telefon - immer wieder empfahl der Kulmbacher kleine, marktenge Werte, die teilweise in den von ihm beratenen Fonds steckten. Die Staatsanwaltschaft konnte ihm jedoch kein unsauberes Handeln nachweisen. Ein Ermittlungsverfahren gegen Förtsch wurde deshalb eingestellt.

Den stellvertretenden Chefredakteur seines Anlegermagazins Der Aktionär, Sascha Opel, verurteilte das Stuttgarter Landgericht dagegen wegen versuchter Kursmanipulation zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Opel soll im Herbst 2000 für sich und Investoren Aktien gekauft und anschließend mit Gewinn verkauft haben. Zugleich hatte er die Papiere von ihm beratenen Fonds empfohlen.

Damals hatten die Förtsch-Fonds ein Volumen von etwa 1,5 Milliarden Euro. Heute misst der größte von Förtsch beratene Fonds, der Vermögensaufbau-Fonds, ein Volumen von 100 Millionen Euro. Einige der von ihm empfohlenen Unternehmen sind längst vom Markt verschwunden, aber der Kulmbacher ist immer noch unterwegs als "unermüdlicher Hansdampf in eigener Sache", wie das Fachblatt Wirtschaftsjournalist schreibt.

Die neuen Geschäfte des Mr. Dausend

So wirkt Förtsch selbst mit beim Musterdepot des Deutschen Anleger Fernsehens. Redakteure des Aktionärs werden dort mehr oder weniger regelmäßig zugeschaltet. Zuschauer können ihre Aufträge gleich bei Flatex plazieren. Und Flatex wiederum stützte seinen Werbeslogan "Deutschlands billigster Online-Broker" auf einen Test des Aktionärs.

Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs beanstandete dies - unter anderem deshalb, weil hier der falsche Eindruck erweckt werde, es handele sich um eine unabhängige Untersuchung. Nun wirbt Flatex mit dem Slogan "Deutschlands Billig-Online-Broker".

Nur Durchschnitt bei der Fondsbewertung

Gegenwind bekommt Förtsch derzeit aber nicht nur von Wettbewerbshütern. Auch Werner Hedrich, Direktor des in der Branche stark beachteten Fondsanalysehauses Morningstar Deutschland, nahm kürzlich den Vermögensaufbau-Fonds unter die Lupe - und kam dabei zu einem vernichtenden Ergebnis für den Vorzeigefonds des Kulmbachers: Förtsch, so der Fondsanalyst, "fällt mit riskanten Wetten auf die Nase".

Hedrich kritisiert die seiner Ansicht nach "mitunter halsbrecherische Anlagestrategie des Fondsberaters". So habe Förtsch zum Beispiel Aktien des japanischen Internet-Unternehmens Livedoor nachgekauft, als der Vorstand wegen des Verdachts auf Bilanzbetrug und Kursmanipulation bereits festgenommen worden sei.

Die Risikokennzahlen zeigten, dass der Vermögensaufbau-Fonds wesentlich riskanter sei "als vergleichbare globale Nebenwertportfolios". Und auch die Wertentwicklung mit einem Minus von 3,8 Prozent im vergangenen Jahr sei angesichts der Kursrally an den internationalen Aktienmärkten äußerst schlecht.

Der Fonds und die Sterne

Nach Ansicht von Hedrich steht dies in einem auffälligen Gegensatz zu der leistungsabhängigen Vergütung bei dem Fonds. Normalerweise fallen solche Vergütungen an, wenn ein bestimmter Vergleichsindex überschritten wird. Förtsch könne aber schon kassieren, wenn die Aktienkurse zulegen. "Aber was", fragt Hedrich, "kann Herr Förtsch bitte dafür, dass Börsen steigen."

Der Kulmbacher Fondsberater sieht dies natürlich ganz anders: Die Vergütung bewege sich "im üblichen Rahmen". Bei der Wertentwicklung dürfe man nicht nur auf das Jahr 2006 schauen, sondern auf die Drei-Jahres-Performance. Und die könne sich mit plus 72,1 Prozent sehen lassen.

Die Ratingagentur Morningstar hat dem Fonds trotzdem nur drei von fünf möglichen Sternen in der November-Bewertung gegeben. Das heißt, der Fonds ist nach der quantitativen Benotung des Analysehauses gerade einmal durchschnittlich.

Trotzdem warb die Homepage des VermögensaufbauFonds noch an diesem Montag mit dem Hinweis: Mit drei Sternen von Morningstar zähle der Vermögensaufbau-Fonds "zu den besten in Deutschland zum Vertrieb zugelassenen Investmentfonds".

Nachdem die SZ darauf aufmerksam machte, hat das Unternehmen seine Homepage geändert.

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