Bernie Madoff: Hochstapler ohne Reue:"Scheiß auf meine Opfer"

Milliardenbetrüger Bernard Madoff scheint sich gut im Gefängnis eingelebt zu haben. Während die Betrogenen um ihr Geld bangen, ist er ein Star hinter Gittern. Für seine Opfer hat er nur Hohn übrig.

Der Milliardenbetrüger Bernard Madoff war erleichtert, als sein Schwindel aufflog. Der wohl größte Betrüger aller Zeiten hatte die Schönen und Reichen ausgenommen, vor allem in seiner New Yorker Nachbarschaft. "Ich wünschte, sie hätten mich sechs bis acht Jahre früher geschnappt", sagte er den überraschten Ermittlern nach seiner Verhaftung.

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Bernard Madoff bei seiner Einlieferung im Gefängnis: eine Art moderner Robin Hood.

(Foto: ag.rtr)

Jeden Tag habe er damit gerechnet, erwischt zu werden. Diese Unsicherheit sei ein "Albtraum" für ihn gewesen.

Der "Albtraum" ist vorbei, Madoff sitzt seit knapp einem Jahr im Bundesgefängnis der Kleinstadt Butner in North Carolina ein. Dort ist er eine Berühmtheit, eine Art moderner Robin Hood, wenn auch weniger freigiebig.

"Ein Held"

"Er nahm Leuten das Geld weg, die reich und gierig waren und noch mehr wollten", sagt Shannon Hay, ein verurteilter Drogenhändler, der seit Dezember wieder auf freiem Fuß ist.

Das New York Magazine hat mit Hay, anderen ehemaligen Mitgefangenen, mit dem Gefängnispersonal und Anwälten gesprochen.

Im Knast, so stellt die Zeitschrift in ihrer neuesten Ausgabe fest, sei Madoff kein Krebsgeschwür der Gesellschaft, er sei eine Erfolgsgeschichte, bewundert für seine Leistungen. Ihn umwehe der Duft des Erfolgs. "Ein Held", fasste es ein Beobachter zusammen.

An den Tag seiner Ankunft haben die Mitgefangenen noch lebhafte Erinnerungen. "Es war so, als ob der Präsident zu Besuch käme", erinnert sich einer. Die Hubschrauber der Fernsehsender hätten über dem Areal gekreist. Um Madoff hätte sich schnell eine Menschentraube gebildet. "Jeder hat versucht, ihm den Arsch zu küssen", sagt Ex-Häftling Shawn Evans.

Immer pünktlich gezahlt

Einige hätten sogar nach Autogrammen gefragt. Doch Madoff lehnte ab: Er fürchtete, sie würden gleich beim Online-Auktionshaus Ebay verhökert. Denn Häftling Nr. 61727-054 ist nicht irgendwer. Er hat die Wall Street vielleicht mehr erschüttert als die Finanzkrise, definitiv hat er viele New Yorker mehr Geld gekostet.

Er hatte die Wohlhabenden mit hohen Renditen gelockt und über die Jahre auch immer pünktlich und reichlich gezahlt - allerdings mit dem frischen Geld anderer Anleger. In der Rezession kollabierte das Schneeballsystem und Madoff flog auf. Am Ende waren mehr als 60 Milliarden Dollar verschwunden. Seine Opfer warten immer noch darauf, zumindest einen Teil des Geldes zurückzubekommen.

Der vom Gericht eingesetzte Treuhänder Irving Picard durchforstet seit Monaten die Hinterlassenschaften Madoffs. Gefunden hat er erst 1,5 Milliarden Dollar. Bei Madoffs Familie, vermeintlichen Mitwissern und Profiteuren des Schneeballsystems will er weiteres Geld eintreiben. Am Ende dieses Jahres, so hofft Picard, kann er dann die ersten Schecks ausstellen.

Von Madoff selbst darf er keine Hilfe erwarten. Das zeigt eine Szene, die dem New York Magazine ebenfalls von einem Mitgefangenen zugetragen wurde. "Scheiß auf meine Opfer" ("Fuck my victims"), ereiferte sich Madoff demnach auf dem Gefängnisflur, als ihn ein anderer Insasse auf die Betrogenen ansprach. "Ich habe sie 20 Jahre lang getragen, jetzt bekomme ich 150 Jahre dafür."

Nicht jeder Wunsch wird erfüllt

Madoff war ein geschätztes Mitglied der New Yorker High Society. "Er hat immer noch ein großes Ego", sagt Opfer-Anwältin Nancy Fineman, die kurz nach Madoffs Ankunft im Gefängnis mit ihm gesprochen hat.

Auch dort gehört er zur besseren Gesellschaft, hat sich mit anderen prominenten Häftlingen wie dem israelischen Spion Jonathan Pollard angefreundet. Seine Wäsche lässt sich Madoff für acht Dollar den Monat von einem anderen Gefangenen waschen, er kriegt regelmäßig seine Zeitungen, spielt Scrabble im Fernsehraum. Seine Leibspeise Maccaroni mit Käse kostet im Gefängnisladen 60 Cent, eine Dose seiner geliebten Cola Light 45 Cent.

Dass ihn ein Mitgefangener krankenhausreif geschlagen hat, wie das Wall Street Journal vor einigen Monaten berichtete, streitet Madoff ab. Gegenüber Mitgefangenen erklärte er seine Blessuren damit, dass ihm schwindelig geworden und er umgekippt sei.

Madoff habe sich gut im Knast eingelebt, stellt auch der ehemalige Mithäftling Hay fest. "Nachdem was ich gehört habe, hat sich Bernie niemals beschwert." Doch nicht jeder Wunsch wird ihm erfüllt. Einmal bot sich Madoff an, die Kasse für die Landschaftspflege zu übernehmen. Doch der Verantwortliche im Gefängnis lehnte ab: "Um Himmels willen, ich überwache mein Budget selbst. Ich weiß, was er draußen getan hat."

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