Berlin:Hilflos

Soziale Träger finden in der Bundeshauptstadt zu wenig Wohnungen für Obdachlose. Das Problem ist dringend; in der Metropole leben 4000 bis 6000 Menschen auf der Straße.

Neue Hilfsangebote für wohnungslose Menschen in Berlin scheitern immer häufiger am angespannte Mietmarkt. "Der Mangel geht so weit, dass wir keine Räume für weitere Notübernachtungen für Familien finden", sagt Barbara Eschen, Direktorin des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg. Der Senat hat bis zu 1,2 Millionen Euro für zwei weitere Projekte bereitgestellt, um insgesamt etwa 100 Plätze für Familien ohne ein Dach über dem Kopf anbieten zu können. "Doch wir können das nicht umsetzen, weil wir auf dem Wohnungsmarkt bisher keine Räume dafür finden", ergänzt Eschen.

Zwar hat der Senat die Mittel für Wohnungslose 2018 auf 8,1 Millionen Euro verdoppelt. Auch, um wilde Camps wie es sie 2017 im Tiergarten gab, zu verhindern. In Berlin gibt es unter den geschätzt mehr als 40 000 Wohnungslosen 4000 bis 6000 Menschen, die auf der Straße leben. Die Zahlen basieren auf einer Stichtagsanalyse der Liga der Wohlfahrtsverbände zum 31. Dezember 2016, jüngere gibt es nicht. Unter den Menschen auf der Straße sind heute mehr Frauen, mehr Jüngere und Ältere, mehr Behinderte und inzwischen sogar Familien.

"Das Bild vom Obdachlosen, der sich freiwillig für ein Leben auf der Straße entschieden hat, das stimmt nur noch in seltenen Fällen", sagt Kai-Gerrit Venske, Caritas-Fachreferent für Wohnungslosenhilfe. Es müsse mehr passieren, als Kältehilfeplätze aufzustocken und Menschen bei Gefahr für Leib und Leben nach dem Ordnungsrecht in Notquartieren zu verwahren. Reine Nothilfe kann es auch für Diakonie-Chefin Eschen langfristig nicht sein. Es müsse ausreichend Unterkünfte geben. Normalerweise mieteten soziale Träger Wohnungen, weil Menschen von der Straße ohnehin keine Chance auf einen Mietvertrag haben. "Aber viele Wohnungen unserer Träger sind gekündigt worden, weil Vermieter auf dem freien Markt jetzt mehr Geld verdienen können", berichtet Eschen. "Trägerwohnungen haben gewerbliche Verträge, die lassen sich viel leichter beenden. Und es findet sich kein Ersatz."

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