Berechnung des Finanzministeriums:Euro-Bonds würden Deutschland Milliarden kosten

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Milliardenschwere Argumente für die Gegner der Euro-Bonds: Das Finanzministerium rechnet bei der Einführung von Euro-Bonds mit gewaltigen Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt. FDP-Chef Rösler schließt die gemeinsamen Anleihen kategorisch aus und erntet dafür Widerspruch - auch aus der eigenen Partei.

Das Bundesfinanzministerium rechnet bei einer Einführung von Euro-Bonds mit Mehrbelastungen in Milliardenhöhe. Laut einem Spiegel-Bericht befürchten die Experten von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im ersten Jahr höhere Belastungen für den Bundeshalt von bis zu 2,5 Milliarden Euro, die durch höhere Zinskosten entstehen würden. Im zweiten Jahr wären die Kosten bereits doppelt so hoch. Im zehnten Jahr würde die Mehrbelastung zwischen 20 und 25 Milliarden Euro liegen, heißt es.

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Mit Euro-Bonds würden die Euro-Länder ihre Staatsschulden ganz oder teilweise gemeinsam am Kapitalmarkt refinanzieren. Deutschland zahlt derzeit wegen seiner Spitzenbonität für seine Bundesanleihen sehr niedrige Zinsen; für die zehnjährige Bundesanleihe sind es nur knapp über zwei Prozent.

Das Finanzministerium geht dem Spiegel zufolge davon aus, dass die Zinsen für Euro-Bonds rund 0,8 Prozentpunkte höher als für Bundesanleihen liegen würden. In ähnlicher Größenordnung liegt der Aufschlag auf die Anleihen, die die EU-Kommission derzeit verkauft, um ihren Anteil am Euro-Rettungsschirm zu finanzieren, über dem deutschen Zinsniveau.

Die Kalkulation des Finanzministeriums liegt damit aber deutlich unter der des Ifo-Instituts. Am Mittwoch hatte das Wirtschaftsforschungsinstitut vorgerechnet, Deutschland drohten durch Euro-Bonds jährliche Mehrkosten von 47 Milliarden Euro.

Schäuble erteilte den wiederkehrenden Forderungen nach Euro-Bonds zuvor erneut eine Absage. Letztlich stehe dahinter das Anliegen, dass die Zinsen der Euro-Länder nicht so weit auseinander liegen sollten, sagte der CDU-Politiker beim Tag der offenen Tür seines Ministeriums in Berlin.

Solange aber die Finanzpolitik in der EU nicht vergemeinschaftet sei, könne es auch kein einheitliches Zinsniveau geben. Die unterschiedlichen Aufschläge, die für Staatsschulden gezahlt würden, seien ein Anreiz, solide zu wirtschaften - oder die Strafe für unsolide Politik.

Auch CSU-Chef Horst Seehofer will Euro-Bonds verhindern. Beim Anleiheankauf durch die Europäische Zentralbank habe die CSU "die Augen noch mal zugedrückt", den nächsten Schritt zur Vergemeinschaftung der Schulden mache seine Partei aber nicht mit.

Noch deutlicher wurde Philipp Rösler. Der Wirtschaftsminister und FDP-Chef sagte: "Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Euro-Bonds geben wird." Diese würden die deutschen Zinsen steigen lassen und das Wachstum in Deutschland dramatisch gefährden.

Özdemir warnt vor Zerfall des Euro

Dieser klaren Festlegung folgen aber nicht alle Liberale im Bundestag. Der brandenburgische FDP-Abgeordnete Martin Neumann warnte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vor "voreiligen Festlegungen". Zunächst einmal müsse gründlich diskutiert werden.

Der bayerische Abgeordnete Stefan Thomae sagte der Zeitung, er lehne gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder zwar ab, halte es aber nicht für richtig, "sie zu einer Prinzipienfrage zu machen".

Grünen-Chef Cem Özdemir wirbt hingegen für die gemeinsame Anleihen. "Wir können uns nicht weiter von Gipfel zu Gipfel schlängeln", sagte Özdemir dem Magazin Wirtschaftswoche. Sonst drohe schlimmstenfalls ein Zerbrechen des Euros.

Özdemir räumte ein, dass Euro-Bonds für Deutschland mit zusätzlichen Kosten verbunden seien. "Verglichen mit dem, was uns der Zerfall des Euro und damit der EU kosten würde, wäre das eine sinnvolle Investition in eine dauerhaft stabile Gemeinschaftswährung", so der Grünen-Vorsitzende.

Zustimmung erhalten die Bonds auch in der SPD. "Eurobonds sind kein Wundermittel, aber sie können die Märkte beruhigen und sind allemal besser, als immer neue Rettungsschirme aufzulegen", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß der Wirtschaftswoche. Deshalb sollten sie nicht dämonisiert werden. Allerdings plädierte Poß dafür, bei der Einführung von Eurobonds "die politische Autonomie einzelner Euro-Länder einzuschränken".

© Reuters/dpa/AFP/dapd/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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