BayernLB und WestLB feiern die Zweckgesellschaft:Plötzlich sorgenfrei

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Um ihre Bilanzen zu säubern, schieben WestLB und BayernLB ihre riskanten Wertpapiergeschäfte in ausländische Zweckgesellschaften ab. Die Zeche zahlt der Steuerzahler. Wie dieses Konstrukt funktioniert - eine Erklärung.

Tobias Dorfer

Plötzlich redet niemand mehr von Risiken. Die von weiteren Abwertungen bedrohten Portfolios der BayernLB? Sollen in einer neuen Zweckgesellschaft unterkommen.Die riskanten Wertpapiere der WestLB? Ebenfalls ausgegliedert - in eine irische Zweckgesellschaft.

Mit einem Schlag, so scheint es, werden die Institute ihre Sorgen los. Die Bilanzen sind von den riskanten Posten befreit, die Bankenchefs geben Entwarnung. Man nehme die Finanzmarktkrise sehr ernst, sagt zwar der neue BayernLB-Chef Michael Kemmer, fügt aber hinzu: "auch wenn wir keine unmittelbare Bedrohung unserer Bank erkennen können."

Neue Töne sind das - besonders für einen Spitzenbanker, der zuvor noch verkünden musste, dass sein Institut durch die Kreditkrise mit 4,3 Milliarden Euro belastet wird. Das Zauberwort heißt Zweckgesellschaft. Die BayernLB gibt ihre riskanten Papiere, wie auch die WestLB, in dieses Konstrukt - und dort können sie erst einmal weiter vor sich hin gammeln. Im Schnitt hätten die Papiere eine Laufzeit von sechs Jahren, schreibt die Welt. Erst danach könne man die Zahlungsausfälle abschätzen.

"Es gibt für alles einen Preis."

Die Bilanzen der Banken bleiben sauber, und darauf kommt es den Instituten an. Möglicherweise erwirtschaftet die WestLB im kommenden Jahr einen Gewinn - obwohl in der irischen Gesellschaft die dort gelagerten Papiere weiter an Wert verlieren. Doch wieso können sich die Banken so einfach von ihren riskanten Geschäften trennen?

Eigentlich, sagt der Bankenexperte Wolfgang Gerke, sind solche Transaktionen völlig normal. Siemens habe seine Halbleitersparte im Jahr 1999 abgetrennt - und dann unter dem Namen Infineon an die Börse gebracht. "Oft wählen Unternehmen diesen Weg, um Geschäftsbereiche abzutrennen", sagt Gerke. Etwa, um Tarifverträge zu umgehen - oder um die Bereiche zu verkaufen. Selbst für die Risikogeschäfte der Landesbanken könnten sich Käufer finden, glaubt Gerke: "Es gibt für alles einen Preis."

Möglich wird die Ausgliederung durch den Bilanzierungsstandard IFRS. Nach dessen Vorgaben müssen alle deutschen Aktiengesellschaften, also auch die WestLB und die BayernLB, ihre Bilanz erstellen. Laut der Interpretation des Standing Interpretations Committee (SIC) besteht bei IFRS die Möglichkeit, Zweckgesellschaften aus der Bilanz herauszunehmen - wenn die Risiken minimiert sind. Die Banken geben ihre Risiken an die neue Gesellschaft, die sie jedoch selbst kontrollieren. "Die Beteiligung der Bank an der Zweckgesellschaft verbleibt mit einem bestimmten Wertansatz in der Bilanz", sagt Franz Jürgen Säcker, Professor für Handels- und Wirtschaftsrecht an der Freien Universität Berlin.

Der Steuerzahler zahlt die Zeche

Verliert das Portfolio während der Restlaufzeit weiter an Wert, könnten diese Forderungen nicht ausgeglichen werden. Im Fall der WestLB haften dann die Gesellschafter. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat im März beschlossen, mit bis zu fünf Milliarden Euro für Ausfälle zu bürgen.

Auch die BayernLB muss sich keine Sorgen machen. Die Münchner planen, ihr Risikoportfolio gegen Ausfallrisiken von bis zu sechs Milliarden Euro abzuschirmen. 1,2 Milliarden Euro muss die Bank selbst tragen. Für den Rest kommen im Zweifel die Eigner der Bank auf - das sind die Sparkassen und der Freistaat Bayern. Am Ende zahlt in beiden Fällen der Steuerzahler die Zeche.

Unternehmer können sich jedoch auf diesem Weg nicht so leicht von schlecht laufenden Bereichen trennen. Ihnen fehlt meist ein solventer Partner, der für die Risiken aufkommt. Denn das Glück, dass der Steuerzahler für Verluste aufkommt, haben Unternehmen normalerweise nicht. Und andere Geldgeber werden sich gut überlegen, ob sie in derart ungewisse Geschäfte investieren wollen. "Niemand ist bereit, ein Risiko zu übernehmen, ohne etwas dafür zu bekommen", sagt Säcker.

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