BayernLB:Geheimnisvolle Kritzelei

Im Prozess der BayernLB gibt es weitere Hinweise auf Absprachen zu Lasten der Staatsbank beim Kauf der Hypo Alpe Adria. Ein Berghof soll die Bühne der dubiosen Geschäfte gewesen sein.

Klaus Ott

Die Beweismittel in der Causa Bayerische Landesbank füllen Hunderte Ordner bei der Münchner Staatsanwaltschaft. Viele aufschlussreiche Dokumente sind darunter. Sie zeigen, unter welch fragwürdigen Umständen die BayernLB im Jahr 2007 die österreichische Hypo Alpe Adria gekauft hatte. Für das Geschäft, das mit einen Milliarden-Verlust endete, sollen sich der frühere Landesbank-Chef Werner Schmidt und einige seiner Kollegen vor Gericht verantworten. Sie beteuern ihre Unschuld.

Jahresrückblick - BayernLB

Ein handbeschriebener Zettel bringt frischen Wind in die Causa BayernLB.

(Foto: dpa)

Ein Schriftstück, das Asservat mit der Nummer 100/56, könnte bei der Aufklärung des Falles eine ganz besondere Rolle spielen. Es ist ein Zettel, auf dem bei einem Treffen einiger Herren in den österreichischen Bergen notiert worden war, wie womöglich eine Übernahme der Hypo Alpe Adria durch die bayerische Staatsbank zu bewerkstelligen sei. Viele Zahlen stehen auf dem Blatt, beispielsweise eine 50,1. Das entspricht in etwa dem Prozent Anteil, den die BayernLB schließlich an der österreichischen Finanzgruppe mit Sitz in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt erwarb.

Der per Hand geschriebene Notizzettel datiert, und das macht die Sache so bedeutsam, vom 31. August 2006. An diesem Tag hatten drei alte Bekannte zusammen gesessen: Werner Schmidt, damals Chef der BayernLB; Wolfgang Kulterer, seinerzeit Aufsichtsrats- und vorher Vorstandschef der Hypo Alpe Adria; und der Vermögens-Verwalter Tilo Berlin. Die drei trafen sich zum Mittagessen auf Berlins Bauernhof in den Bergen oberhalb von Klagenfurt. Das war etliche Monate bevor sich die BayernLB offiziell für die Hypo Alpe Adria interessierte. Und einige Monate bevor der von Klagenfurt aus agierende Finanzmakler Berlin mit privaten Investoren bei der Kärntner Bank einstieg. Berlin und seine Partner verkauften ihre Anteile anschließend rasch an die Landesbank weiter und verdienten dabei mehr als 100 Millionen Euro.

War das alles mit Schmidt frühzeitig und heimlich abgesprochen worden, an jenem 31. August 2006, zum Nutzen von Berlin und dessen Investoren und zum Schaden der BayernLB, weil die anschließend die Hypo Alpe Adria völlig überteuert gekauft haben soll? Das wollte die Staatsanwaltschaft von Schmidt wissen, als der wiederholt vernommen wurde. Der Ex-Chef der Landesbank wusste erst mit dem Zettel nicht viel anzufangen. Dann konnte er sich, nach einer auf Bitten seines Anwalts eingelegten Vernehmungspause, doch erinnern.

Schmidt erzählte den Ermittlern, bei dem Mittagessen in den Bergen habe Hypo-Aufsichtsratschef Kulterer die BayernLB für einen Einstieg bei der Kärntner Bank gewinnen wollen. Er, Schmidt, habe entgegnet, die Landesbank sei nur an einer Mehrheit interessiert. Daraufhin sei erörtert worden, wie eine solche Mehrheit erreicht werden könne. Das habe man auf einem Zettel aufgeschrieben.

Diese Notiz war den Staatsanwälten bei einer Durchsuchung in die Hände gefallen. Zwei unterschiedliche Handschriften sind darauf zu sehen. Schmidt erkannte bei seinen Vernehmungen seine eigene Schrift wieder und sagte, die andere müsste von Kulterer stammen. Berlin sei bestimmt nicht der Urheber. Einige Details in der Notiz konnte sich Schmidt nicht mehr erklären, zu anderen Punkten fiel ihm einiges ein. Etwa zu einer Berechnung über Beteiligungsverhältnisse. Da habe sicherlich jemand aufgeschrieben, wie Tilo Berlin auf einen Anteil von 25 Prozent habe kommen wollen.

Finanzmakler Berlin und seine Partner hatten Ende 2007, vier Monate nach dem Mittagessen in den Bergen, Aktienkäufe und Optionen in Höhe von etwa 25 Prozent an der Hypo Alpe Adria vereinbart; und 2007 fast vollständig an die BayernLB weitergereicht. Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob das ein abgekartetes Spiel war. Nein, entgegnete Schmidt bei seinen Vernehmungen. Er habe Kulterer und Berlin bei dem Treffen am 31. August 2006 darauf hingewiesen, dass die BayernLB die Wiener Großbank Bawag kaufen wolle und deshalb kein Interesse an der Hypo Alpe Adria habe. Erst als man Ende 2006 bei der Bawag leer ausgegangen sei, habe sich das geändert.

Auch Kulterer und Berlin beteuern, es habe keine Absprachen gegeben. Ende August 2006 sei nicht "konkret über eine mehrheitliche Übernahme" der Kärtner Bank durch die BayernLB gesprochen worden, teilt Kulterers Anwalt mit. "Die handschriftlichen Notizen beweisen das nicht." Berlins Anwalt warnt vor "falschen Schlussfolgerungen". Berlin selbst berichtete den Ermittlern, er habe Kulterer und Schmidt zusammengebracht und sei nur der Gastgeber eines sommerlichen Mittagessens gewesen. Mehr nicht.

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