BayernLB:Ein verhängnisvoller Vertrag

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Haben ehemalige BayernLB-Vorstände beim Kauf der Hypo Alpe Adria wichtige Warnungen missachtet? Interne Dokumente führen zu einem schwerwiegenden Verdacht.

Klaus Ott

Das verhängnisvolle Dokument, das Bayerns Steuerzahler mehrere Milliarden Euro kostet, umfasst gerade einmal 16 Punkte und 24 Seiten. Der öffentlich bislang unbekannte Vertrag vom 22. Mai 2007, mit dem die Landesbank die Hypo Group Alpe Adria (HGAA) aus Österreich erwarb, ist kurz und dürftig.

Die BayernLB hat darin auf jegliche Garantien für die in Kärnten ansässige Hypo Alpe Adria verzichtet und sich sämtliche Risiken für damals schon drohende Altlasten aufbürden lassen.

Der unterschriebene Kaufvertrag und weitere Unterlagen aus der Landesbank, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, führen zu einem schwerwiegenden Verdacht: Der frühere Vorstand der BayernLB hat mit seiner abenteuerlich anmutenden Übernahme der HGAA offenbar mehr als leichtfertig das Vermögen der Landesbank und des Freistaats gefährdet. Der Skandal um die Milliardenverluste der Landesbank wird ständig größer, immer mehr Ungereimtheiten kommen ans Tageslicht.

Ärger für Ex-Vorstände

Die Staatsanwaltschaft und der Landtag befassen sich mit dem fragwürdigen Kaufvertrag und dessen Zustandekommen. Damalige Vorstandsmitglieder der BayernLB müssen damit rechnen, vor Gericht gestellt oder zumindest mit Schadenersatzforderungen konfrontiert zu werden.

Im Focus stehen der seinerzeitige Bankchef Werner Schmidt und seine beiden Stellvertreter Rudolf Hanisch und Theo Harnischmacher. Sie beteuern jedoch ihre Unschuld. Andere frühere Vorstandsmitglieder müssen ebenfalls mit Ärger rechnen. Schließlich hatte das gesamte Führungsgremium dem Geschäft zugestimmt, das in einem Desaster endete. Dazu wäre es vermutlich nicht gekommen, hätte der damalige Vorstand der BayernLB nicht seine eigenen Maßgaben missachtet.

Am 24. April 2007 (einen Monat vor der Übernahme) hatten Bankchef Schmidt und Vizechef Harnischmacher einen zehnseitigen Brief mit zwölf Forderungen für das geplante Geschäft an die verkaufswilligen HGAA-Aktionäre geschickt. Das waren private Investoren und das vom inzwischen gestorbenen Jörg Haider regierte Land Kärnten gewesen.

Die Kernforderungen der BayernLB: Bei den vielen von der Hypo Alpe Adria in Österreich und auf dem Balkan gewährten Krediten dürften nicht mehr Risiken bestehen, als bis dahin der Landesbank bekannt geworden waren. "Wir gehen davon aus, dass die Verkäufer ... die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen, um dies aufzuklären." Ein weiterer wesentlicher Punkt: Es dürften "keine nennenswerten Risiken" in den Bereichen Immobilien, Internes Kontrollsystem, Informationstechnologie, Personal, Steuern und Vertrieb existieren.

Nur unter diesen und weiteren Voraussetzungen sei man bereit, einen Kaufpreis von 1,6 Milliarden Euro aufzubringen, schrieben Schmidt und Harnischmacher. Am Ende überwies die BayernLB insgesamt knapp 1,7 Milliarden Euro, und bis zum Ausstieg aus der HGAA steckte die BayernLB weitere zwei Milliarden Euro in die Kärntner Bank. Macht zusammen 3,7 Milliarden Euro Verlust.

"Unsortiert und unvollständig"

Dass seine Bedingungen aus dem Schreiben vom 24. April 2007 nicht erfüllt waren, bekam der Vorstand der BayernLB knapp einen Monat später, am 18. Mai 2007, von der Wirtschaftsprüfgesellschaft Ernst & Young mitgeteilt. Man habe die Hypo Alpe Adria nur "sehr eingeschränkt" durchleuchten können, da viele Informationen "unsortiert und unvollständig" bereitgestellt worden seien. Stichproben bei den von der HGAA ausgereichten Krediten legten nahe, dass man auf weitere Risiken stoßen werde, hieß es.

Außerdem verwies Ernst & Young auf das "hohe Maß an unzureichenden Informationen" in den Bereichen Steuern, Immobilien und Personal. Steuerrisiken in großen Teilen der HGAA könnten unentdeckt geblieben sein.

Die Wirtschaftsprüfer machten sogar konkrete Vorschläge, was die Landesbank nun tun müsse. Kreditrisiken bei der Hypo Alpe Adria seien im Kaufpreis zu berücksichtigen oder durch Garantien im Kaufvertrag abzudecken. Ebenso bei Steuer- und Immobilienrisiken. Doch im Kaufvertrag, den Bankchef Schmidt und Vizechef Hanisch kurz darauf am 22. Mai 2007 in Klagenfurt unterzeichneten, findet sich davon kein Wort. Stattdessen vereinbarte die Landesbank genau das Gegenteil. Man habe das Abkommen "nicht im Vertrauen auf Zusicherungen oder Gewährleistungszusagen gleich welcher Art abgeschlossen".

Die Verkäufer der HGAA-Aktien, das Land Kärnten und private Investoren, mussten keine Haftung für Risiken und Altlasten der Hypo Alpe Adria übernehmen. Nur bei vorsätzlichem Verschweigen von Informationen oder grober Fahrlässigkeit sollten die Verkäufer haften.

Diese 24 Seiten sind offenbar das schlechteste Abkommen, das die BayernLB jemals abgeschlossen hat. Und sie dürften vermutlich ein Nachspiel haben, wie es Landesbank und Landesregierung noch nicht erlebt haben.

© SZ vom 12.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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