Bauvertragsrecht:Geld gegen Sicherheit

Dachdecker

Hat der Sturm Ziegel herausgerissen, muss der Dachdecker ran.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Bauherren müssen Handwerkern meist Abschläge zahlen. Dafür gibt es strikte rechtliche Vorgaben.

Von Jochen Bettzieche

Die Rechnung des Handwerkers nennt nur einen Posten, den "für bereits geleistete Arbeiten und Material". 25 000 Euro soll es kosten, ein Viertel des prognostizierten Gesamtbetrags. "1. Abschlagszahlung" steht darüber. In der Baubranche ist es üblich, dass Handwerker Rechnungen nicht erst stellen, wenn sie alle Leistungen erbracht haben. Sie begründen das damit, dass sie für Material und Löhne in Vorleistung gehen. Gesetzlich ist das durchaus statthaft. Was ihre Kunden, die Bauherren, oft nicht wissen: Für diese Abschlagszahlungen hat der Gesetzgeber Regeln vorgegeben. Maßgeblich ist seit 1. Januar der Paragraf 650m des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Neu ist seit diesem Jahr unter anderem, dass der Wert der erbrachten Leistungen als Basis für die Abschlagszahlungen anzusetzen ist. Liegen etwa Mängel am Bau vor, muss der Kunde die Zahlung nicht vollständig leisten, sondern darf einen angemessenen Teil der Abschläge einbehalten. Die Zahlung insgesamt zu verweigern, ist aber nicht gestattet.

Gleich geblieben ist die Anforderung an die Rechnung in Paragraf 632a: "Die Leistungen sind durch eine Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss." Bauherren sind damit allerdings oft überfordert. Selbst bei einer detaillierten Aufstellung können sie zum Beispiel kaum einschätzen, ob die jeweiligen Materialien tatsächlich im Baukörper gelandet sind. In der Praxis gibt aber ohnehin der Bauleiter oder der Architekt Rechnungen frei. Damit steht dieser auch in der Verantwortung. "Eine vorschnelle Freigabe durch den Architekten des Bauherrn ist in der Regel eine Vertragspflichtverletzung, die zum Schadenersatz verpflichtet", sagt Holger Freitag, Vertrauensanwalt beim Verband Privater Bauherren in Berlin.

Der neue Paragraf 650m begrenzt die Höhe der Abschlagszahlungen

Ob ihm die Formulierung "Für bereits geleistete Arbeiten und Material" genügt, entscheidet der Bauleiter daher selbst. Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung bei der Bayerischen Architektenkammer in München, ist skeptisch: "Der Gegenstand der Abrechnung, also die tatsächlich erbrachten Leistungen, müssen angegeben sein." Er kennt die Problematik der Freigabe: "Diese stellt durchaus ein relevantes Haftungsrisiko dar." Vor allem dann, wenn der Bauherr zu viel gezahlt hat. Fordert er dann den Unternehmer auf, Geld zurückzuüberweisen, und kommt dieser dem nicht nach, kann er seine Forderung an den Bauleiter richten.

Der neue Paragraf 650m begrenzt die Höhe der Abschlagszahlungen auf maximal 90 Prozent der vereinbarten Vergütung für das gesamte Projekt. Den Rest darf der Handwerksbetrieb erst in der Schlussrechnung verlangen. Ebenfalls festgelegt ist, dass der Handwerker seinem Auftraggeber eine Sicherheit in Höhe von fünf Prozent der Gesamtvergütung stellen muss. Diese Vorgabe ist nicht neu, sie stand bisher aber in Paragraf 632a - und wird gerne übersehen. "Es handelt sich dabei um eine verbindliche Regelung", erklärt Blomeyer.

Wie diese Sicherheit gestaltet sein muss, hat der Gesetzgeber allerdings nicht vorgegeben. Die Wahl hat der Unternehmer, er muss dem Bauherrn jedoch mitteilen, für welche Art der Sicherheit er sich entschieden hat. "Für den Verbraucher ist die am einfachsten handhabbare Form der Sicherheitsleistung der Einbehalt", sagt Freitag. Der Unternehmer kann aber auch andere Mittel wählen, beispielsweise die Bürgschaft einer Bank.

Ab Januar gilt die Vorschrift nicht mehr für kleine Vorhaben. "Nur noch erhebliche Umbaumaßnahmen fallen unter den Anspruch auf Sicherheitsleistung", erläutert Freitag - und Neubauten. Dass er einen Anspruch auf Sicherheiten hat, muss der private Bauherr aber grundsätzlich selbst beim Auftragnehmer geltend machen. Das geschieht oft nicht, weil er die gesetzlichen Vorgaben nicht kennt. Daher ist hier der Bauleiter gefragt, denn der sollte damit vertraut sein.

Laut Blomeyer muss er vor der ersten Zahlung beide Seiten auf die Gesetzeslage hinweisen, auch, damit er im Zweifelsfall nicht haftet, wenn etwas schiefläuft: "Die Wahl der Sicherungsinstrumente fällt hingegen nicht in die Verantwortung des Architekten." Ob er prüfen muss, dass Sicherheiten hinterlegt worden sind, kommt auf den Vertrag zwischen Architekt und Bauherren an. VBP-Experte Freitag sieht hier den Verbraucher im Vorteil: "In aller Regel dürfte eine entsprechende Nebenpflicht in den Vertrag hineingelesen werden."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: