Bauspar-Serie (7):Finanzierung mit optischer Täuschung

Bausparverträge in Kombination mit einem so genannten Vorausdarlehen sind meist nicht für die Immobilienfinanzierung geeignet, warnen Experten. Die lange Zinsbindung finden Kunden zwar beruhigend, sie kommt aber oft teurer als gedacht.

Von Simone Gröneweg

Was soll ein Immobilienkäufer schon antworten, wenn der Finanzberater fragt: "Was die Zinsen angeht, wollen Sie doch auf der sicheren Seite sein?" Reagiert der potenzielle Hausbesitzer mit einem "Ja", ist der Weg zu einem umstrittenen Finanzierungsmodell geebnet: Der Berater wird ihm wahrscheinlich zu einer Kombination aus einem Bausparvertrag und einem Vorausdarlehen raten.

Der Kunde finanziert sein Haus dabei quasi um die Ecke. Er schließt sowohl einen Darlehens- als auch einen Bausparvertrag ab. Die Tilgung des Kredits setzt er allerdings aus (oder zahlt nur einen geringen Teil ab).

Stattdessen überweist der Hauskäufer in den ersten Jahren regelmäßig Geld auf den neuen Bausparvertrag. Ist der zuteilungsreif - wurde also unter anderem ausreichend Geld eingezahlt -, gibt es das Bauspardarlehen. Damit wird der Kredit dann abgelöst, und der Kunde tilgt von nun an sein Bauspardarlehen.

Der Charme des Modells liegt darin, dass die Konditionen schon Jahre vorher festgelegt werden und der Käufer sich so gegen steigende Marktzinsen absichert. "Für die kommenden 20 Jahre muss man sich darüber keine Gedanken machen", argumentieren die Banker gerne.

Wenig verwunderlich, dass dieses Finanzierungsmodell beliebt ist: Rund ein Viertel der 2003 neu abgeschlossenen Bausparverträge bei der LBS Bayern wurden dafür eingesetzt.

Der Nachteil ist jedoch eklatant: Die Guthabenzinsen des Bausparvertrages sind vergleichsweise mickrig. Würde der Hausbesitzer sofort tilgen, würde er mehr Kreditzinsen sparen und käme besser davon. So eine Finanzierung sei deswegen nur für vorsichtige Menschen geeignet, sagen Verbraucherschützer. "Die wahren Kosten werden verschleiert", warnt Arno Gottschalk, Baufinanzierungsexperte bei der Verbraucherzentrale Bremen.

Wenn der Kunde nur einen Kredit aufnähme, käme er in der Regel billiger davon, erklärt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest: "Es gibt nur wenige gute Angebote. In der Regel erkauft sich der Kunde die Zinssicherheit mit ordentlichen Aufschlägen und merkt es nicht, weil Banken und Bausparkassen dies systematisch verschleiern." Der Finanzexperte rät: "Kunden sollten immer nach dem Gesamteffektivzins fragen."

Finanzierung mit optischer Täuschung

Während einige Institute den freimütig ausrechnen, zieren sich andere. Sie geben den Zins für den Vorauskredit und das spätere Bauspardarlehen getrennt an. Auf manche Kunden wirkt das wie eine optische Täuschung.

"Wer nicht nachrechnet, hat den Eindruck der Gesamteffektivzins liegt etwa in der Mitte der beiden Effektivzinsen, was nicht stimmt", erklärt Gottschalk und macht das an einem Beispiel deutlich:

Ein Paar kauft ein Haus und entscheidet sich für die Bausparsofortfinanzierung. Es nimmt ein Darlehen in Höhe von 100.000 Euro auf. Der Effektivzins liegt bei 5,12 (nominal: 5,0) Prozent und ist über zehn Jahre festgeschrieben.

Fast 417 Euro wendet das Paar monatlich für die Darlehenszinsen auf; 315 Euro überweist es auf den Bausparvertrag (Bausparsumme: 100.000 Euro).

Das Guthaben wird mit zwei Prozent verzinst.

Die Laufzeit des Konstruktes beträgt 20,5 Jahre.

Sind etwa 40.000 Euro angespart, wird der Bausparvertrag fällig und die Kunden können auf das Bauspardarlehen (Nominalzins: 4,25 Prozent; effektiv: 4,92 Prozent) zugreifen.

Der Gesamteffektivzins liegt bei 6,17 Prozent und nicht, wie vielleicht zunächst vermutet, zwischen 5,12 und 4,92 Prozent. "Das ist ein Unterschied von rund 15.000 Euro", so Gottschalk.

Wie viel die Zinssicherheit kostet, macht eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren deutlich. Bei der Bausparvariante haben die Hauseigentümer noch eine Restschuld von mehr als 60.000 Euro; hätten sie den Kredit direkt getilgt - also die 315 Euro nicht auf den Bausparvertrag eingezahlt, sondern die Kreditschuld abgetragen - , würde sich ihre Restschuld auf etwas mehr als 51.000 Euro belaufen, rechnet der Verbraucherschützer vor.

Sein Vorschlag: "Wer sich für ein Annuitätendarlehen mit einer Laufzeit von 15 Jahren entscheidet, wird vermutlich günstiger davonkommen. Kunden müssten dann einen Zinssatz von vielleicht 5,5 Prozent zahlen. Das sei immer noch billiger als die Bausparkonstruktion und man sei auch so eine ausreichend lange Zeit vor steigenden Zinsen geschützt, ergänzt Gottschalk.

"Bei gleicher monatlicher Belastung müsste die Anschlussfinanzierung in 15 Jahren dann schon auf mehr als 9,4 Prozent effektiv steigen, damit sich die Bausparkonstruktion lohnt", rechnet er weiter. Zum Vergleich: Der Durchschnittszins der vergangenen 30 Jahre lag bei etwa acht Prozent.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: