Baujahr-Check:Jedes Haus hat seine Macken

Kein Schallschutz, Feuchtigkeit oder Wohngifte: Egal in welchem Jahrzehnt das Haus gebaut worden ist, überall gibt es Probleme.

Egal ob alt oder neu - überall gibt es Probleme: Während bei Häusern, die bis in die 50er-Jahre errichtet wurden, vor allem bauliche Mängel zu finden sind, können in Gebäuden aus den 60er- bis 80er-Jahren Wohngifte stecken. "Bei Neubauten beobachten wir, dass die Bauqualität wieder sinkt", sagt Peter Burk vom Institut Bauen und Wohnen in Freiburg.

Ob ein Altbau saniert werden muss, kann nur ein Sachverständiger vor Ort klären. Denn selbst in den Jahren des Mangels können solide Häuser errichtet worden sein. "Man kann nicht sagen, dass Gebäude aus einer bestimmten Zeit generell schlechter sind", sagt Ulrich Zink, Vorsitzender des Bundesarbeitskreises Altbauerneuerung in Berlin. "Aber bestimmte Bauepochen haben typische Mängel."

Ein grundlegendes Problem aller Hausjahrgänge sind Feuchtigkeitsschäden. "Sie treten bei fast allen Häusern auf", sagt Winfried Haas, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger aus Eschborn bei Frankfurt/Main. Das Wasser dringt über undichte Keller, Dächer und Balkone oder defekte Leitungen ein.

Um 1900

Häuser aus der Zeit der Jahrhundertwende bis zu den zwanziger Jahren zeichnen sich nach Angaben der Experten durch eine gute Bausubstanz aus. "Die wurden solide gebaut", sagt Haas. Dafür sind Rohre, Heizungsanlagen und Elektroinstallationen oft völlig veraltet und zum Teil defekt. Wärmedämmung und Schallisolierung fehlen gänzlich. Die Keller sind unzureichend abgedichtet, schreibt Burk im Ratgeber "Kauf eines gebrauchten Hauses". Diese Probleme finden sich auch bei den Hausjahrgängen bis Ende der fünfziger Jahre.

30er- und 40er-Jahre

Die dreißiger und vierziger Jahre sind vom Mangel gekennzeichnet. "Vor und nach dem Krieg fehlte es an Materialien", erläutert Zink. In der Folge wurde sparsam und mit schlechten Werkstoffen gebaut. Da beispielsweise kaum Holz zur Verfügung gestanden habe, wurde Sommer- statt Winterholz verwendet. Das sei jedoch stärker von Schädlingen befallen. Wegen der einfachen Bauweise rät Zink, bei Häusern aus dieser Zeit die Statik zu untersuchen. "Es sollte zum Beispiel geprüft werden, ob der Dachstuhl noch trägt."

50er-Jahre

Erst Mitte der fünfziger Jahre gab es wieder mehr Materialien. Die ersten Zentralheizungen entstanden, Schalldämmung fand erstmals Berücksichtigung, erläutert Burk. Allerdings begann in dieser Zeit auch der Einsatz von teerhaltigen Baustoffen, Holzschutzmitteln, Asbest und Mineralwolle mit kleinen Fasern, die in die Lunge eindringen können. Bäder wurden mit ölhaltigen Farben gestrichen. "Die fünfziger Jahre sind schwierig, da bauphysikalische und bauchemische Probleme zusammenkommen", sagt Burk.

Diese Schadstoffe wurden zum Teil noch bis in die achtziger Jahre hinein verwendet. Hinzu kamen formaldehydhaltige Holzschutzmittel. Einen kritischen Blick sollten Interessenten auf Häuser in Ostdeutschland werfen: "Während der DDR-Zeit wurden fast alle Dachstühle mit teerhaltigen, sehr giftigen Holzschutzmitteln gebaut, die zum Teil durch die Decken liefen", warnt Zink.

60er-Jahre

In den sechziger Jahren verbesserte sich die Bauphysik. Es wurde begonnen, Keller aus Beton zu bauen und Drainagen zu legen, erklärt Burk. Bei Neubauten spielten Wärmedämmung, Schallschutz und die technische Ausrüstung eine größere Rolle. "Aus heutiger Sicht ist die Dämmung jedoch unzureichend."

70er- und 80er-Jahre

In den siebziger Jahren begann der vermehrte Einsatz von Beton, der neue Probleme mit sich brachte. "Es entstanden Wärmebrücken und in der Folge große Bauschäden", erläutert Zink. Im Zuge der achtziger Jahre fanden Bauphysik und Haustechnik immer größere Beachtung. Wärmedämmung und Schallschutz spielen seither beim Bau eine wichtige Rolle. Doch lasse die technische Umsetzung zum Teil zu wünschen übrig, sagt Zink. Bei modernen Häusern sei zum Beispiel häufig die Lüftung nicht geregelt. Die Folge sind Feuchtigkeitsschäden.

Wer sich für ein Haus interessiert, sollte klären, ob und wann zwischenzeitlich saniert wurde, rät Burk. "Wurde ein Altbau aus den zwanziger Jahren in den Fünfzigern umgebaut, hat er möglicherweise ähnliche Probleme wie Neubauten aus der Zeit."

Buch-Tipp: Peter Burk u.a.: "Kauf eines gebrauchten Hauses", Stiftung Warentest, ISBN 3-9381-7405-6, 9,80 Euro.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: