Bauindustrie:Dick im Geschäft

Wohnungsbau in Dresden

Legt kräftig zu: der Wohnungsbau in Deutschland.

(Foto: Arno Burgi/dpa)

Der Wohnungsbau in Deutschland legt kräftig zu und sorgt in der Branche für steigende Umsätze.

Von Reinhard Lückmann

Es ist nicht zu übersehen: In Deutschland wird kräftig gebaut. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie erwartet für das Jahr 2015 Wohnungsbauumsätze zwischen 14,2 und 14,4 Milliarden Euro, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von fünf bis sechs Prozent bedeuten würde. "Mit Blick auf den Zustrom von Flüchtlingen ist damit zu rechnen, dass insbesondere der Wohnungsneubau in den nächsten Jahren weiter anziehen wird", sagt Heiko Stiepelmann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Das Bundesbauministerium gehe derzeit davon aus, dass die Zahl der neu zu bauenden Wohnungen im Durchschnitt der nächsten fünf Jahre etwa 350 000 Einheiten jährlich betragen werde. Denkbar seien auch Fertigstellungszahlen von durchschnittlich 400 000 Einheiten jährlich.

Die Auftragslage im Wohnungsbau ist also gut wie lange nicht. Bis August kamen für die dort tätigen Wirtschaftsbetriebe Order im Umfang von 8,5 Milliarden Euro herein, was 11,4 Prozent über dem Vorjahresniveau liegt. Betrachtet man nur die Monate Juli und August, ergeben sich Orderzuwächse um 28,2 beziehungsweise 24,5 Prozent. Stiepelmann führt dies allerdings noch nicht auf eine verstärkte Wohnungsnachfrage von Flüchtlingen zurück.

Der Wohnungsbau ist derzeit die stärkste Stütze der Bauindustrie, deren Bestellungen insgesamt bis Ende August stagnierten, die Umsätze lagen nur 1,9 Prozent höher als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt vor Kurzem berichtete.

Ob mehr Umsatz dann auch mehr Gewinn bedeutet, wird sich noch zeigen müssen

Ob mehr Umsatz auch mehr Gewinn bedeutet, wird sich noch zeigen müssen. Grundsätzlich erwarte man einen positiven Zusammenhang zwischen Umsatzwachstum und Gewinn vor Steuern und Zinsen, sagt Kai-Stefan Schober, Bau-Experte und Partner im Competence Center Civil Economics, Energy & Infrastructure von Roland Berger. Allerdings variierten die Ergebnisse je nach Größenklassen und strategischen Zielen der Bauunternehmen. Wer Marktanteile erobern wolle, senke beispielsweise die Preise.

Für Dieter Jacob, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der TU Bergakademie Freiberg, drückt vor allem der ruinöse Wettbewerb bei öffentlichen Aufträgen die Rendite von Großunternehmen. Weitere Einflussfaktoren seien die unterschiedlichen Konjunkturen einzelner Sparten. "Im Hochbau wird momentan gut verdient und es gibt aufgrund der niedrigen Zinsen eine gute Auftragslage", sagt Jacob. Im öffentlichen Straßen- und Tiefbau dagegen leide die Branche unter der Schuldenbremse und der klammen Kassenlage bei den Kommunen.

Die Experten sehen zudem ein deutliches Renditegefälle zwischen mittelständisch geprägten Unternehmen und großen Kapitalgesellschaften. Zu den Hauptursachen zählen für Schober ungünstigere Kostenstrukturen. "Großunternehmen unterhalten komplexe Controlling-Systeme und betreiben Aufwand für öffentliche Reports und die Pressearbeit", sagt er. Diese Zusatzkosten könnten nicht einfach durch andere Bereiche - zum Beispiel im Einkauf - kompensiert werden. Mittelständler hätten dagegen geringere Anforderungen und entsprechend niedrigere Kosten. Jacob sieht einen zusätzlichen Nachteil in puncto Außendarstellung der Rentabilität: "Die Großunternehmen sind fast alle Aktiengesellschaften. Hier sind die Gehälter des Managements nicht Bestandteil der Gewinnverwendung, sondern verringern als Kosten den Gewinn."

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