Bankenkrise:Hochexplosiver Cocktail

Konjunktureller Einbruch und Verfall der lokalen Währungen: Für viele westliche wird das Engagement in Osteuropa zum Albtraum.

Thomas Fromm

Am 22. Mai 2007 war Osteuropa noch ein magisches Wort. Es stand für den Traum vom großen Geld und schnellen Wachstum. Der 22. Mai 2007 war der Tag, an dem die BayernLB die Kärntner Bank Hypo Alpe Adria mit ihrem weit verzweigten Osteuropa-Geschäft kaufte. 1,6 Milliarden Euro für eine große Zukunft - das klang plausibel.

Bankenkrise: Das Gebäude der ungarischen Notenbank: In Ungarn zeigen sich die Auswirkungen der Krise besonders deutlich: Die Landeswährung Forint hat zum Euro erheblich an Wert verloren

Das Gebäude der ungarischen Notenbank: In Ungarn zeigen sich die Auswirkungen der Krise besonders deutlich: Die Landeswährung Forint hat zum Euro erheblich an Wert verloren

(Foto: Foto: Hans von der Hagen)

Bilder von jenem Tag zeigen strahlende, stolze Männer, die den Deal eingefäldet hatten: den damaligen BayernLB-Chef Werner Schmidt, Bayerns Sparkassenchef Siegfried Naser, den inzwischen verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und den damaligen bayerischen Finanzminister Kurt Faltlhauser. Faltlhauser sprach bei der Vertragsunterzeichnung von einer "echten Win-Win-Situation", einem "klugen Deal auf beiden Seiten".

Österreich besonders betroffen

Anderthalb Jahre später ist von der Champagnerlaune nichts übrig geblieben. Der Traum hat sich nicht erfüllt. Statt zu gewinnen, verliert die BayernLB bei ihrem Ausflug nach Osteuropa viel Geld.

Die angeschlagene Hypo Alpe Adria braucht wegen der Finanzkrise zurzeit fast eine Milliarde Euro. Und zu befürchten ist, dass dies nur der Anfang ist. Denn der dramatische wirtschaftliche Abschwung Osteuropas trifft vor allem den Finanzsektor und damit all jene westeuropäischen Institute, die in den vergangenen Jahren wie die BayernLB ihr Glück im Osten versucht haben.

Für die Banken, die schon durch die Finanzkrise in ihren Heimatländern belastet sind, könnte es nun knüppeldick kommen. Es gab kaum jemanden in der Branche, der den Osten in den vergangenen Jahren nicht zur strategischen Boom-Region erklärt hat.

Dazu zählten die Commerzbank mit ihren Beteiligungen an der polnischen Bre Bank und der Forum Bank in der Ukraine, das französische Geldhaus Société Generale, die österreichischen Institute Raiffeisen Zentralbank und Erste Bank sowie die Mailänder Großbank Unicredit. Deren Chef Alessandro Profumo hatte erst 2005 die Hypo-Vereinsbank übernommen. Ihn interessiert dabei nicht so sehr das Deutschlandgeschäft der Münchner, sondern deren Tochter Bank Austria, die in Mittel- und Osteuropa groß im Geschäft ist.

Unverkäufliche Ware

Einst wurde Profumo dafür gefeiert, im richtigen Moment den richtigen Instinkt zu haben. Dass er als Italiener eine deutsche Bank kaufte, um in ganz Osteuropa den Markt beherrschen zu können, verschaffte ihm Respekt. Doch nun dreht sich der Wind. Unicredit ist in Osteuropa mit fast 4000 Niederlassungen in mehr als 15 Ländern einer der größten Spieler; nun ist die italienisch-deutsche Bank dem drastischen Abschwung in der Region direkt ausgesetzt.

Dass die osteuropäischen Tochterbanken nun in den Sog der Krise geraten, bleibt nicht ohne Folgen für die westeuropäischen Muttergesellschaften. Die Ratingagentur Moody's geht davon aus, dass die Probleme der osteuropäischen Institute dazu führen werden, dass die Kreditwürdigkeit der westeuropäischen Mutterkonzerne sinkt.

Was gestern noch ein Kreditproblem in Warschau, Budapest oder Bratislava war, schlägt sich nun in den Bilanzen in Mailand, Wien und Frankfurt nieder. Besonders hart trifft es die Österreicher: Die Raiffeisen Zentralbank hat mehr als 50 Prozent ihrer Kreditrisiken in Osteuropa.

Es ist ein hochexplosiver Cocktail: Ein überproportional starkes Engagement vor Ort, als Beimischung die konjukturellen Einbrüche und der rapide Verfall der nationalen Währungen. Das Fatale ist: Ein Rezept für einen eleganten Rückzug aus der Krisenregion ist weit und breit nicht in Sicht.

Würden die Banken heute damit beginnen, sich allmählich aus ihren Osteuropageschäften verabschieden, würde dies die Lage nur noch prekärer machen, befürchten die Experten von Moody's. Ein Verkauf der Anteile kommt in der jetzigen Situation nicht in Frage. Banken in Osteuropa sind unverkäufliche Ware, und werden es wohl auch noch auf Jahre hin bleiben.

Die Institute, die einst loszogen, um neues Terrain zu erobern, haben keine andere Wahl: Sie können nur abwarten. Und hoffen, dass aus dem Traum kein Albtraum wird.

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