Bankenaufsicht lahmgelegt:Kontrolle? Welche Kontrolle?

Katastrophale Entwicklung: Der Hypo-Real-Estate-Untersuchungsausschuss beschäftigt die Finanzaufsicht dermaßen, dass es de facto keine Bankenkontrolle mehr in Deutschland gibt.

Zu viel Arbeit für eine Behörde: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat mit dem Untersuchungsausschuss zum Skandalinstitut Hypo Real Estate (HRE) dermaßen viel zu tun, dass es mitten in der Finanzkrise de facto keine Banken-Überwachung mehr in Deutschland gibt.

HRE, dpa

Die Causa HRE wird derzeit in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet.

(Foto: Foto: dpa)

In einem Brief an das Bundesfinanzministerium hat die Bafin nun auf die Misere hingewiesen. In den kommenden Monaten werde die Bafin "in einer für die deutsche Kreditwirtschaft äußerst schwierigen Zeit die Aufsicht in etlichen Bereichen fast vollständig einstellen, um den berechtigten Anforderungen des Untersuchungsausschusses fristgerecht nachzukommen", zitiert das Handelsblatt einer Vorabmeldung zufolge aus dem Schreiben.

Knapp 300 der insgesamt 1700 Bafin-Mitarbeiter sind im Bereich Bankenaufsicht tätig, wie ein Bafin-Sprecher zu sueddeutsche.de sagte. Er bestätigte die Existenz des Schreibens. Das Finanzministerium wollte sich nicht äußern.

"Höchste Priorität"

Die Bafin-Mitarbeiter haben mit dem von der Opposition geforderten Untersuchungsausschuss viel Arbeit. Die Bafin ist zur Vorlage von umfangreichen Unterlagen an das Finanzministerium verpflichtet. Die Arbeiten für den Untersuchungsausschuss hätten "höchste Priorität". Das habe zur Folge, "dass die laufende Arbeit in manchen Bereichen bereits heute eingestellt ist und in den restlichen nur noch sehr eingeschränkt ausgeübt wird", heißt es in dem Schreiben weiter. Die Bafin legt am Dienstag in Bonn ihren Jahresbericht für 2008 vor.

Betroffen ist vor allem der Pfandbriefmarkt. Ähnlich zeigt sich die Lage bei der Aufsicht über die Hypo-Vereinsbank, die SEB Bank und die ING. Auch die Aufsicht über die Großbanken, Landesbanken und Sparkassen werde nur noch mit rund der Hälfte der dafür vorgesehenen Kollegen ausgeübt, zitiert das Handelsblatt weiter.

Der Untersuchungsausschuss - die politisch stärkste Waffe der Opposition - will klären, wie die HRE an den Rand der Zahlungsunfähigkeit geraten konnte und ob die Staatshilfen von knapp 90 Milliarden Euro wirklich notwendig waren. Untersucht werden soll außerdem die Frage, ob die Regierung und die Bafin die Beinahe-Pleite hätten verhindern können, wenn sie früher auf den Immobilienfinanzierer geachtet hätten.

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