Banken und die Krise:Wettlauf der Lahmen

Gepäppelt vom Staat rüsten sich Banken für die Zeit nach der Krise. Die ersten Institute senden bereits Signale der Hoffnung - doch wie steht es um die Banken wirklich?

Martin Hesse

Binnen eines Monats haben Bankaktien ihren Wert verdoppelt. Amerikanische Banken wie Goldman Sachs und Wells Fargo melden Milliardengewinne für das erste Quartal. Einerseits. Andererseits berichtet die Schweizer UBS erneut von hohen Verlusten und Abschreibungen und die Bundesregierung arbeitet mit Hochdruck an staatlich subventionierten Zwischenlagern für Sondermüll aus den Bilanzen deutscher Banken. Wo steht die Kreditbranche wirklich?

Wall Street, AFP

Wall Street in New York City: Hoffnungsvolle Signale aus der Finanzwelt - aber die Krise ist noch nicht vorbei.

(Foto: Foto: AFP)

Die Lage lässt sich in drei Thesen zusammenfassen. Erstens: Es gibt ein paar hoffnungsvolle Signale, aber die Krise ist nicht vorbei. Zweitens wird sich zunehmend herauskristallisieren, welche Häuser als Gewinner aus der Krise hervorgehen und welche an Boden verlieren. Drittens beginnt schon jetzt ein Wettlauf um die besten Plätze danach. Und dieser Wettlauf birgt für die gesamte Geldbranche neue Gefahren.

Lockere Bilanzierungsregeln

Nach Goldman Sachs dürften in den nächsten Wochen auch J.P. Morgan, die Deutsche Bank und weitere Großbanken für das erste Quartal Gewinne melden. Sie profitieren vor allem von den Rettungsmaßnahmen der Regierungen. Die Notenbanken erlauben den Kreditinstituten, sich kurzfristig extrem billig Geld zu leihen. Gleichzeitig verdienen die Banken daran, dass zahlreiche Unternehmen sich wegen der Rezession frisches Geld beschaffen müssen. Vor allem im Anleihenhandel blüht das Geschäft.

Die meisten Banken werden auch deswegen gute Zahlen ausweisen, weil die Bilanzierungsregeln gelockert wurden. Die Manager werden diese Spielräume nach Belieben nutzen, indem sie Verluste bei Wertpapieren über die Jahre ausschwitzen oder auf Wertsteigerung in besseren Zeiten hoffen. Das mag wünschenswert sein, um die Abwärtsspirale aus Wertverlusten, Notverkäufen und neuen Abschreibungen zu durchbrechen. Der Transparenz und damit dem Vertrauen in die Bankbranche dient es nicht.

Trotz dieser Staatsgeschenke sind die harten Zeiten für die Branche nicht vorbei. Zum einen ist in vielen Bereichen, etwa im Aktienhandel und in der Vermögensverwaltung, das Geschäft weiterhin flau. Zum anderen drohen vor allem den Banken mit großem Firmenkreditgeschäft hohe Ausfälle, je mehr Unternehmen in den Sog der Rezession geraten. Auch im Markt für Gewerbeimmobilien schlägt erst jetzt die Krise voll durch, mit entsprechenden Lasten für die Banken.

Rückbesinnung auf den Kunden

In den kommenden Monaten wird sich - und das ist der zweite Trend - der Abstand zwischen stärkeren und schwächeren Banken vergrößern. Die Linie verläuft zwischen Instituten, deren Erträge vor allem aus dem Geschäft mit Kunden kamen und kommen, und jenen Banken, die hohe Risiken auf eigene Rechnung eingegangen sind. Das ist der Grund, weshalb jetzt alle Geldkonzerne eine Rückbesinnung auf den Kunden beschwören. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass Banken auf mittlere Sicht kaum bereit sein werden, nennenswerte neue Risiken einzugehen. Für die Wirtschaft insgesamt ist das eine schlechte Nachricht, da die Banken die Kreditversorgung vermutlich nur widerstrebend ankurbeln werden.

Das führt zu dem dritten Trend, der sich zwei Jahre nach Beginn der Bankenkrise abzeichnet: Die Finanzkonzerne positionieren sich für die Zeit nach der Krise. Banken, die ohne Staatsauflagen agieren können, dürften die beste Ausgangsposition haben. Sie können und werden Spitzenmanager wie gehabt mit hohen Gehältern ködern und müssen sich nicht vom Staat in die Kreditpolitik hineinreden lassen. Deshalb ist es legitim, wenn Goldman Sachs die US-Regierung so rasch wie möglich herauskaufen möchte.

Die Branche insgesamt könnte diese Entwicklung jedoch erneut destabilisieren. Erstens könnten Banken zu früh versuchen, den Staat abzuschütteln, und erneut ins Taumeln geraten, wenn die Märkte wieder einfrieren. Eine zweite Gefahr ist, dass jene Institute, die weiterhin nicht ohne Staatskapital auskommen, von Investoren und Managern erst recht geschnitten werden und zunehmend in die Abhängigkeit des Staates geraten. All das zeigt: Der Weg zu einem gesunden Bankensystem ist noch sehr weit.

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