Banken: Restrukturierung:Das Anti-Schwitzkasten-Gesetz

Die Finanzkrise hat die Ohnmacht des Staates vor der Bankenwelt bloßgelegt. Die Kreditwirtschaft durfte fordern - und der Bund zahlte. Jetzt will sich die Regierung aus der verhängnisvollen Umklammerung befreien.

Allein schon die ungeheure Summe, mit der die Bundesregierung den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) füllte, machte die Hilflosigkeit der Bundesregierung in der Finanzkrise klar: Fast eine halbe Billion Euro landete in dem Soffin, der mit hektisch verabreichten Finanzspritzen die Banken vor dem Kollaps bewahren sollte.

Frankfurter Skyline in der Abenddaemmerung

Der Staat will die Macht der Banken brechen - mit dem neuen Restrukturierungsgesetz.

(Foto: ddp)

Zwar wurden nicht alle Mittel abgerufen, dennoch ist die Not groß: Aktuell liegt das Antragsvolumen bei rund 220 Milliarden Euro. Davon wurden bereits 150 Milliarden in Form von Garantien vergeben, weitere 30 Milliarden Euro direkt als Kapitalhilfe in Finanzinstitute gesteckt.

Einen Großteil der Garantien nahm mit aktuell rund 100 Milliarden Euro - die FMS Wertmanagement, die Bad Bank der Hypo Real Estate, in Anspruch. Die höchsten Anteil an direkten Kapitalhilfen - gut 18 Milliarden Euro - hatte hingegen die Commerzbank. Nie zuvor hatte der Staat die Wirtschaft mit so ungeheuren Summen unterstützt. Ein gutes Geschäft war es bislang nicht: Der Soffin machte im vergangenen Jahr einen Verlust von mehr als vier Milliarden Euro.

Das alles soll nicht wieder vorkommen - zumindest in dieser Form. Darum hat der Bundestag das "Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung" beschlossen - kurzum: das Restrukturierungsgesetz.

Doch um was geht es dabei? Eine Übersicht in Fragen und Antworten.

Wie soll möglichst frühzeitig verhindert werden, dass der Staat überhaupt eingreifen muss?

Es ist ein zweistufiges Verfahren vorgesehen, das auf Initiative des betroffenen Kreditinstituts eingeleitet wird. Es soll der eigenverantwortlichen Krisenbewältigung dienen.

Auf der ersten Stufe steht dabei das Sanierungsverfahren. Der Clou: Weder Gläubiger noch Aktionäre sollen in dieser frühen Phase bluten müssen. Dafür bekommt ein Sanierungsberater das Sagen - er kann sogar der Geschäftsführung vorschreiben, was sie zu tun hat. Auf Drängen der Finanzaufsicht kann ein Gericht die Geschäftsführung auch regelrecht entmachten.

Gelingt in dieser Phase die Sanierung nicht, wird das Reorganisationsverfahren eingeleitet. Es orientiert sich an dem klassischen Insolvenzplanverfahren - demnach können sowohl die Gläubiger als auch die Anteilseigner, also beispielsweise die Aktionäre, in die Neuordnung des Instituts einbezogen werden. Denkbar ist etwa, dass Forderungen der Gläubiger, die normalerweise in einer bestimmten Frist zurückgezahlt werden müssten, in Anteile an der Bank umgewandelt werden und damit dem Institut langfristig zur Verfügung stehen.

Das Vermögen einer systemrelevanten Bank darf überdies ganz oder teilweise auf eine private Bank oder vorübergehend auch auf eine staatliche "Brückenbank" übertragen werden. Zahlen soll die Restrukturierung überwiegend der Finanzsektor.

Was kann der Staat machen, wenn die Unternehmensführung nicht mitspielt?

Die Gefahr ist groß, dass die Bankbranche eine Lösung absichtlich scheitern lässt - und kalkuliert, dass irgendwann doch der Staat einspringt. Darum wird die Finanzaufsicht Bafin gestärkt. Sie darf künftig systemrelevante Teile und Funktionen der Bank vor dem Zugriff der Gläubiger schützen und damit von den Folgen einer bevorstehenden Insolvenz abzuschotten. Dazu werden gefährdete Unternehmensteile notfalls auf andere Institutionen übertragen. Das soll aber keine Enteignung sein, denn die notleidende Bank erhält Anteile an dem neuen Unternehmen. Auf diese Weise bleiben bespielsweise auch Aktionäre beteiligt.

Wie sorgen die Banken für eine Krise vor?

Die Finanzinstitute müssen einen Teil ihrer Einnahmen in einen Restrukturierungsfonds einzahlen, der mit den Jahren auf ein Volumen von 70 Milliarden Euro anwachsen soll. Dieser Fonds wird später den Soffin ersetzen und wie der Soffin von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung verwaltet. Die Beiträge der einzelnen Institute für den Fonds sind umso höher, je riskanter die Geschäfte sind.

Wie kann das Management besser zur Verantwortung gezogen werden?

Normalerweise sind die Ansprüche gegen Vorstände und Aufsichtsräte von Börsengesellschaften bereits nach fünf Jahren verjährt. Wenn Vorwürfe erst spät bekannt werden oder ihre Aufarbeitung komplex ist, kann diese Frist zu kurz sein. Darum wird die Verjährungsfrist auf zehn Jahre verdoppelt.

Wie wird sichergestellt, dass nicht die Steuerzahler für üppige Managerboni aufkommen?

In Kreditinstituten, an denen der Staat mit mindestens 75 Prozent beteiligt ist, dürfen weder Vorstände noch Aufsichtsräte oder Angestellten mehr als 500.000 Euro Gehalt bekommen. Variable Vergütungen dürfen in dem Fall gar nicht gezahlt werden. Liegt die Beteiligung des Staates unter 75 Prozent, darf in der maximalen Summe von ebenfalls 500.000 Euro auch ein variabler Bestandteil enthalten sein. Es gibt Ausnahmen bei der 500.000-Euro-Regel: Wenn die Bank schon mehr als die Hälfte der erhaltenen Leistungen zurückgezahlt hat oder zumindest das Kapital verzinst, darf sie auch mehr bezahlen.

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